„So stellt man sich die Apokalypse vor“ – Harald Lesch besucht Brandenburg und ist entsetzt

Harald Lesch
Foto: © ZDF/Lars Opitz

In seiner neuen Terra-X-Dokumentation zeigt Harald Lesch die verheerenden Folgen der Klimakrise und erklärt, was ihm dennoch Hoffnung macht. Dabei reist er von Brandenburg bis auf die Zugspitze, wirft aber auch einen Blick nach China und Texas.

„So stellt man sich die Apokalypse vor“ – mit diesen eindringlichen Worten beschreibt Harald Lesch ein verbranntes Waldstück in Brandenburg. Die Zahlen dahinter sind besorgniserregend: Allein in den ersten Monaten 2025 loderten in dem Bundesland bereits mehr als 200 Feuer, heißt es im ersten Teil der zweiteiligen Terra-X-Doku „Hoffnung für das Klima“, die auf Abruf in der ZDF-Mediathek zur Verfügung steht. 

Brandenburg führt die deutschlandweite Waldbrand-Statistik seit Jahren an: 2024 verbrannten dort 226 Hektar, eine Fläche so groß wie der New Yorker Central Park, meldete die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Juni.

Brandenburg Apokalypse
Am Keilberg bei Jüterbog hat es in den vergangenen Jahren mehrfach gebrannt. (Foto: © ZDF/Lars Opitz)

Nun sei bereits ein einziger Waldbrand eine Katastrophe, meint Lesch, noch schlimmer werde es aber, wenn durch den Klimawandel die Brände intensiver und häufiger würden: „Wenn hier jedes zweite, dritte Jahr ein Waldbrand stattfindet, wenn also die kleinen Pflänzchen, die sich gerade von einem Waldbrand erholen, auch sofort wieder weggeputzt werden, ja dann ist es die Megakatastrophe.“

Harald Lesch auf den Spuren der Klimakrise in Deutschland

Waldbrände in Brandenburg sind für Harald Lesch aber nur eines von vielen Beispielen dafür, wie die Klimakrise bereits Spuren in Deutschland hinterlässt. Ein anderes – das vielleicht verheerendste – ist die Ahrtal-Flut von 2021, bei der 180 Menschen ums Leben kamen. Entsprechend lautet der Titel des ersten Teils der Doku „Wütendes Wetter“. Denn es geht um solche Extremwettersituationen, die – so der wissenschaftliche Konsens – aufgrund des Klimawandels in Zukunft häufiger und verheerender werden.

Neben Brandenburg verschlägt es Lesch für Terra X auch in den Süden Deutschlands – genauer gesagt: auf die Zugspitze. Denn die Alpen sind vom Klimawandel besonders bedroht. Gemeinsam mit dem Geologen Michael Kornblatter begibt sich Lesch zum „Herz des Berges“ – einem Kern aus Permafrost, der in den nächsten zehn Jahren zu verschwinden droht. Die Zugspitze wird dadurch instabiler, Bergrutsche könnten die Folge sein. Kornblatter erklärt: „Es gibt Hunderte solcher bröckelnden Berghänge in den Alpen“.

👉 Auseinanderfallende Berge, Flutkatastrophen, verbrannte Wälder: Das alles passiert nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Teilen Europas. So auch in Griechenland, einem der Hotspots der Klimakrise. Utopia-Redakteurin Katharina hat dort im Sommer Urlaub gemacht – und sah überall die Folgen der Erderwärmung:

Warum tun wir nichts? Psychologin antwortet

Mit fortschreitender Dauer der Recherche fragt sich Lesch „Warum tun wir nichts?“, weshalb er bei Klimapsychologin Lea Dohm nachfragt. Aus psychologischer Sicht hängt der Umgang mit der Klimakrise mit dem Vermeiden negativer Emotionen und dem Wegschieben von Verantwortung zusammen. Das sei „total menschlich“ und erklärt sich unter anderem durch den Bystander-Effekt (Zuschauereffekt):

„Bystander-Effekt meint, dass wenn ganz, ganz viele Menschen beteiligt sind, dass dann die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass der Einzelne aktiv wird.“ An der Klimakrise sind alle beteiligt und deshalb wirkt der Bystander-Effekt besonders stark. „Und das ist etwas, das beim Klima ein großes Problem ist.“

