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Mehr Verlage stellen in Schulbüchern endlich die ganze Klitoris dar

Klitoris Schulbuch
Foto: CC0 / Pixabay / lil_foot_

Sehr selten schaffte es die anatomisch korrekte Abbildung der weiblichen Geschlechtsorgane bisher in die Schulbücher. Doch es tut sich was – auch in Deutschland.

Mit dem Alter zwischen 11 und 14 Jahren setzt bei den meisten Jugendlichen die Geschlechtsreife ein. Spätestens dann werden Themen wie der erste Kuss oder Geschlechtsverkehr erstmals relevant. Trotz sexueller Aufklärung bleiben oft Fragen rund um die Sexualität offen.

So wissen die meisten Jungen und Mädchen schon früh, wie ein Penis aussieht. Mit der Anatomie der Klitoris ist jedoch ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen und auch Erwachsenen nicht vertraut.

Wie groß das gesellschaftliche Interesse an diesem Thema auch über das Jugendalter hinaus ist, zeigt eine Studie am Luzerner Kantonsspital in der Schweiz: Sie zeigte, dass die anatomische Vielfalt zu groß ist, um eine «normale» Größe der Vulva zu bestimmen. Nachdem die Ergebnisse in einem Bericht in der Schweizer Zeitung „20 Minuten“ publiziert wurden, folgte ein internationales Medienecho, das zeigte, dass die Komplexizität und Vielfalt des Themas einen gesellschaftlichen Diskurs notwendig macht.

In den meisten Lehrbüchern in Deutschland wird die Klitoris nicht korrekt abgebildet. Dagegen regt sich jetzt Widerstand.

Französische Initiativen setzten sich für Klitoris-Abbildungen in Lehrbüchern ein

Französische Verbände und Feminist*innen setzen sich für eine realistische Darstellung der weiblichen Klitoris in Schülbüchern ein.
Französische Verbände und Feminist*innen setzen sich für eine realistische Darstellung der weiblichen Klitoris in Schülbüchern ein.
(Foto: CC0 / Pixabay / LustySecrets)

Vor einigen Jahren rief eine Petition der Aktivistin Julia Pietri gemeinsam mit feministischen Verbänden in Frankreich zur Veränderung auf, die Klitoris korrekt darzustellen. Jedoch wies die Regierung die Handlungskompetenz bisher von sich. Dabei sei es wichtig, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern abzuschaffen, indem man gegen die Diskrimierung der Frauen und der Einteilung in starke beziehungsweise schwache Geschlechter vorgehe.

Trotzdem hat sich was getan. Als erster Verlag in Frankreich zeigt der Verlag Magnard bereits seit 2017 die weiblichen Geschlechtsorgane mitsamt der Klitoris in seinen Lehrbüchern. Dies sei, wie die Co-Autorin und Biologielehrerin Béatrice Salviat gegenüber der TAZ betont, „eine bewusste Entscheidung“ gewesen, damit Mädchen „durch die realitätskonforme Abbildung der Klitoris ein besseres Bild von sich selbst bekommen“. 2019 folgten vier weitere Verlage.

Verlage in Deutschland ziehen nach

In Deutschland ist das öffentliche Interesse zum Thema erheblich geringer als im Nachbarland. Es gibt weder Petitionen noch Studien, die sich mit der Klitoris in Schulbüchern auseinandersetzen. Erschwerend hinzu kommt der Förderalismus, sodass jedes Bundesland unterschiedliche Schulbücher mit verschiedenen Inhalten verwenden kann. Zudem gibt es, obwohl die Kultusministerkonferenz Empfehlungen für die Länder herausgibt, keinen einheitlichen Lehrplan. Somit wird die Verantwortung über die Inhalte wie in Frankreich den Verlagen überlassen.

Nicht nur in den französischen Lehrbüchern besteht demzufolge ein Defizit bei den Abbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane: Auch bei den deutschen Verlagen, die die Schulbücher herausgeben, ist die korrekte Darstellung nur in der Minderheit vorhanden.

2020 bildete laut TAZ lediglich die Publikationen von Cornelsen für Schüler der 8. Klasse in Bayern die Klitoris im Gesamten ab. Eine Veränderung tritt nur langsam in Kraft, da die Schulbuchverlage laut TAZ eine „redaktionelle Freiheit“ haben und sich ihre Inhalte nicht vorschreiben lassen. Mittlerweile hat Cornelsen die korrekte Darstellung auch auf seine anderen Bücher ausgeweitet. Jetzt ziehen auch die Schulbuchverlage Westermann und Klett nach.

Andere Verlage zeigen die Klitoris oft als Knubbel, der nicht in seiner tatsächlichen Größer dargestellt wird. Bei Cornelsen zum Beispiel spricht man hingegen, wie die TAZ schreibt, von „einem Schwellkörper, der der Eichel des Penis in seiner Funktion gleicht“ und somit für die sexuelle Erregung bedeutsam ist.

Utopia meint: Diskussionen über die Klitoris könnten zum Umdenken bewegen

Lobenswert ist auch, dass Klett statt "Schamlippen" den Begriff "Vulvalippen" verwendet.
Lobenswert ist auch, dass Klett statt "Schamlippen" den Begriff "Vulvalippen" verwendet.
(Foto: Klett)

Aufgrund der Erkenntnisse ergeben sich immer mehr Diskussionen um die fachlich korrekte Präsentation der Klitoris. Dadurch entfacht sich ein Diskurs, in dem es auch um die Gleichheit der Geschlechter geht – ein unterstützenswertes Unterfangen. Es bleibt zu erhoffen, dass sich weitere Verlage anschließen, die Klitoris korrekt in ihren Schulbüchern darzustellen.

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