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„Legaler Betrug“: Hunderttausende Mieter:innen zahlen unnötig hohe Heizkosten

Recherche: Hunderttausende Haushalte zahlen unnötig hohe Heizkosten
„Legaler Betrug“: Hunderttausende Mieter:innen zahlen unnötig hohe Heizkosten ()

Viele Haushalte leiden ohnehin schon unter hohen Heizkosten. Nun zeigt eine aktuelle Recherche von Correctiv: Einige sogenannte Wärme-Contracting-Firmen treiben die Kosten offenbar absichtlich weiter nach oben – und nutzen dabei rechtliche Graubereiche. Das könnte hunderttausende Mieter:innen in Deutschland betreffen.

Für Vermietende ist es bequem, für die Bewohner:innen aber oft unnötig teuer: Beim sogenannten Heizungs-Contracting wird die Wärmelieferung und meist auch der Betrieb der Heizungsanlage an ein separates Unternehmen ausgelagert. Dieses Modell ist gerade bei großen Immobilienfirmen beliebt. Dass auch der Wärmelieferant dabei Profit machen will, liegt auf der Hand.

Rechtliche Schlupflöcher maximal ausgenutzt

Das Recherchenetzwerk Correctiv konnte nun in einer aufwendigen Recherche nachweisen, dass einzelne Firmen dafür systematisch rechtliche Schlupflöcher ausnutzen, Heizkosten teils falsch abrechnen und sogar Heizungsanlagen manipulieren. Das alles geht zulasten der Mieter:innen.

Correctiv hat mehrere Wärmelieferverträge und Abrechnungen aus Berlin, Magdeburg, Stuttgart, Bottrop, Göttingen und Hamburg durch Experti:nnen auswerten lassen. Die komplizierten Preisformeln, die die Anbieter zur Berechnung ihrer Heizpreise heranziehen, sind demnach in allen Fällen entweder „sachlich falsch“, „unwirksam“ oder umstritten. Bei den Mieter:innen lässt das die Kosten steigen.

Gegenüber Correctiv sprachen Branchenkenner:innen von einem „profitablen Geschäftsmodell“ und in einigen Fällen von „legalem Betrug“.

Correctiv: Diese Unternehmen treiben die Heizkosten unnötig nach oben

Die Auswertungen der von Correctiv gesammelten Fälle, die Utopia vorliegen, zeigen ein kompliziertes Geflecht aus Wärmelieferanten („Contractor“) und Immobilienkonzernen. Besonders auffällig agieren die großen Energiedienstleister Techem und Getec plus Tochterfirma. Auf Vermieter:innen-Seite taucht immer wieder der Name des umstrittenen Immobilienriesens Vonovia auf.

Caren Lay, Sprecherin der Linken im Bundestag für Mieten-, Bau und Wohnungspolitik, sagte gegenüber Correctiv: „Es drängt sich der Verdacht auf, dass es um systematische Ausnutzung und Abzocke geht.“

Mieter:innen von Vonovia beklagen bereits seit längerem massive Heizkostensteigerungen durch das Wärme-Contracting bei maximaler Intransparenz. Brisant: Über das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, das Vonovia kürzlich geschluckt hat, ist der Konzern am Wärme-Contractor Getec beteiligt.

Hunderttausende Mieter:innen betroffen

Alles in allem steckt hinter den Wärmelieferungen in Teilen Deutschlands offenbar ein verschlungenes Netzwerk, bei dem einige wenige Branchenriesen sich gegenseitig Profite zuschustern – viele hunderttausende Mieter:innen aber finanziell leiden.

„In der Rechtsberatung sehen wir seit einigen Jahren derart hohe Preise, insbesondere beim Contracting, wo schätzungsweise ein Euro pro Quadratmeter mehr anfällt als bei anderen Wärmeversorgungsarten“, sagt die Sprecherin des Berliner Mietervereins, Franziska Schulte, gegenüber Correctiv.

Während der Verbraucherzentrale Bundesverband schätzt, dass deutschlandweit mindestens hunderttausende Mieter:innen von überhöhten Kosten durch Contracting betroffen sind, zeigen Branchenzahlen: Rund vier Millionen Wohnungen werden über Contracting-Verträge mit Wärme versorgt. Wie viele davon finanziell profitieren, ist fraglich.

Auch das Klima hat wenig davon

Theoretisch kann Wärme-Contracting für Vermietende ein Anreiz sein, eine alte Heizungsanlage durch eine neue, effizientere auszutauschen, etwa eine Wärmepumpe. Denn die Kosten müssen sie dann nicht selbst tragen. Von einer effizienteren Heizung können auch Mieter:innen mittelfristig durch niedrigere Heizkosten profitieren – und das Klima.

In der Praxis jedoch läuft bei der Vergabe von Wärmeliefer-Verträgen an Fremdfirmen oft einfach die alte Gasheizung weiter, während die Kosten steigen. Mit rund 70 Prozent ist Gas noch immer der wichtigste Energieträger in den Contracting-Anlagen. Das zeigen die Zahlen des Lobbyverbands Vedec für 2023.

Überteuerte Contracting-Verträge: Was können Betroffene tun?

Wer den Verdacht hat, dass durch Wärme-Contracting unverhältnismäßig hohe Heizungskosten entstanden sind, sollte als Erstes seine Heizkostenabrechnung überprüfen. Wenn Fernwärme abgerechnet wird, obwohl das Haus mit Gas beheizt wird, spricht das für einen Wärmeliefer-Vertrag. Diesen Vertrag sollte man von den Vermietenden anfordern.

Damit kann man sich dann zunächst an einen Mieterschutzverein wenden. Zudem sollte man das Gespräch mit den Vermietenden suchen. Fachanwält:innen können helfen, die Rechtmäßigkeit der Forderungen zu prüfen und gegebenenfalls bei der weiteren Kommunikation unterstützen. Wenn sich mehrere Nachbar:innen zusammenschließen, haben sie oft bessere Chancen, gehört zu werden.

Die geforderten Zahlungen zurückzuhalten, hat zwar bei einzelnen Fällen gegenüber der Vonovia und Deutsche Wohnen für Mieter:innen zum Erfolg geführt. Allerdings sollte man sich vor einem solchen Schritt dringend Rechtsberatung suchen.

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