👉 Auch Utopia.de hat bereits mit einer Psychologin über die Mechanismen gesprochen, die dazu führen, dass Menschen die Klimakrise verdrängen, leugnen oder ignorieren. Sie nennt Echokammern in den sozialen Medien sowie „Angst ohne Hoffnung“ als Faktoren, die uns vom Handeln abhalten. Mehr dazu in diesem Artikel:

Harald Lesch gibt nicht auf

Sind wir Menschen also psychologisch dazu verdammt, die Klimakatastrophe sehenden Auges geschehen zu lassen? Lesch wirkt kurz entmutigt, gibt aber nicht auf. Denn wenn man mal genau hinschaue, sei die Lösung der Krise gar nicht so schwer: „So kriegen wir es hin“, gibt er sich hoffnungsfroh und leitet auf die zweite Folge „Freundliches Klima“ über.

In diesem zweiten Teil hangelt sich der Astrophysiker von einem Hoffnungsträger zum nächsten. Angefangen bei natürlichen CO2-Speichern wie Mooren, Wäldern oder Graslandschaften, bis hin zu technischen Innovationen wie Mikroalgenzucht oder dem Verstreuen von Basaltstaub in der Landwirtschaft – beides mit dem Ziel CO2 aus der Luft zu binden – sowie dem unterirdischen Speichern von CO2.

Allerdings, so Lesch, seien die Ideen alle noch zu aufwändig und teuer. „Sie erinnern an den berühmten Tropfen auf den heißen Stein.“ Ohne die CO2-Emissionen einzudämmen, werde uns keine Technik der Welt retten können, so der TV-Wissenschaftler.

China legt vor, zieht Deutschland nach?

Doch Hoffnung kommt manchmal aus ganz unerwarteter Richtung. Im hierzulande oft für seine hohen CO2-Emissionen kritisierten China, findet laut Lesch momentan ein Umdenken statt: 64 Prozent aller Solar- und Windkraftanlagen, die derzeit weltweit gebaut werden, befinden sich in China.

Harald Lesch
Harald Lesch (r.) im Gespräch mit Volker Quaschning

Und auch in Texas, dem „Öldorado schlechthin“, habe es einen Boom der Erneuerbaren und Batteriespeicher gegeben, nachdem 2021 ein Wintersturm die Stromversorgung des gesamten Bundesstaats fünf Tage lang lahmgelegt hatte.

In Deutschland folge man stattdessen eher der „Salami-Taktik“, kritisiert Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme, in der Dokumentation. Fortschritt finde meist nur in kleinen Scheibchen statt – und nach jeder Scheibe folge großer Widerstand. Die Energiewende werde „kaputt geredet“, so Quaschning

Dennoch gebe es auch hier Erfolgsgeschichten: Eine Million Balkonanlagen mit Solarstrom existieren bereits in Deutschland, Speicherbatterien kosten nur noch ein Zehntel von früher, und 60 Prozent des erzeugten Stroms stammen inzwischen aus erneuerbaren Quellen.

Lesch: Gegen den Klimawandel hilft nur ein Kulturwandel

Harald Leschs Reise durch Brandenburg und seine Dokumentation machen deutlich: Die apokalyptischen Bilder verbrannter Wälder sind bereits Realität. Doch es gibt Grund zur Hoffnung. Die Technik für eine klimaneutrale Zukunft existiert bereits, und weltweit entstehen Lösungen. Jetzt kommt es darauf an, dass daraus entschlossenes Handeln wird.

Und auch wenn der Einfluss eines Einzelnen begrenzt ist und es politische Maßnahmen braucht, um die Klimakrise einzudämmen, so trägt doch jeder eine Verantwortung, erklärt Lesch. Sein Fazit: „Es kommt nicht immer auf den konkreten, direkten Effekt unserer Aktionen auf das Klima an. Viel wichtiger ist der Kulturwandel, damit wir die vielen guten Ansätze auch umsetzen können.“

Über die Dokumentation: „Terra X – Harald Lesch: Hoffnung für das Klima“ ist in der ZDF-Mediathek verfügbar. Die erste Folge „Wütendes Wetter“ lief am 29. Juli 2025, die zweite Folge „Freundliches Klima“ am 5. August 2025 im ZDF.

Weitere Quelle: BLE

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.
War dieser Artikel interessant?