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Greenwashing-Vorwurf gegen Got Bag – Influencer:innen beenden Kooperation

Greenwashing-Vorwurf gegen Got Bag – Influencer:innen beenden Kooperation
Foto: © Got Bag / Screenshot: Instagram/Louisa Dellert

In Zukunft werden die Taschen von Got Bag vermutlich seltener bei Instagram zu sehen sein, immerhin kündigten Influencer:innen an, die Kooperation sofort zu beenden. Unter ihnen auch Louisa Dellert. Recherchen zeigen, dass das Unternehmen seine Werbeversprechen nicht halten kann.

Stylische Rucksäcke von Got Bag zierten die Fotos von Influencer:innen und deren Werbeposts. Die Marke hatte es geschafft, vor allem auf den sozialen Plattformen ihre Story vom Rucksack aus 100 Prozent recyceltem Meeresplastik glaubhaft zu inszenieren. Der Rucksack, so das Versprechen, liefere damit einen „echten Mehrwert für die Ozeane“. Doch eine Recherche von Zeit Online und Flip zeigt: Das Unternehmen versprach mehr, als es halten kann.

100 Prozent Meeresplastik?

Wie hoch ist der Anteil an Meeresplastik in den Rucksäcken, wollten Zeit Online und Flip wissen. Sie sprachen mit Got Bag-Gründer Benjamin Mandos. Auf die Frage, wie viel Plastik aus dem Meer stammen, wich er dem Bericht zufolge aus und sagte, man müsse in „Werbeanzeigen alles komprimiert rüberbringen“. Bei einem weiteren Austausch hieß es schließlich von Got Bag: „Der Rucksack, Modell „Rolltop“, bestehe zu 59 Prozent aus „Ocean Impact Plastic“.“ Mit der Angabe sei ausschließlich das Gewebe gemeint, Schnallen, Gurte, Beschichtungen und Schäume nicht.  

Woher stammt also die Aussage der 100 Prozent? Influencer:innen und Shops entnahmen dies dem Bericht zufolge der Webseite, jetzt sind die Informationen dort allerdings nicht mehr auffindbar. Auf Nachfrage sagte Mandos, dass in der Vergangenheit Aussagen vermischt worden wären, man den Rucksack nicht als „aus 100 Prozent recyceltem Meeresplastik“ beworben habe. Stattdessen habe man laut Got Bag mit dem Claim „Weltweit erster Rucksack aus Meeresplastik“ und „Gewebe/Textil/Material aus 100 Prozent Meeresplastik“ geworben. Zeit Online und Flip liegen jedoch Belege vor, dass Got Bag auf Facebook das getan hat, was Mandos abstreitet. „World’s first backpack made of 100 % Ocean Plastic“, hieß es dort.

Wie weltrettend ist der Gebrauch von Meeresplastik?

Ob 59 oder 100 Prozent Meeresplastik – Meeresbiolog:innen und Textilforscher:innen sind nicht überzeugt, dass es viel Sinn ergibt, Plastik wieder aus dem Meer zu fischen. Stattdessen gebe es bessere und effiziente Alternativen. „Es gibt keinen Nachweis, dass das wirklich ökologischer ist“, erklärte Textilforscher Kai Nebel von der Hochschule Reutlingen gegenüber Flip. Studien würden sogar darauf hindeuten, „dass man wesentlich mehr Energie in die Produktion steckt, als wenn man neues Plastik nehmen würde“.

In den sechs Jahren seit der Gründung hat Got Bag mehr als 400 Tonnen Plastik aus dem Meer gefischt und verarbeitet. Doch die Umweltbilanz der Rucksäcke ist unklar. Sogar Got Bag selbst kann bisher eigentlich nicht wissen, wie nachhaltig die Rucksäcke sind, da das Unternehmen bisher keine Lebenszyklusanalyse erstellt hat.

Trotzdem warb die Firma bis vor Kurzem mit konkreten Zahlen: Mit einer Tonne Meeresplastik spare man 3,8 Barrel Öl, 1.700 Liter Wasser und über 139 Tonnen CO2-Emissionen im Vergleich zum Industrie-Standard. Auf Nachfrage von Flip und Zeit Online, wie diese Zahlen zustande kommen, hieß es, dass man sich bei den Emissionen verrechnet habe und den Wasserverbrauch nicht valideren könne und die Zahlen deshalb von der Homepage genommen habe. Auch ein beworbener Reparaturservice verschwand dem Bericht zufolge von der Webseite, nachdem durch Nachfrage klar wurde, dass es diesen noch gar nicht gibt.

Die Werbung für die Rucksäcke mit „Ocean Plastic“ hat sich geändert in „Ocean Impact Plastic“. Seit März 2022 ist Got Bag dazu übergegangen nicht nur Plastik aus dem Meer zu fischen und zu verarbeiten, sondern auch in Flüssen, Wälder und Küstenregionen zu sammeln – aus Umweltsicht eine sinnvolle Maßnahme.

Got Bag selbst sieht das auch so und kommentiert die Flip-Recherche auf der eigenen Website und auf Instagram. Das Unternehmen entschuldigt sich für Kommunikationsfehler in der Vergangenheit, glaubt aber daran: „Jeder Plastikbecher und jede Plastikflasche, die wir beseitigen oder daran hindern, ins Meer zu gelangen, ist eine Chance, maritimes Leben und Lebensräume zu bewahren. Und jeder noch so kleine Beitrag dazu hat einen Wert!“

Lies auch: Wie Unternehmen Greenwashing betreiben – und wie du die falschen Versprechen erkennst

Influencer:innen beenden Kooperation

Als Reaktion auf die Recherche nahmen Influencer:innen bei Instagram Stellung. In Stories und Posts verkündeten einige von ihnen, ihre Kooperation mit Got Bag zu beenden. Unter ihnen ist Louisa Dellert, die noch ein paar Tage zuvor einen Werbepost für Got Bag veröffentlichte. Auf ihrem Account schrieb sie: „Ich bin traurig und enttäuscht, weil ich bei der Marke immer dachte, dass sie etwas verändern können.“ Es tue ihr leid, „dass ich auf meinem Account mit Zahlen geworben habe, die so nicht gestimmt haben. Ich bin sauer auf mich, dass ich das nicht von Anfang an der Kooperation mehr hinterfragt habe. Ich habe einfach vertraut.“

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