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Deutsche zuerst, dann Ukrainer:innen: Eine Tafel empört mit Sonderregel

Eine Tafel empört mit Sonderregel: Deutsche zuerst, dann Ukrainer:innen Kahla
Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

In Kahla werden Bedürftige nicht gleich behandelt: Die Tafel gibt zuerst Lebensmittel an deutsche Kund:innen aus, dann an ukrainische. Die Betreiber:innen versuchen, die Sonderregel zu rechtfertigen.

Bei Tafeln verteilen Freiwillige Lebensmittel an Bedürftige, kostenlos oder gegen ein geringes Entgelt. Die gemeinnützigen Hilfsangebote gibt es in vielen Orten Deutschlands – auch in Kahla, einer Kleinstadt südlich von Jena. Dort gilt allerdings eine Zusatzregel bei der Verteilung, wie der MDR berichtet: Deutsche Tafelkund:innen dürfen zuerst in die Lebensmittelausgabe. Danach sind Ukrainer:innen dran.

Tafel in Kahla: „Die Deutschen waren vorher da“

Zahlreiche Menschen aus der Ukraine mussten wegen des russischen Angriffkriegs ihr Heimatland verlassen. Viele flüchteten nach Deutschland und sind hier teils auf Lebensmittelspenden abgewiesen.

Bei der Lebensmittelverteilung in Kahla werden sie benachteiligt. Wie die Chefin des Tafel-Vereins, Tina Staude, gegenüber MDR erklärt, gebe es wegen nachlassender Lebensmittelspenden immer weniger zu verteilen. Als dann die neuen Kund:innen aus der Ukraine hinzukamen, musste eine Regelung gefunden werden. „Die Deutschen waren vorher da und sie werden immer noch da sein, wenn die Ukrainer irgendwann wieder weg sind“, so Staude, „Wir sind auf unsere deutschen Kunden angewiesen. Die Ukrainer akzeptieren das und haben damit Gott sei Dank überhaupt kein Problem.“

Eine Ukrainerin erklärt gegenüber dem MDR, sie sei dankbar für die Hilfe, die sie vom Kahlaer Tafelverein bekommt. Schöner fände sie es allerdings, wenn für alle die gleichen Tüten gepackt werden würden. Andere profitieren von der Sonderregel und äußern Zuspruch. „Wir sind hier in Deutschland und da müssen die Deutschen auch zuerst versorgt werden“, erklärt eine weitere Kundin.

Laut MDR seien tageweise – vor allem gegen Ende des Monats – keine Lebensmittel oder nur noch Reste für Ukrainer:innen übrig, wenn sie bei der Tafel in Kahla an die Reihe kommen.

Tafeln unter Druck: Mehr Kund:innen, weniger Spenden

Die Tafel in Kahla hat ähnliche Probleme wie viele Tafeln in Deutschland: Es gibt immer mehr Bedürftige und nicht genügend Lebensmittelspenden. Eine Mitarbeiterin der Tafel in Kahla beklagt mangelnde Unterstützung durch die Stadt. Die Tafel nutzt ein altes Wohnhaus als Quartier, das sie von der Stadt mietet – laut MDR wurde es von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft für unbewohnbar erklärt.

Auch in anderen Regionen ist die Lage angespannt. Die Tafeln in NRW stehen angesichts deutlich gestiegener Kund:innenzahlen und rückläufiger Lebensmittelspenden unter Druck. Aktuell hätten rund ein Drittel der 175 Tafeln in Nordrhein-Westfalen einen Aufnahmestopp oder Aufnahmebegrenzungen eingeführt, sagte die Vize-Landesvorsitzende des Tafel-Landesverbandes, Petra Jung.

Auch in Bayern beklagen sich die Betreiber:innen. Es gebe immer mehr Bedürftige und immer weniger Essensspenden, erzählt Peter Zilles, Vorsitzender des Landesverbands Tafel Bayern mit Sitz in Bayreuth. Er bezeichnet die Lage als „herausfordernd“.

Verwendete Quellen: MDR, dpa

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