Wenn sie eine Box mit Schnitzeln in den Einkaufskorb legen, achten viele auch auf Infos zur Haltung der Tiere im Stall. Die bekannte Haltungsform-Kennzeichnung erhält nun ein Update – und eine neue rückt näher.
Das bekannte Haltungsform-Kennzeichen auf Fleischverpackungen in Supermärkten soll von Juli an umgestaltet werden. Das Label startete 2019 und gilt schon für Fleisch und verarbeitete Produkte von Rindern, Schweinen und Geflügel.
Auf den Etiketten stehen bisher die Zahlen 1 bis 4 für vier Stufen von „Stallhaltung“ bis „Premium“. Zu Jahresbeginn wurde allerdings eine Angleichung an das kommende staatliche Tierwohllabel angekündigt – und die läuft im Sommer an. Der Prozess werde etwa ein Jahr in Anspruch nehmen, erläuterte die Trägergesellschaft.
Künftig hat damit auch das private Logo fünf Stufen. Und das soll nun nach und nach auf immer mehr Packungen zu sehen sein. Die Bezeichnung der Kategorien und die Haltungskriterien für Schweine werden ebenfalls an das staatliche Logo angepasst. Beide Kennzeichnungen sollten widerspruchsfrei nebeneinander bestehen und ein einheitliches Orientierungssystem bilden, erklärte die Trägerin. Özdemir begrüßte die Angleichung, zumal der Staat bei Fleisch anderer Tierarten noch nicht so weit sei und das Tierwohl-Label zunächst nur für Schweine zum Einsatz kommen wird.
Staatliches Logo soll Mitte 2025 folgen
Für das künftige staatliche Logo, das Mitte 2025 dazukommen soll, beginnt jetzt der konkrete Vorlauf: Bis 1. August müssen Schweinemastbetriebe melden, welche Haltungsform sie haben.
Das im August 2023 beschlossene Gesetz der Ampel-Koalition sieht vor, dass ab August 2025 eine Kennzeichnung für inländische Erzeugnisse verpflichtend wird. Starten soll sie zunächst mit Schweinefleisch in den Supermärkten. Kommen soll ein System mit fünf Kategorien, wenn Ferkel nach der Aufzucht in die Mast kommen.
Es beginnt bei der Haltungsform „Stall“ mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Stufe „Stall+Platz“ gibt 12,5 Prozent mehr Platz vor, „Frischluftstall“ Kontakt zu Außenklima. Dazu kommen noch die Stufen „Auslauf/Weide“ und „Bio“.
Wie das Logo aussieht, hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) auch schon vorgestellt. Nämlich sachlich-nüchtern: ein weißes, abgerundetes Rechteck, in dem in schwarzer Umrahmung „Tierhaltung“ steht. Die Haltungsform zeigt ein schwarz ausgefülltes kleineres Rechteck an – bei fünf kleinen Rechtecken für die fünf Kategorien. Möglich ist auch eine Variante mit mintgrünem Hintergrund, wenn das besser sichtbar ist.
Vorbereitungen laufen holprig
Die Landwirt:innen müssen nun im ersten Schritt die Zahl der Tiere melden und welche der fünf Haltungsformen sie in ihren Ställen haben – und zwar an die Behörde, die ihr Land dafür bestimmt. Von dort erhalten sie dann nach Prüfung der Voraussetzungen eine unbefristete Kennnummer, die für ihr Fleisch in der weiteren Lieferkette bis zum Supermarkt gilt. Kommen soll sie innerhalb von zwei Monaten, heißt es im Gesetz.
Wie schnell das bundesweit umgesetzt wird, muss sich jetzt zeigen. Kurz vor Ablauf der Frist war vielerorts offen, wohin die Meldungen überhaupt zu schicken sind. Laut einer Übersicht der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung legten bisher Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen die dafür zuständige Behörde fest.
Das Bundesagrarministerium sagte auf Anfrage, man gehe davon aus, dass die Länder ihren Verpflichtungen nachkommen und das Gesetz rechtzeitig vollziehen. Um ausreichend Zeit zu geben, liege die Meldefrist fast zwölf Monate nach dem Inkrafttreten. Ein weiterer Puffer sei nicht vorgesehen.
Freiwillig kann das neue Logo dann auch schon eingesetzt werden, bevor die Pflicht greift. Erste gekennzeichnete Produkte könnten ab 2025 im Supermarkt zu sehen sein, heißt es aus dem Ministerium.
Daneben soll die Kennzeichnung als Nächstes auf Gaststätten und Kantinen ausgedehnt werden. Die Ampel-Fraktionen verabredeten dazu gerade ein Fachgespräch mit Expert:innen aus Landwirtschaft und Gastronomie für September. Im Oktober wollen sie dann einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen.
Kommt noch eine langfristige Finanzierung?
Ungewiss ist weiter eine langfristige Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung, damit Landwirt:innen nicht allein auf Mehrkosten für höhere Standards sitzen bleiben. Özdemir brachte eine Milliarde Euro, die als Anschub für Schweinehalter:innen reserviert sind, unbeschadet durch das Haushaltsringen in der Bundesregierung. Doch auf Dauer und für andere Tierarten reicht das nicht. Vorstöße des Ministers für einen „Tierwohlcent“ oder einen kleinen Aufschlag auf den bisher reduzierten Mehrwertsteuersatz für Fleisch ließ die mitregierende FDP abprallen.
Damit der Umbau gelingen könne, seien langfristige Finanzierungszusagen nötig, machte der Grünen-Politiker nun noch einmal deutlich. Vorschläge dazu lägen auf dem Tisch, gefragt sei jetzt der Gesetzgeber – also der Bundestag. Die von der Branche getragene „Initiative Tierwohl“, die teilnehmenden Landwirt:innen Preisaufschläge für zusätzliche Anforderungen zahlt, hatte bereits mitgeteilt, dass der Fortbestand ihrer Programme bis mindestens Ende 2027 gesichert sei.
Utopia meint: Das 5-Stufen-System ist hilfreich, aber nicht perfekt
Dass sich die Haltungsform-Kennzeichnung des Handels an das kommende staatliche Tierwohllabel anpasst, wirkt einer möglichen Verwirrung entgegen. Verbraucher:innen können so basierend auf einer einheitlichen Skala schnell einordnen, welche Haltungsform bei der Fleischproduktion genutzt wurde. Mit der Neuorientierung am staatlichen Tierwohllabel wird außerdem transparenter zwischen Frischluftstall, Haltung mit Auslauf und Bio unterschieden. Solange der staatliche Aufdruck noch nicht im Einsatz ist und auch nicht für alle Tierarten gilt, bietet das private Label somit eine Alternative.
Perfekt ist das 5-Stufen-System aber nicht. Der Deutsche Tierschutzbund monierte etwa, das staatliche Tierschutzlabel verhelfe „keinem einzigen Tier zu einem besseren Leben“. Mit den unteren Stufen würden „eindeutig tierschutzwidrige Haltungssysteme“ mit einem Siegel versehen.
Wer wirklich Wert auf Tierwohl legt, sollte besser nicht nur auf die Haltungsform achten, sondern auch pflanzliche Alternativen in die Ernährung integrieren. Die kommen ohne Tierhaltung aus und schonen obendrein auch noch das Klima.
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