Ein ganz spezielles Organ bestimmter Fischarten ist zur begehrten Delikatesse geworden – und zum lukrativen Handelsgut. Doch der Boom gefährdet Fischbestände und Ökosysteme.
Die getrockneten Schwimmblasen bestimmter Fischarten gelten vor allem in der asiatischen Küche als Delikatesse, als traditionelles Medizinmittel und als Symbol für Wohlstand. In den vergangenen 25 Jahren ist die Nachfrage nach dem „Fish maw“ genannten Luxusprodukt besonders in Südchina sprunghaft angestiegen – und hat den Handel zu einem äußerst lukrativen Geschäft gemacht. In einem aktuellen Artikel beleuchtet das renommierte Wissenschaftsmagazin Nature die Auswirkungen des boomenden Handels.
An diesem lässt sich offenbar gut verdienen: Laut Nature übersteigen die Preise für „Fish Maw“ mittlerweile die von anderen getrockneten Meerestieren wie Haifischflossen und Seegurken, die ebenfalls vor allem in China beliebt sind.
Doch der Handel mit den getrockneten Schwimmblasen hat eine Schattenseite: Er führt zur Überfischung bedrohter Arten und verursacht massive Schäden an den Ökosystemen der Meere.
Das „Kokain der Meere“: beliebt, wertvoll, dubios
Papua-Neuguinea, insbesondere das Kikori-Delta, ist laut Nature zu einem der wichtigsten Fischgründe für die begehrtesten Fish-Maw-Arten geworden. Fischer:innen im Delta erzielen für die Schwimmblasen der speziellen Umber-Fischart „Nibea squamosa“ schwindelerregende Preise: bis zu 15.600 US-Dollar pro Kilogramm.
Fish Maw werde in einigen Ländern, in denen die Nachfrage hoch ist, „als das Kokain der Meere bezeichnet, weil es so lukrativ ist und die Aufmerksamkeit der organisierten Kriminalität auf sich zieht“, schreibt Nature.
Denn die hohen Preise locken nicht nur lokale Fischer:innen an, sondern auch kriminelle Organisationen. Undurchsichtige Strukturen weltweit und der florierende illegale Handel machen es schwierig, den Umfang des Problems zu erfassen.
Verheerende ökologische Auswirkungen
Der Handel mit den getrockneten Schwimmblasen hat massive ökologische Auswirkungen: Oft werden Stellnetze eingesetzt, welche zu enorm hohen Beifangmengen führen. Versehentlich ins Netz gehen dabei zahlreiche bedrohte Arten wie Haie, Rochen, Delfine und Schildkröten.
Eine Erhebung im Kikori Delta zeigte: Fast die Hälfte des Fangs in Stellnetzen besteht aus Knorpelfischen wie Haien und Rochen – während die eigentlichen Zielarten nur 22 Prozent des Fangs ausmachen. Dabei verenden regelmäßig auch vom Aussterben bedrohte Arten in den Netzen. Forschende befürchten, dass einige Arten, darunter zwei endemische Delfinarten, lokal aussterben könnten, wenn der Einsatz von Stellnetzen weitergeht.
Auch sonst ist die Situation insbesondere im Kikori-Delta besorgniserregend: Das Gebiet mit seinen Wasserarmen und Mangroven bietet bislang eine große Artenvielfalt, gilt als wichtig für lokale Hai- und Rochenarten und ist sogar als UNESCO-Weltnaturerbe nominiert. Die zunehmenden Fischereiaktivitäten bedrohen dieses empfindliche Ökosystem und könnten die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung langfristig zerstören.
Umweltschutz vs. Einkommen für die lokale Bevölkerung
Die Menschen im Kikori-Delta und anderswo stehen vor einem Dilemma: Einerseits profitieren sie von den hohen Einnahmen aus dem Handel mit Fish Maw. Das Geld ermögliche es der lokalen Bevölkerung, der Armut zu entkommen und sich etwa durch Baumaßnahmen an die Folgen der Klimakrise anzupassen, heißt es im Nature-Artikel.
Andererseits würde die Zerstörung der lokalen Ökosysteme ihre Lebensgrundlage gefährden. Der Nature-Artikel zitiert einen Dorfbewohner und Fischhändler: Wenn es andere finanzielle Hilfe gäbe, sei man bereit, die Fischerei einzustellen. „Wir haben Angst“, fügt er hinzu. „Wenn wir alle Mütter der Fische töten, haben wir ein Problem“.
Forschende drängen deshalb auf eine stärkere Regulierung und Dokumentierung des Handels.
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