In der Mediensatire „Don’t Look Up“ warnen Wissenschaftler:innen vor dem bevorstehenden Weltuntergang. Dabei stoßen sie jedoch in Politik und Gesellschaft auf Gleichgültigkeit – eine erschreckend realistische Geschichte über die Herausforderungen unserer Zeit.
Ob Satire, Komödie oder Katastrophenfilm lässt sich schwer sagen: Der Film „Don’t Look Up“ (USA 2021) von Regisseur Adam McKay erzählt die erschreckende Botschaft vom Untergang der Welt, verpackt in eine absurd unterhaltsame, teils schrille Geschichte.
Mit Leonardo Di Caprio, Jennifer Lawrence und Meryl Streep wählte der Regisseur eine bekannte Besetzung. Die Charaktere verkörpern den Image- und Machtkampf von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Dabei wird es für die Zuschauer:innen bald ungemütlich. Denn die Klischees, derer sich der Film bedient, betreffen uns alle.
In „Don’t Look Up“ ist jede Reaktion von Panik über Hochmut bis hin zur absoluten Leugnung der offensichtlichen Bedrohung zu finden. Doch während der Film zeitweise aufbrausend und überspitzt scheint, ist er im Kern eine überraschend realistische Darstellung der Wirklichkeit. Wie im Trailer angepriesen wird, ist es ein Film „nach wahren Begebenheiten, die noch nicht passiert sind – noch nicht“.
„Don’t Look Up“ läuft seit Dezember in den deutschen Kinos und auf Netflix.
Weltuntergang – oder Rettung?
„Don’t Look Up“ erzählt die Geschichte des Weltuntergangs und der potenziellen Weltrettung. Die junge Doktorandin Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence) entdeckt, dass ein Komet mit den Ausmaßen des Mount Everest direkten Kurs auf die Erde hält. Einschlagwahrscheinlichkeit: 100 Prozent. Gemeinsam mit ihrem Professor Dr. Randall Mindy (Leonardo DiCaprio) und Wissenschaftler Dr. „Teddy“ Oglethorpe (Rob Morgan) versucht sie, die US-amerikanische Präsidentin Orlean (Meryl Streep) zu mobilisieren, den Kometen umzulenken.
Diese ist jedoch zu sehr auf ihr politisches Image bedacht und mit dem bevorstehenden Wahlkampf beschäftigt. Da muss der Weltuntergang noch etwas warten. Das Einzige, was die Präsidentin alarmiert, ist die Sorge um ihre Wahlumfragen, nachdem ein Erotik-Skandal um den Kandidaten für den Supreme Court aufgedeckt wurde. Deshalb wird die Katastrophe erst einmal ignoriert und die Devise lautet: „Ruhe bewahren und sondieren“.
Die Weltuntergangsmeldung kann in den Medien mit dem Unterhaltungsfaktor von Promi-Tratsch nicht mithalten. Das Einzige, wofür die Welt sich interessiert, sind der Sex-Appeal des Professors und die kreischende Persönlichkeit der jungen Doktorandin.
Als dann doch eine Nuklearmission zur Umlenkung des Kometen geplant wird, wird diese abgeblasen, als der Mobilfunk-Billionär Peter Isherwell (Mark Rylance) Rohstoffe im Wert von Milliarden Dollarn auf dem Kometen entdeckt. Das Geschäft darf sich Amerika schließlich nicht entgehen lassen.
Für Wissenschaft und Politik beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, der die Gesellschaft mehr spaltet als je zuvor.
Die Realität satirisch verpackt
Der Film wird als Mediensatire und Komödie verkauft. Dabei ist er eine realistische Darstellung von echten Bedrohungen, die der Menschheit bevorstehen. Ob Pandemie, Klimakrise oder Artensterben: Die Wissenschaft belegt wiederholt, dass wir auf dem besten Weg sind, uns und unserem Planeten unwiderruflichen Schaden zuzufügen.
In „Don’t Look Up“ steht der Komet für all die Bedrohungen, denen die Menschheit sich in den kommenden Jahren stellen wird oder sich bereits stellen muss. Der Kinohit fasst in mehr als zwei Stunden zusammen, was teilweise auch in der Realität passiert (ist): Wissenschaftler:innen finden kein Gehör oder sind von Ruhm und Profit geblendet. Politiker:innen wollen lieber Popularität und Image wahren, anstatt ernsthaft zu handeln. Unternehmer:innen generieren Millionen mit der bevorstehenden Katastrophe und wollen dabei lieber ihr Geschäft als die Welt retten. Nachrichten versehen ungemütliche Tatsachen mit Unterhaltungsfaktor, wodurch die Botschaft leidet. Hinzu kommt, dass die sozialen Netzwerke mehr denn je den Diskurs der Gesellschaft bestimmen.
