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Foodwatch: Welches Lebensmittel ist die dreisteste Werbelüge des Jahres?

Goldener Windbeutel 2021
Foto © Foodwatch

Gesunde Gummibärchen, umweltfreundliches Wasser in Plastikflaschen – im Supermarkt gibt sich so manches fragwürdige Produkt als ziemlich grün. Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch stellt die dreistesten fünf zur Wahl des Goldenen Windbeutels.

Welches Lebensmittel ist die dreisteste Werbelüge des Jahres? Darüber können Verbraucher:innen ab heute bei der diesjährigen Wahl zum Goldenen Windbeutel abstimmen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat fünf Produkte nominiert, die beispielhaft für Täuschung im Supermarkt stehen.

Diese präsentieren sich als besonders klima- und umweltfreundlich – können diese Werbeversprechen aber laut Foodwatch nicht halten. Die Organisation sprach sich deshalb für eine klare Regulierung von „nachhaltigen“ Werbeversprechen aus.

Grüner Anstrich oder wirklich umweltfreundlich?

„Klimakrise, Abholzung und Plastik-Müllberge: Unsere Ernährungsweise hat ihren Anteil an den riesigen Problemen, vor denen wir heutzutage stehen“, erklärte Manuel Wiemann von Foodwatch. „Aus dem Bedürfnis von Verbraucher:innen nach mehr Nachhaltigkeit will die Lebensmittelindustrie jetzt Kasse machen und vermarktet ihre Produkte als Rettung für Umwelt und Klima“.

Viele Werbeversprechen würden sich als dreiste Lüge entpuppen: „Ein grüner Anstrich macht aus einer Kaffeekapsel kein nachhaltiges Produkt und auch Fleisch wird durch manipulierte Zertifikate nicht zum Klimaretter.“

Der Goldene Windbeutel 2021 – das sind die Kandidaten:

1. Volvic Natürliches Mineralwasser von Danone 

Auf der Flasche des Volvic-Mineralwassers prangt ein „Klimaneutral zertifiziert“-Label. Dabei ist das Wasser alles andere als vorbildlich: Die Flaschen werden laut Fodwatch größtenteils per LKW aus Frankreich nach Deutschland transportiert. Einweg-Plastik-Flaschen schaden der Umwelt stärker als Mehrwegflaschen. Und im Vergleich zu Leitungswasser emittiert das Volvic-Wasser ein Vielfaches an CO2.

2. Mövenpick Green Cap Kaffeekapseln von J.J. Darboven

„Kompostierbar“ und „biologisch abbaubar“ sollen die Mövenpick-Kaffeekapseln von J.J. Darboven sein. Foodwatch stellt fest: Die „Green Caps“ sind alles andere als umweltfreundlich: Abfallunternehmen können sie weder recyceln noch kompostieren – sondern müssen sie verbrennen. Dadurch sind sie in der Umweltbilanz nicht besser als normales Plastik. 

Mehr lesen: Wie Bio ist Bioplastik?

3. Katjes Wunderland Fruchtgummis

Eine Süßigkeit mit 60 Prozent Zuckeranteil soll gesund sein? Foodwatch kritisiert, dass die als „Wunderland“ deklarierte Zuckerbombe zugesetzte Vitamine enthält – für ein vermeintlich „besseres Naschen“. Dadurch verleitet Katjes zum Süßigkeiten-Konsum und verschleiert den hohen Zuckergehalt, der sogar 30 Prozent höher ist als bei Haribo Goldbären.

4. Clean Protein Bar von Naturally Pam by Pamela Reif

Die Fitness-Influencerin Pamela Reif bewirbt die Verpackung ihres Proteinriegels als plastikfrei, biologisch abbaubar und umweltfreundlicher als konventionelles Plastik. Foodwatch stelt klar: Es handelt es sich um eine Plastik-Folie, die weder kompostiert noch recycelt wird, sondern als Plastikmüll in der Müllverbrennung landet. Auch in der Natur würde die Folie – wenn überhaupt – nur sehr langsam abgebaut.

