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Klimagipfel in Paris: Ein Abkommen, zwei Wahrheiten und eine Konsequenz

Klimagipfel in Paris
Foto: "Global Climate March Berlin -15" von w238 unter CC BY-SA-2.0

Der Klimagipfel in Paris ist zu Ende, es gibt ein neues internationales Klimaabkommen – doch was bedeutet das nun eigentlich für die Zukunft? Der Aktivist Lennart Lagmöller war als Beobachter vor Ort und erklärt exklusiv auf Utopia, welches Gewicht der Klimavertrag hat – und wie es jetzt weitergeht.

Viele Umweltorganisationen feierten das Pariser Klima-Abkommen am Samstagabend als „historischen“ Durchbruch. Langjährige Umweltaktivisten standen im Plenum, klatschten Beifall und umarmten sich, als der französische Außenminister Laurent Fabius mit seinem Holzhammer auf das Pult schlug und die Annahme des ersten universellen Klima-Vertrags verkündete. Andere Gruppierungen hingegen kritisierten den Ausgang der Konferenz als unzureichend und heuchlerisch. Wie ist die Konferenz also zu bewerten?

Wichtige Fortschritte

Es ist ein absoluter Durchbruch, dass Staaten wie Indien, USA und Saudi-Arabien sich nun – über 15 Jahre nach dem letzten Klimavertrag – gemeinsam und rechtlich bindend auf ein Ziel einigen: die globale Erwärmung unter 2 Grad, möglichst unter 1,5 Grad zu halten. Noch vor wenigen Monaten wäre allein die Nennung des 1,5 Grad-Ziels undenkbar gewesen.

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Verhandlungen: In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts soll nur noch so viel CO2 in die Atmosphäre emittiert werden dürfen, wie kompensiert werden kann (z.B. durch Aufforstungen, aber auch durch CO2-Verpressung). Das ist ein klares und wichtiges Signal an Investoren und Unternehmen, denn um dieses Ziel zu erreichen muss die Welt bis 2050 raus aus den fossilen Energien.

Darüber hinaus hat die langjährige Forderung von besonders verletzlichen Staaten zur Anerkennung von Verlusten und Schäden durch den Klimawandels endlich ihren Weg in einen eigenen Artikel des Abkommens gefunden.

Politischer Drahtseilakt

Im Jahr 2020 tritt das Abkommen offiziell in Kraft. Ab dann sind auch Schwellenländer wie Indien und China mit dem größten Wirtschaftswachstum und den am schnellsten steigenden Emissionen zum Klimaschutz verpflichtet. Allerdings wurde deren Zustimmung erst möglich durch finanzielle Zusagen der westlichen Industriestaaten, Entwicklungskooperationen sowie die Zusicherung, dass die westlichen Industrieländer mit hohen historischen Emissionen weiterhin eine Führungsrolle beim Klimaschutz übernehmen werden.

Das Klimaabkommen zwischen 195 Staaten zustande zu bringen war ein politischer Drahtseilakt – das wurde vor allem in den letzten Stunden der Pariser Konferenz sichtbar, in denen Minister und Unterhändler noch um einzelne Formulierungen zum Thema Finanzierung stritten. Einen erheblichen Beitrag zum letztlichen Erfolg der Verhandlungen leistete die von allen Seiten gelobte französische Verhandlungsleitung, die – im Gegensatz zum gescheiterten Klimagipfel 2009 – inklusiv und transparent agierte. (Interessant dazu: Zehn Gründe für das Wunder von Paris)

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Klimavertrag reicht noch nicht aus

Um den Klimawandel effektiv auf 2 Grad oder gar 1,5 Grad zu begrenzen, reichen die konkreten Klimaschutzziele, die im Vorfeld der Pariser Konferenz vorgelegt wurden, jedoch noch nicht aus. Diese Beiträge deuten derzeit eher in Richtung einer 3 Grad-Erwärmung, womit der Beschluss der Klimakonferenz deutlich verfehlt wäre. Die Konsequenzen wären verheerend: Ganze Inselstaaten würden verschwinden und zukünftige Umweltereignisse würden gerade für ärmere Länder katastrophale Ausmaße annehmen.

Um effektive Klimaschutzziele zu erreichen, haben sich die Staaten deshalb dazu verpflichtet, ihre Klimaschutzpläne regelmäßig zu überprüfen und ggf. zu verschärfen – allerdings erst ab 2023.

Ein weiteres ungelöstes Problem: Zwar haben die finanziellen Zusagen der Industriestaaten zum Erfolg der Konferenz beigetragen, jedoch könnte gerade für ärmere Entwicklungsländer die zukünftige Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und Anpassung an den Klimawandel dennoch schwer in die Praxis umzusetzen sein. (Private Investoren, deren Gelder zu den Finanzhilfen für Entwicklungsländer gezählt werden, werden wohl vor allem in finanziell lohnende CO2-Minderungsprojekte, weniger in Anpassung und Schadensbekämpfung, investieren.)

Fazit: Paris ist erst der Anfang

Das politische Kunststück, alle Staaten dieser Erde unter ein vertragliches Dach zu bekommen – und auch, dass dieses nicht nur auf dem kleinsten gemeinsamem Nenner beruht – muss gewürdigt werden. Gleichzeitig muss festgehalten werden, dass Paris nicht der Endpunkt ist und dieses Dach des Klimavertrags mit stabilen Mauern unterfüttert werden muss.

Der Kampf um das Klima geht weiter, dafür hat es in Paris und weltweit ein Zeichen der Zivilgesellschaft gegeben. Diese muss die Staaten auch in Zukunft in die Pflicht nehmen und entschieden die Nachbesserungen von nationalen Zielen fordern. Schon zur nächsten Konferenz Ende 2016 in Marrakesch muss diese Arbeit wieder aufgenommen werden.

Autor: Lennart Lagmöller
Lennart Lagmöller ist Mitglied des Jugendbündnis Zukunftsenergie und war als Beobachter der Klimaverhandlungen in Paris.

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