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Kino-Doku: Die grüne Lüge

gruene luege
Bild: Little Dream Entertainment

Der Film „The green lie“ entlarvt das Greenwashing der Konzerne und zeigt dem Konsumenten die Wahrheit hinter angeblich nachhaltigen Produkten. Ein Interview mit der Frau hinter dem Film: Kathrin Hartmann.

Kathrin Hartmann, geboren 1972, lebt und arbeitet als Journalistin und Autorin in München. Seit vielen Jahren schreibt sie Bücher über Greenwashing und den industriellen Raubbau an der Natur – und seit Gründung von enorm 2010 auch immer wieder Interviews und Texte für unser Magazin. Im Blessing-Verlag ist im Februar Kathrin Hartmanns jüngstes Buch erschienen, „Die Grüne Lüge“ – das Buch zum Film „The Green lie“, den sie gemeinsam mit dem Wiener Dokumentarfilmer Werner Boote gedreht hat.

Kathrin, seit Jahren schreibst du über Greenwashing. Warum jetzt ein Kinofilm?

Das war die Idee von Werner Boote, dem Regisseur des Dokumentarfilms „Plastic Planet“. Wir hatten uns in einer Talkshow des ORF kennen gelernt, es ging um das Thema Nachhaltiger Konsum. Werner mochte wohl, wie ich in der Sendung gegen die Konzerne anging, in jedem Fall schlug er mir danach vor, gemeinsam einen Film über Greenwashing zu machen. Ich bin sehr froh darüber. Schreibend lässt sich das Thema manchmal schwer erklären – und im Film können wir einfach Bilder zeigen und alles wird damit völlig klar. Zum Beispiel in der Szene, in der Werner und ich auf einer riesigen, gespenstisch stillen Fläche abgebrannten Urwalds stehen. Das hat eine ganz andere Kraft, als wenn ich es in Worten beschreiben würde.

Überall auf der Welt versuchen Unternehmen, ihre umweltschädlichen und unfair hergestellten Produkte als grün zu verkaufen. Ihr habt euch aus der Masse an Beispielen in erster Linie das Palmöl herausgesucht. Warum?

Wir haben lange überlegt, ob wir nicht möglichst viele Branchen, Unternehmen oder Länder nennen wollen. Aber das hätte wie eine Auflistung von Einzelfällen und schwarzen Schafen gewirkt. Wir möchten die Strategie von Greenwashing zeigen, die ist ja überall gleich. Wir sind also erst einmal dem Palmöl nach Indonesien hinterhergereist. Damit hat jeder zu tun, es steckt in jedem zweiten Supermarktprodukt – und im Biodiesel. Mit dem Thema Palmöl sind viele große Firmen verbunden, vor allem in der Lebensmittel- und der Konsumgüterindustrie. Die Zerstörungen durch den Anbau in Monokultur sind offensichtlich. Und trotzdem passiert nichts, trotz des Runden Tischs für Nachhaltiges Palmöl und großer Versprechen von Unternehmen. Es gibt einen Haufen von Belegen, dass sich in den vergangenen Jahren gar nichts verbessert hat, obwohl viele Firmen behaupten, nachhaltiges Palmöl zu verwenden. Aber es gibt überhaupt kein nachhaltiges Palmöl.

Eine Schlüsselszene des Films ist diese: Auf einer Messe in Indonesien stellt euch ein Verkäufer ein Herbizid vor, das als grün beworben wird. „Ist es biologisch?“, fragst du ihn. „Nein, nein“, sagt der Mann, „Es ist einfach ein weniger giftig.“ Ist das für dich der Kern von Greenwashing?

(lacht) Genau! Natürlich ist nicht alles erfunden und erlogen, was Unternehmen uns als nachhaltiger verkaufen. Aber das, was sie als Verbesserung anpreisen, betrifft nie das Kerngeschäft. Produktion und Gewinn bauen auf der Ausbeutung von Menschen und der Natur auf. Und diese Strategie wird nicht grundsätzlich angefasst.

Trailer: Die grüne Lüge

The Green Lie ist dialogisch angelegt, Werner Boote spielt den Konsumentenvertreter, der gerne den grünen Siegeln vertrauen will, du bist die Expertin, die alles kritisch hinterfragt. Warum habt ihr diese Form gewählt?