5. Wilhelm Brandenburg Hähnchen-Brustfilet von Rewe

Foodwatch wirft Rewe vor Fleisch „klimaneutral“ zu rechnen, indem es falsche CO2-Zertifikate nutze. Die Eigenmarke „Wilhelm Brandenburg“ würde so zur Klimalüge. Zum Ausgleich von Emissionen soll Wald geschützt werden – stattdessen würden im Projektgebiet in Peru Bäume zerstört.

So reagierten die Unternehmen auf ihre Nominierung zur dreistesten Werbelüge

Gegenüber Spiegel Online nahmen Danone, J.J. Darboven, Naturally Pam sowie Rewe zur Kritik von Foodwatch bereits Stellung. Katjes äußerte sich nicht. 

Danone behauptet, dass Einwegflaschen aus recyceltem PET für lange Transportwege die ökologisch sinnvollste Verpackung seien. Genau hier liege jedoch der Hund begraben, so Foodwatch: Wasser, das über lange Transportwege nach Deutschland gekarrt würde, als besonders klimafreundlich darzustellen, sei eine dreiste Klimalüge. 

Darboven bezeichnete die „aktuelle Situation der Entsorgungswege“ als unbefriedigend. Das Unternehmen arbeite an einer „anderen Lösung“ für das erste Halbjahr 2022. Foodwatch stellt dazu fest: Kaffeekapseln sind und bleiben eine unnötige Verschwendung von Ressourcen. Selbst bei erfolgreicher Zersetzung werde kein hochwertiger Kompost gebildet.

Genauso schiebt Naturally Pam die Schuld auf die Abfallwirtschaft: Diese liefere noch nicht die nötigen Bedingungen, dass die Verpackungsfolie des Proteinriegels richtig kompostiert werden kann. Das Problem sei jedoch nicht die Abfallwirtschaft, sondern die Verpackung, kommentierte Foodwatch. Aufwändig hergestellte Plastik-Verpackungen sollten recycelt und wieder verwendet werden, statt kompostiert oder verbrannt.

Rewe argumentierte, dass das Unternehmen erst seit 2021 mit dem Zertifizierungsunternehmen kooperiere. Foodwatch entgegnet: Die Zertifikate für das Geflügelfleisch von Rewe würden aus den Jahren 2010-2012 stammen. Für diesen Zeitraum soll das Tambopata-Projekt in Peru nachweislich keinerlei Emissionsreduktionen bewirkt haben, die Zertifikate seien also falsch. Zudem sei es grundsätzlich irreführend, Fleisch als „klimaneutral“ zu bewerben. 

Zusatz vom 10. Dezember:

Das Projekt unterstützt Rewe über den Anbieter „ClimatePartner“. Die Organisation hilft Firmen, ihre CO2-Emissionen durch Klimaschutzprojekte auszugleichen. ClimatePartner hat diese Woche in einer Stellungnahme den Bericht von Foodwatch widerlegt. Geodatenanalysen bestätigen demnach die eingesparten CO2-Emissionen seit 2009. Zudem sei das Tambopata-Projekt mit dem seriösen Verified Carbon Standard (VCS) zertifiziert.

ClimatePartner sieht in der Kritik eine Gefahr für das Projekt: „Die Paranussbäuerinnen und Paranussbauern sind nachhaltig auf den Verkauf von CO2- Minderungszertifikaten angewiesen, denn das Projekt kann sich ohne diese Einnahmen nicht finanziell tragen.“

Was allerdings bleibt: Fleisch – ein Produkt, das nachweislich hohe Mengen Klimagase verursacht – rein aufgrund von Kompensationen als „klimaneutral“ zu bewerben ist mindestens absurd.

Hier könnt ihr bei Foodwatch abstimmen.

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