„Energiewende teurer als gedacht“, „Energiewende kostet den Steuerzahler 28 Milliarden“ – mit solchen Horror-Meldungen macht die Wirtschaft gerade Stimmung gegen die Energiewende. Ein genauerer Blick auf die Zahlen lohnt, um zu verstehen, wie Lobbyisten uns hier verschaukeln wollen.
Zunächst einmal kommt die Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, ein von Arbeitgeber- und Industrieverbänden bezahltes Institut, das vorzugsweise wirtschaftsliberale Positionen vertritt.
Die scheinbare Horror-Zahl „28 Milliarden“ soll natürlich Angst und Schrecken verbreiten, aber man sollte sie auch mal ins Verhältnis setzen: 70 Milliarden Euro verzocken die Deutschen laut ZEIT jährlich beim Glücksspiel, 100 Milliarden geben sie laut Bild für sinnlose Versicherungen aus. Bescheidene 28 Milliarden in das Mammutprojekt einer zukunftsfähigen Energieversorgung zu investieren erscheint da im Vergleich doch mindestens angemessen.
Besonders interessant ist auch die Argumentation des Handelsblattes: Dort geht man scheinbar ganz bürgernah vom Haushalt aus, der „[…] 270 Euro im Jahr für die Umsetzung der Energiewende“ zahlen muss, lässt dann aber nahtlos ausschließlich Unternehmen zu Wort kommen, deren Belastung das Handelsblatt dann allerdings nicht beziffern mag. Kurios, wo doch die Kosten der einen mit den Kosten der anderen wenig zu tun haben, auch weil für die Industrie ja viele Ausnahmen geschaffen wurden.
Was die Berichte zu diesem Thema auch oft verschweigen: Die Folgekosten von Atomstrom bleiben beim Bund und damit beim Steuerzahler hängen – schön zu sehen am Fall Asse, wo allein die Bergung sechs Milliarden Euro verschlingen wird, mit denen die „Entsorgung“ noch nicht bezahlt ist.
Und nicht zuletzt muss man fragen, warum Industrieverbände ständig so tun, als würde der Strom knapp – während Deutschland laut WiWo mehr Strom exportiert denn je.
„Die Bundesregierung hat die Kostensteigerung beim Strompreis zu verantworten“
Solche und ähnliche Meldungen erwecken stets den Eindruck, als würden nun Strompreise nach oben schnellen. Dabei bleibt die EEG-Umlage ja relativ konstant und die Unkosten entstehen zum Beispiel durch den Braunkohle-Kompromiss vom Juli, durch den Milliarden an Energieunternehmen fließen, um CO2-produzierende Braunkohlekraftwerke stillzulegen.
„Die Bundesregierung hat die Kostensteigerung beim Strompreis zu verantworten“, so Simone Peter, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, auf Utopia-Anfrage. „Überbordende Ausnahmen für die Industrie bei der EEG-Umlage und das Fehlen eines neuen Strompreismodells, das die flexible Stromproduktion durch Erneuerbare Energien berücksichtigt, haben die Kosten für die Verbraucher absehbar ansteigen lassen. Weitere Kostensteigerungen sind durch die geplante ‚Kapazitätsreserve‘ zu erwarten, die als Abwrackprämie für alte Kohlekraftwerke die Verbraucher belasten wird.“
„Stattdessen sollte die Bundesregierung endlich ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen, das die Überproduktion von Kohlestrom drosselt, einen ökologischen Flexibilitätsmarkt etablieren, der den Strommarkt nach Effizienz- und Klimaschutzkriterien steuert, und das EEG so ausgestalten, dass weiterhin viele Akteure den Markt der Erneuerbaren Energien bedienen können.“‘
Was Lobbyisten verschweigen: Der wahre Preis von Atom und Kohle
Leider spielt die Gesetzgebung Lobbyisten in die Hand. Beispiel Stromrechnung: Hier macht die EEG-Umlage nur die Kosten Erneuerbarer Energien sichtbar – alle anderen Kosten bleiben unsichtbar. Doch Kern- und Kohlekraft wurden über Jahrzehnte mit Steuermilliarden subventioniert und hängen auch weiterhin am Tropf des Bürgers, weil der die milliardenteure Entsorgung des Atommülls noch über Jahrhunderte wird schultern müssen.
Betrachtet man die Produktionskosten, sind erneuerbare Energien günstiger als konventionelle. Das geht aus der Greenpeace Energy-Studie „Was Strom wirklich kostet“ hervor – mehr dazu im Beitrag „Der wahre Preis von Kohle und Atom“.
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