Nicht alle Tiere, die für den menschlichen Verzehr gezüchtet werden, landen auf dem Teller. Wie viele es tatsächlich und global betrachtet sind, hat nun eine Studie untersucht. Die Zahlen sind enorm hoch.
Ein Teil der Weltbevölkerung hungert noch immer. 2022 waren es rund 830 Millionen Menschen, bilanziert die Welthungerhilfe. Gleichzeitig landen jedes Jahr Millionen Tonnen an Nahrungsmitteln im Abfall oder gehen verloren. 931 Millionen Tonnen waren es laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) im Jahr 2019 weltweit.
Eine neue Studie wirft nun die Frage auf, wie groß dabei der Anteil der Tiere ist, die für die Fleischproduktion gezüchtet wurden – und nach ihrer Tötung auf den Müll geworfen, anstatt gegessen zu werden. Das Ergebnis: enorm viele. Allein 2019 wurden demnach 77,4 Millionen Tonnen Fleisch entlang der globalen Lebensmittelversorgungskette entweder entsorgt oder sie gingen verloren. Das macht laut Studie 18 Milliarden Tiere aus. Umgerechnet sind das fast zweieinhalb Tiere pro Weltbürger:in – und etwa 52,4 Millionen Tonnen knochenfreies, essbares Fleisch.
So viele Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Puten und Hühner werden geschlachtet – aber nicht gegessen
Die Forschenden, die ihre Studie im Fachjournal „Sustainable Production and Consumption“ veröffentlicht haben, analysierten die Fleischherstellung der sechs bedeutendsten Nutztieraten: Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Puten und Hühner. Dafür nutzten sie Daten aus dem Jahr 2019.
Für die jeweiligen Tierarten sterben folglich so viele Lebewesen, ohne dass sie konsumiert werden:
- 74,1 Millionen Rinder
- 188 Millionen Ziegen
- 195,7 Millionen Schafe
- 298,8 Millionen Schweine
- 402,3 Millionen Puten
- 16,8 Milliarden Hühner
Die Wissenschaftler:innen betonen, dass die größte Verschwendung in der Konsumphase – also in Haushalten sowie in der Gastronomie – stattfindet. Schätzungsweise 26,7 Prozent der toten Tiere („life losses“) landen dort in der Mülltonne. 24,9 Prozent sterben noch während der Aufzucht in der Landwirtschaft; 20,6 Prozent der Verluste entstehen durch den Verkauf; 20 Prozent werden bei der Tötung, Verarbeitung sowie dem Prozess des Abpackens verschwendet; und 7,8 Prozent gehen auf den Transport sowie die Aufbewahrung zurück.
Studien-Autorin betont regionale Unterschiede
In einer Mitteilung der Uni Leiden in den Niederlanden erklärt Juliane Klaura, die mit ihrem Team die Untersuchung durchgeführt hat, die regionalen Unterschiede der Forschungsergebnisse. Sie sagt: „In Entwicklungsländern treten die Verluste meist am Anfang des Prozesses auf, zum Beispiel, weil Rinder während der Aufzucht an Krankheiten sterben oder weil Fleisch während der Lagerung oder des Transports verdirbt.“ In Industriestaaten hingegen seien es weniger die Erzeuger, sondern vielmehr die Verbraucher:innen, die Fleisch wegwerfen.
In der Studie bilden China (Mainland), die USA und Brasilien die Top 3 der Länder, in denen in Summe das meiste Fleisch nicht verzehrt wird.
„Tod und Leid“ vieler Tiere sei vermeidbar
Die Wissenschaftler:innen kommen zu dem Schluss, dass sich angesichts der schieren Menge „Tod und Leid“ vieler Tiere verhindern ließe – insbesondere in der Konsum- und Aufzuchtphase. Als einen Ansatzpunkt nennen die Forschenden die Haltungsbedingungen, durch die Tiere etwa durch Stress ihr Leben verlieren. In der Konsumphase hingegen hinge das Wegwerfen von Fleisch von der individuellen Präferenz der Konsument:innen ab – etwa, ob eine Person zu viel einkauft oder das Produkt nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr isst.
Neben dem Tierleid geht die Studie außerdem auf die negativen Folgen für das Klima ein, die die globale Fleisch- und damit auch Überproduktion mit sich bringt. Die Expert:innen resümieren: Ihre Ergebnisse decken sich mit Analysen, wonach Nordamerika und Ozeanien den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen haben.
Info-Box: Der aktuelle Welthunger-Index 2023, der 136 Länder analysiert hat, kommt zu dem Schluss: 43 Staaten verzeichnen weiterhin ein „sehr ernstes und ernstes Hungerniveau“; in 18 Ländern hat der Hunger seit 2015 sogar noch einmal zugenommen. Vor allem Menschen in Südasien und Afrika südlich der Sahara bekommen ihre Kalorienzufuhr nicht gedeckt.
Dieser Artikel erschien erstmals Ende 2023.
Quellen: Studie (Sustainable Production and Consumption), PM Uni Leiden, Bundesamt für Statistik, Welthungerhilfe
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