Utopia Image

Schlechtes Arbeitsumfeld: Die 3 großen Cluster – und wie du handeln kannst

Ein ungesundes Arbeitsumfeld kann verschiedene Formen annehmen.
Foto: CC0 / Pixabay / kirill_makes_pics

Ein ungesundes Arbeitsumfeld kann verschiedene Formen annehmen. Welche das sind, welche Rolle kulturelle Cluster dabei spielen und was man dagegen tun kann, erläutert ein Experte.

Eine raue Kommunikationsweise unter Vorgesetzten und Kolleg:innen, Leistungsdruck, eine unangemessene Bezahlung – ein toxisches Arbeitsumfeld kann sich auf diverse Weisen äußern.

Woran aber kann man ein ungesundes Arbeitsklima noch erkennen? Und was lässt sich dagegen tun? Das sind nur einige der Fragen, denen sich Carsten Schermuly widmet. Er ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der SRH Berlin University of Applied Sciences und dort Vizepräsident für Forschung und Transfer.

Bereits letztes Jahr erschien sein Buch „New Work Utopia“ – hier schilderte er anhand eines fiktiven Unternehmens die Vision einer besseren Arbeitswelt. Sein neues Buch „New Work Dystopia“, das nun im Haufe Verlag erschienen ist, nimmt dem Titel nach einen Gegenpol zum Vorläufer-Buch ein. 

Welche Rolle kulturelle Cluster in der Wirtschaftspsychologie einnehmen, welche Alarmzeichen es für toxische Arbeitsumfelder gibt und was man gegen sie tun kann, erklärt Schermuly im Interview mit dem Spiegel.

Auf diese Anzeichen sollte man achten

Sogar schon vor der Bewerbung um eine Anstellung bei einem Unternehmen könne es erste Anzeichen geben, die Hinweise auf ein ungesundes Arbeitsumfeld geben, so Schermuly.

Etwa die Bildsprache auf der jeweiligen unternehmenseigenen Homepage: „Da sitzt dann doch wieder der männliche Kollege vor dem Computer und die Frau bringt die Unterlagen.“

Auch die Zusammensetzung von Teams im Unternehmen, wie etwa der Auswahlkommission, könne ein Indikator für ein ungesundes Arbeitsumfeld sein, erklärt Schermuly gegenüber dem Spiegel. Wichtig könne so etwa sein, sich zu fragen, wie divers diese Gruppe ist.

Oder, wie es um die Qualität des Auswahlgesprächs bestellt ist: „Wenn das Unternehmen sich da nicht mehr Mühe gibt, gibt es meistens auch keine Qualität in der Führung“. Auch solle man Wert darauf legen, ob das Gespräch auf Augenhöhe stattfindet, betont der Wirtschaftspsychologe.

Hierunter leiden Angestellte besonders

Für das Aufkommen einer toxischen Arbeitskultur gebe es sogar ein paar recht offensichtliche Gründe, erklärt Schermuly dem Spiegel. Dazu gehören unter anderem zu niedrige Löhne, Ausbeutung oder das Säen von Zwietracht unter Kolleg:innen. 

In solchen Fällen könne man etwa den Betriebsrat verständigen oder notfalls sogar klagen. Schwieriger werde es, wenn die Toxizität „langsam einsickert und nicht so offenkundig ist“. 

Ungeschriebene Gesetze innerhalb des Unternehmens, die von „negativen Werten und Normen abgeleitet werden, können sehr schädlich sein“. Unter anderem aus diesem Grund ist es laut dem Wirtschaftspsychologe wichtig, sich gegen sie zu wehren.

Führungsstile: Die drei Cluster

In der Wirtschaftspsychologie wird laut Schermuly zwischen drei großen Clustern der Arbeitskulturen unterschieden. Hierzu gehören konstruktive Führungsstile, aggressive und defensive Stile. Erstere wirkten sich grundlegend positiv auf das Arbeitsklima aus – aggressive und defensive Führungsstile dagegen negativ.

„Bei den aggressiven Stilen herrschen Werte wie Perfektionismus vor. Da darf man auf keinen Fall Schwäche zeigen oder Fehler begehen“, so der Experte. In derartigen Arbeitskulturen gehe es darüber hinaus vermehrt um Wettbewerb – und zwar unter den Kolleg:innen. 

Das sei ein ständiger Kampf um Ressourcen und Einfluss. In Unternehmen dieser Art höre man vermehrt Sätze wie „Wir stellen nur Gewinner ein“, oder „Work hard, play hard“. Aggressive Führungsstile schließen defensive aber nicht aus – häufig liegen beide gemeinsam vor.

Die defensive Kultur hingegen zeichne sich dadurch aus, dass ihre Akteur:innen immer einer Meinung sein müssen und niemand herausstechen darf. Wer neue Ideen hat, werde deshalb gerne dafür bestraft, etwa mit zusätzlicher Arbeit. Außerdem ist diese Unternehmenskultur durch Ausweichverhalten gekennzeichnet. Probleme würden in die Zukunft delegiert. „Aber in Wirklichkeit geht es einfach nur darum, dem Konflikt aus dem Weg zu gehen“, sagt der Experte.

Um derartige Fälle zu klassifizieren, benutze Schermuly gerne den Begriff „Todeswerte„, erklärt der Autor. „Defensivität, Aggressivität und Diskriminierung“ – kurz „DEAD“.

Mögliche Gegenstrategien

Ist ein ungesundes Arbeitsklima erst einmal geschaffen, kann es für alle Beteiligten schnell ungemütlich werden. Damit das Arbeitsumfeld gar nicht erst droht, toxisch zu werden, brauche es „gemeinsame Werte, die nicht nur aus beliebigen Schlagworten bestehen, sondern visionär und attraktiv sind“, hält der Autor von „New Work Dystopia“ fest.

Zu bedeutenden positiven Werten gehörten etwa Selbstbestimmung und das Vergeben sinnvoller Aufgaben für Beschäftigte. Darüber hinaus sei es essenziell, dass Mitarbeiter:innen eines Unternehmens immer wieder an diese Werte erinnert würden, erklärt Schermuly dem Spiegel.

Denn: Vorherrschende Werte und Normen in einem Unternehmen würden immer wieder reproduziert. Dies zu durchbrechen sei sehr schwierig, gibt der Wirtschaftspsychologe zu bedenken. „Wenn in einem Unternehmen die Aggressiven nach oben kommen, wird dieses Verhalten als Erfolgsmodell wahrgenommen“, verdeutlicht er. 

Dann könne Coaching helfen. Besonders wichtig ist laut dem Wirtschaftspsychologen aber, Beschäftigte für das Unternehmen zu gewinnen, die als Träger:innen einer neuen Arbeitskultur fungieren könnten.

Verwendete Quelle: Spiegel

Hier weiterlesen auf Utopia.de:

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Vielen Dank für deine Stimme!