Im Film ist „Don’t Look Up“ die Kampagne derjenigen, die die Existenz des Kometen leugnen und das Offensichtliche nicht wahrhaben wollen. Nicht nur die Kampagne, sondern auch die Medienhetze und Reaktionen von Politik und Wissenschaft sind erschreckend echt. Wie der Stern schreibt, könnte man deshalb „das Ganze eine Dokumentation über Wissenschaft, Politik und Gesellschaft in Zeiten von Corona-Pandemie und Klimawandel nennen“.
Kritik, Medien und Klimaforschung
„Don’t Look Up“ ruft kontroverse Reaktionen hervor. Viele Rezensent:innen feiern die Botschaft, obwohl die filmemacherische Leistung zu wünschen übrig lasse. Während einige ihn als schrill oder plump bezeichnen, meint der Stern: „Diesen Film sollte zum Jahresende jeder sehen„.
Der Tenor scheint jedoch eindeutig. Wie der Spiegel schreibt, ist „Don’t Look Up“ „[e]ine Weltrettungsgeschichte, deren zentrale Mission nicht an mangelnden Informationen oder Ressourcen scheitert, sondern an der menschlichen Bereitschaft, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen“.
Diese Aussage passt nicht allen. Klimaforscher David Vetter wirft Kritiker:innen des Films im Forbes-Magzine vor, nur die Fakten hören zu wollen, die erträglich sind – genau wie die Figuren im Film. Wissenschaftler:innen stimmen dem Vorwurf der Nichtreaktion zu und bestärken die Botschaft des Films.
Trotz der realistischen Botschaft ist der Film mit Klischees behaftet und deshalb meist vorhersehbar. Hinzu kommt, dass die Darstellung oft absurd und überspitzt ist. Der Spiegel kommentierte dazu, es scheine, „als wollten sie herausfinden, wer den größten Quatsch aus seiner Rolle herausholen kann“. Stereotypen werden bedient und liefern ein überspitztes Porträt der Realität. Dabei fehlt es den Konversationen oft an Tiefgang. Dennoch geht uns der Film alle etwas an und kann manch einem die Augen öffnen.
Der letzte Hilfeschrei: Ein Aufruf zum Handeln
So wie die Geschichte endet, ist auch der Film unterhaltsam und ernüchternd. „Don’t Look Up“ wirkt wie ein letzter Hilfeschrei. Der Wissenschaft wird anscheinend nicht zugehört, Fakten werden geleugnet und Forscher:innen treffen auf Zweifel, Hochmut und Ungläubigkeit. Diese Verblendung von Politik und Gesellschaft muss ein Ende nehmen, wenn wir den bevorstehenden Herausforderungen von Klimakrise, Pandemie und Co. gewachsen sein wollen.
Anders als im Film gezeigt, liegt die Handlungsmacht jedoch nicht (immer) nur bei Wissenschaft und Politik. Zur Bekämpfung der Klimakrise kann jede:r Einzelne einen Beitrag leisten. Somit ist der Film gleichzeitig eine Einladung, sich zu überlegen, wo man selbst ins Handeln kommen kann statt Verantwortung abzugeben.
(Achtung Spoiler:)
Schlussendlich hat es die Menschheit in „Don’t Look Up“ nicht geschafft, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Profit-Denken und Stolz haben die Weltrettung verhindert. Die deprimierende Realisierung dieser Tatsache zeigt sich in dem letzten Treffen der Wissenschaftler:innen. Einst passioniert für die Forschung, sind sie nun ernüchtert und desillusioniert. Die Frage lautet: Wir hatten alles was man sich wünschen kann. Die Daten, Tools und Möglichkeiten. Wie konnte es so weit kommen?
Somit endet „Don’t Look Up“ mit einer provokanten Aufforderung und realistischen Einschätzung: Wir müssen gemeinsam handeln. Jetzt.
Hier kannst du dir den Trailer anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=5n-jAiSz21w
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