Dass für die Gewinnung von Daunen sehr oft Tiere leiden müssen, ist immer noch wenig bekannt. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten setzt sich dafür ein, das zu ändern. Utopia hat mit Denise Schmidt, Kampagnenleiterin bei Vier Pfoten Deutschland, über die aktuellen Entwicklungen in der Daunenbranche gesprochen.
Bereits seit 2008 macht Vier Pfoten auf Missstände in der Daunenindustrie aufmerksam. Die Enthüllungen und Schock-Videos der Tierschutzorganisation haben in den vergangenen Jahren mit dazu geführt, dass sich Unternehmen und Verbraucher zunehmend mit der Daunen-Problematik beschäftigen. Doch noch muss sich vieles ändern.
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Utopia: Vier Pfoten hat die Auseinandersetzung mit dem Thema Daunen sowie die Entwicklung von Zertifizierungen mit angestoßen. Hat sich dadurch viel verbessert in der Branche?
Denise Schmidt: In der Outdoor- und Fashion-Industrie gibt es deutliche Verbesserungen, die Bettenindustrie hinkt leider noch hinterher.
Als wir die Kampagne vor acht Jahren gestartet haben, gab es noch keine zuverlässigen Rückverfolgbarkeitssysteme. Wir haben damals Firmen wie The North Face, Patagonia und Mammut gezeigt, dass, obwohl sie ihre Lieferanten aufforderten keine Daune aus Lebendrupf oder Stopfmast zu liefern, eben diese in ihren Produkten gelandet sind. The North Face und Patagonia haben danach selber Rückverfolgbarkeitsstandards (Responsible Down Standard = RDS und Traceable Down Standard = TDS) entwickelt, die strenger sind und bei denen unangekündigte Besuche, sogenannte Audits, auf den Farmen gängig sind.
Was muss sich noch verbessern?
Die Standards sind noch nicht perfekt. So bietet zum Beispiel der Responsible Down Standard Audits auf den Elterntierbetrieben nur optional an, diese Elterntiere werden aber am ehesten lebendig gerupft, weil sie am längsten leben. Trotzdem reduziert sich durch diese Kontrollsysteme die Wahrscheinlichkeit, dass Tierleid im Endprodukt versteckt ist. Wir fordern Firmen, die Daunenprodukte anbieten, weiterhin auf, strengere Standards zu implementieren und Daunenalternativen anzubieten.
Wo liegen momentan die größten Probleme und Herausforderungen?
Die Unternehmen, insbesondere in der Bettwarenindustrie, verlassen sich blind auf ihre Zulieferer. Doch die Lieferkette ist häufig nicht transparent. Die verwendeten Daunen werden oft aus verschiedenen Farmen und Ländern bezogen und in der Weiterverarbeitung gemischt. Die Unternehmen wissen sehr oft nicht, wie die Tiere gehalten wurden bzw. werden. Wir ermutigen die Unternehmen, sich selbst um die Transparenz in der Lieferkette zu kümmern und eigene Standards oder die des TDS bzw. RDS zu implementieren.
Es gibt immer noch keine branchenübergreifende unabhängige Zertifizierung. Wird sich das in absehbarere Zeit ändern?
So eine Lösung wird mehrere Jahre brauchen. Solange es Firmen gibt, die Daunen aus der Foie Gras- und der Lebendrupf-Produktion nutzen und den Industriestandard mitbestimmen, wird es schwer sein, einen tierschutz-garantierenden Standard einzuführen. Deswegen sind gute, freiwillige Standards so wichtig.
Was empfehlen Sie Verbrauchern: Kann man Daunenprodukte kaufen? Und worauf sollte man achten?
Wir raten den Verbrauchern: Schauen Sie nach Alternativen. Heutzutage gibt es sehr hochwertige Bekleidungs- und Bettenprodukte auch ohne Daune. Sie sind mit modernen Materialien gefüllt und übertreffen die Daunen sogar in manchen Eigenschaften: Synthetikprodukte sind preiswerter, feuchtigkeitsresistent und auch für Allergiker geeignet. Wenn Konsumenten Daunenprodukte kaufen möchten, raten wir dazu, sich über die Herkunft der Daune zu informieren, also darüber, wie die Unternehmen garantieren können, dass kein Tierleid im Produkt steckt und ob strenge Standards angewandt werden. RDS und TDS sind die besten Standards und bieten höhere Sicherheiten an, aber sie sind keine 100 Prozent-Garantie für tierleidfrei gewonnene Daunen.
Über Vier Pfoten: Vier Pfoten ist eine international tätige Tierschutzorganisation mit Hauptsitz in Wien. Die 1988 gegründete Organisation setzt sich mit Kampagnen und Projekten für den Tierschutz ein. Der Fokus liegt auf Tieren, die unter direktem menschlichen Einfluss stehen, z.B. Streunerhunde und -katzen, Labor-, Nutz-, Wild- und Haustiere.
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