Paartherapeutin Juliette Boisson ist der Überzeugung, manipulatives Verhalten kommt in jeder Beziehung vor. Ob die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, oder ob es sich lohnt dafür zu kämpfen, kann der Psychologin zufolge eine Frage der inneren Haltung sein.
In jeder Beziehung gibt es Streit. Doch nicht jede Beziehung ist manipulativ. Wo liegt der Unterschied zwischen einer Beziehung, die durch ihre Konflikte wächst und einer toxischen Beziehung, in der sich die Partner:innen manipulieren? Paartherapeutin Juliette Boisson aus München berät in ihrer Praxis Menschen, die genau dies versuchen herauszufinden. In einem Interview mit Ze.tt erklärt sie, was Manipulation mit der eigenen inneren Haltung zu tun hat.
Paartherapeutin: „Manipulation beginnt bei der inneren Haltung“
„Wenn es Ihnen weniger um Dialog geht, sondern Sie Ihr Ziel um jeden Preis erreichen möchten, agieren Sie wahrscheinlich manipulativ“, so Boisson. Noch eindeutiger werde es, wenn Partner:innen zunehmend bestrafend reagieren. Dabei kann eine Bestrafung unterschiedliche Formen annehmen. Erpressung, Ignorieren, Schweigen, bis hin zu psychischer oder sogar physischer Gewalt.
Grundsätzlich gehe es darum, Partner:innen zu unterwerfen, erklärt die Paartherapeutin. Anzeichen müssen demnach nicht immer offensichtlich sein, es geht der Expertin zufolge auch subtiler – etwa, wenn Handlungen oder Aussagen signalisieren: „Wenn du mich liebst, dann tust du das für mich“.
Selbstverständlich gibt es auch in gesunden Beziehungen Konflikte und gegenläufige Interessen. Boisson argumentiert, dass Beziehungen zunehmend manipulativer werden, müssten sich Partner.innen andauernd unterordnen. Weil das aber auch in gesunden Beziehung vorkommt und zur Kompromissfindung ab und an dazugehört, helfe es bei der Abwägung Bilanz zu ziehen: Fühlt man sich grundsätzlich wohl in der Beziehung? Befindet sich die Beziehung generell im Gleichgewicht? Wie häufig treten die Phasen auf, in denen man sich unwohl fühlt, weil man sich unterordnet?
Wenn diese Phasen immer häufiger werden, dann müsse man sich fragen, ob sich die Arbeit an der Beziehung lohnt. Boisson erklärt: „Auf Partner:innen Druck auszuüben, um bestimmte Verhaltensweisen zu erzwingen, funktioniert in einer gesunden Beziehung jedenfalls nicht“.
Was, wenn man selbst manipulativ handeln?
Doch was, wenn man selbst manipulativ handelt? Boisson erläutert, dass den Menschen dann oft schon helfe, die Perspektive zu wechseln. Sie schildert die Geschichte einer Patientin, die nach dem Glaubenssatz „Wenn du mich liebst, dann tust du das mich“ lebte. Sie habe beispielsweise erwartet, dass ihr Partner ihr täglich Nachrichten schreibe. Als er das nicht tat, sah sie darin den Beweis, dass er sie nicht liebe. Aus diesem Glaubenssatz entstand demnach der Vorwurf „Du liebst mich überhaupt nicht“. Das setze Partner:innen erheblich unter Druck, so Boisson.
Die Therapeutin habe die Person dann dabei unterstützt, die eigenen Handlungen zu reflektieren, indem sie sich in die Situation des Partners versetzte.
Was wäre eine gesunde innere Haltung?
Doch, ist es schon mainpulativ, nur weil man gewisse Dinge von Partner:innen erwartet? Boisson verneint klar. „Ich versuche meinen Klient:innen zu vermitteln, dass sie das, was Partner:innen einem geben, als Geschenk zu betrachten. Dass sie die Liebe als Geschenk begreifen und sie nicht an Forderungen knüpfen“, erklärt sie weiter.
Liebe sei also grundsätzlich bedingungslos. Daher wäre eine gesunde Haltung: „Ich bin mit diesem Menschen in einer Liebesbeziehung, weil ich ihn liebe und nicht, weil er bestimmte Dinge für mich tut„, so Boisson. Sollte man dennoch feststellen, dass die Erwartungen von Partner:innen nicht erfüllt werden, dann müsse das aber nicht zwingend auf Manipulation hindeuten. Sondern könnte ein Hinweis sein, dass man schlichtweg nicht zusammen passe.
Hinweis: Solltest du Gewalt in deiner Beziehung erfahren, kannst du unter anderem das Hilfetelefon der Bundesregierung kontaktieren unter 08000 116 016.
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