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Ärzteverbands-Chef droht: Längere Praxisschließungen im Januar

Ärzteverbands-Chef droht mit längeren Praxisschließungen im Januar
Foto: Georg Wendt/dpa

Nach Weihnachten hielten viele Arztpraxen ihre Türen für Patient:innen geschlossen – aus Protest. Das könnte sich im neuen Jahr fortsetzen.

Der Virchowbund der niedergelassenen Ärzt:innen hat für das neue Jahr noch längere Praxisschließungen angedroht, falls es keine Annäherung mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gibt. Nach der dreitägigen Protestaktion in dieser Woche würden die Ärzt:innen ab dem 2. Januar wieder „wie gewohnt für ihre Patienten da sein“, sagte der Vorsitzende Dirk Heinrich der Rheinischen Post am Freitag. „Sollte sich bei dem Gipfel mit dem Minister am 9. Januar allerdings keine Bewegung abzeichnen, werden die Praxen danach für eine ganze Woche schließen. Das behalten wir uns vor.“

Ärzteverbände hatten für die Zeit zwischen den Jahren dazu aufgerufen, Praxen aus Protest bundesweit geschlossen zu halten. Die noch bis diesen Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne „Praxis in Not“. Zu den Forderungen gehört, für alle Fachgruppen Schluss mit „Budgets“ mit Höchstsummen bei den Honoraren zu machen. Außerdem solle eine aufgehobene Regelung mit Extra-Honorierungen für neue Patient:innen in Praxen wieder eingeführt werden. Beklagt werden auch Überlastung und zu viel Bürokratie. Der Virchowbund rechnete mit mehreren Zehntausend geschlossenen Praxen. Sie waren dazu aufgerufen, für Vertretung für Notfälle zu sorgen.

Lauterbach kritisiert die Forderungen

Verbandschef Heinrich warf Lauterbach vor, lieber „Neiddebatten“ anzuzetteln, „als die Ungerechtigkeiten im aktuellen Vergütungssystem zu beheben“. „Niedergelassene Ärzte verdienen nicht so viel, wie der Minister suggeriert“, sagte er.

Der Gesundheitsminister hatte angesichts der Proteste bessere Arbeitsbedingungen in Aussicht gestellt, Forderungen nach mehr Geld aber abgewiesen. „Außer in der Schweiz wird natürlich in Europa in den Praxen nirgendwo so gut verdient wie in Deutschland“, sagte der SPD-Politiker im ZDF. „Die Spielräume für Honorarzuwächse, die sehe ich nicht.“ Praxen bräuchten weniger Bürokratie und Geld müsse gerechter verteilt werden. Konkret für den Krisengipfel im Januar im Blick stehen bessere Bedingungen vor allem für Hausärzt:innen.

Streik auf dem Rücken hilfsbedürftiger Patient:innen sei die falsche Medizin

Auch aus anderen Reihen mehren sich kritische Stimmen. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen kritisierte die Aktionen zwischen den Feiertagen. „Viele Praxen sind eh schon geschlossen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Patient:innen müssten sich darauf verlassen können, im Ernstfall durch ihre Ärzt:innen behandelt werden zu können. „Stattdessen müssen nun Kolleginnen und Kollegen der Notfallversorgung beispielsweise im Krankenhaus einspringen, wo Menschen im Akutfall auf Hilfe angewiesen sind.“ Streik auf dem Rücken hilfsbedürftiger Patient:innen sei die falsche Medizin. „Stattdessen muss es im nächsten Jahr vor allem darum gehen, die Rolle von Haus- und Kinderärzten zu stärken.“

Die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Was Ärzte oder Apotheker mehr bekommen wollen, müssen die Supermarktkassiererin und der Lkw-Fahrer mit ihren Krankenkassenbeiträgen finanzieren.“ Auch sie litten unter den gestiegenen Preisen. Die Brutto-Reinerträge der niedergelassenen Ärzte seien in den vergangenen Jahren im bundesweiten Durchschnitt gestiegen.

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