Wir führen im Film eine Art Streit in good cop, bad cop-Manier. Werner steht auf der Seite des Zuschauers und sagt: Ich will es richtig machen und nachhaltig einkaufen, aber mich auch nicht verarschen lassen. Und ich bin die, die warnend auf die leeren Versprechen zeigt. Werner macht das ja immer so in seinen Filmen – er stellt sich eine Frage, und fährt dann los, um nach der Antwort zu suchen. Bei „Population Boom“ zum Beispiel war seine Ausgangsfrage: Alle sagen das, aber gibt es wirklich zu viele Menschen auf der Erde? Beim Thema Greenwashing funktioniert dieses Prinzip auch sehr gut. Die Strategien der Unternehmen sind inzwischen so ausgefuchst, dass es sehr schwer ist, als Einzelner dahinter zu blicken. Wir haben im Alltag nicht die Zeit, uns in all diesen Themen zu Experten zu machen, um dann die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Diesen Konflikt zeigen wir im Film.

Der Konsument soll richtig konsumieren, dann wird alles besser – gegen diese klammheimliche Verschiebung der Verantwortung vom Verursacher zum Verbraucher wehrt ihr euch.

Ja, klar! Die Frage ist doch: Wie kann es sein, dass solche Produkte überhaupt im Supermarkt stehen? Warum muss ich mich aktiv dagegen entscheiden, jemanden auszubeuten? Warum werden Produkte nicht einfach so hergestellt, dass sie keinem schaden? Warum kann ich mich darauf nicht verlassen? Und da sind wir dann beim Thema Recht und Gesetz, bei den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Die EU hat ihre Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, nationale Aktionspläne vorzulegen, um die Prinzipien umzusetzen. Das würde bedeuten, dass Unternehmen verbindlich verpflichtet werden, Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörung zu vermeiden _ sie könnten bei Verstößen sogar dafür bestraft werden. Würde das geschehen, hörten so manche Dinge einfach auf. Palmöl ist nur so billig, weil seine Herstellung Rechte verletzt. Aber die Bundesregierung setzt weiter auf das freiwillige Engagement von Unternehmen.

Zu den Bildern zerstörter Landschaften blendet Ihr Zitate von Konzernchefs ein, die den grünen Wandel ihrer Unternehmen preisen. Was für ein Gefühl soll das beim Zuschauer hinterlassen?

Um Greenwashing als solches zu entlarven, braucht man eine gewisse Distanz. Es ist gar nicht schlecht, auch einmal darüber zu lachen, dass der Coca Cola-Vorstand vor einer Wand voller Plastikflaschen die Nachhaltigkeit zum Herzensthema erhebt. Lachen ist gemeinsam mit ein bisschen Wut eine gute Mischung, um zu beschließen: Wir lassen uns das nicht länger gefallen, ihr spinnt ja wohl! Ihr seid die Verbrecher – nicht wir, weil wir anscheinend die falschen Sachen kaufen. Die ganz hinterfotzige Folge von Greenwashing ist ja, das uns suggeriert wird: Ihr seid schuld, Ihr kauft das Zeug doch! Deshalb haben wir ein dauerschlechtes Gewissen und fühlen uns machtlos.

Gegen Ende des Films wirkt Werner Boote erschöpft. Das sei alles so kompliziert, klagt er. Und man wisse gar nicht mehr, was man eigentlich tun solle. Du hältst dagegen …

Wir sollten uns nicht mehr als reine Konsumenten und Verbraucher betrachten, die können nur konsumieren und verbrauchen. Wir sind Bürger. Und haben demokratische Rechte. Die im Übrigen alle von anderen Bürgern vor uns erkämpft wurden. Es hilft nur, zu protestieren. Auf ganz unterschiedliche Weise: Der eine ist gut in einer Partei aufgehoben, der andere engagiert sich lieber in einer NGO, der dritte unterstützt auf lokaler Ebene den Kampf für eine autofreie Innenstadt. Andere werden Mitglieder eines solidarischen Bauernhofs. Es gibt sehr viele Möglichkeiten. Aber das Wichtigste ist: Das Engagement muss sichtbar sein. Einkaufen ist nicht sichtbar. Außerdem vereinzelt es. Ich merke immer wieder, dass sich Viele als absolut wirkungslos empfinden, ihnen fehlt die Gemeinschaftserfahrung. Dass man gemeinsam leichter etwas erreicht. Der erste Schritt kann die nächste Demo sein. Wo man mal wieder spürt: Da sind ja noch Tausende andere, die wollen es auch ganz anders haben!

GASTBEITRAG aus enorm
Text: Christiane Langrock-Kögel

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