Die Corona-Pandemie brachte das öffentliche Leben zeitweise zum Stillstand. Nun fanden Wissenschaftler:innen heraus, wie sich Lockdowns und Isolation auf das Gedächtnis auswirken können.
Sei es durch Lockdowns, Homeoffice oder Online-Schulstunden: Die Coronavirus-Pandemie hat für viele Menschen einen enormen Einschnitt in ihr Alltagsleben bedeutet und eine Umstrukturierung bis dahin etablierter Gewohnheiten gefordert. Dass die dadurch erfahrbar gewordene Isolation weitreichende Auswirkungen auf das Erinnerungsvermögen haben kann, fanden Wissenschaftler:innen der Universität Aberdeen in Großbritannien nun heraus. Unter anderem der Spiegel berichtet.
Daria Pawlak und Professor Arash Sahraie vom psychologischen Institut der Universität legten demnach insgesamt 277 Studienteilnehmer:innen einen Test vor, in dem sie 20 medialen Großereignissen der Jahre 2017 bis 2021 die entsprechende Jahreszahl ihres Eintreffens zuordnen sollten.
Wie zu erwarten erinnerten sich die Befragten dabei besser an kürzer zurückliegende Ereignisse als an solche aus der entfernteren Vergangenheit. Ein Ergebnis jedoch überraschte: Die Studienteilnehmer:innen erinnerten sich in auffallend ähnlicher Weise schlecht an mediale Großereignisse des Jahres 2021 wie an deutlich weiter zurückliegende, resümieren die Wissenschaftler:innen im Fachjournal Plos One.
Corona-Lockdown: Menschen erinnerten sich schlechter
Dabei hätten die Erinnerungen der Befragten an die Nachrichten aus dem Jahr 2021 eigentlich noch frisch sein müssen, denn die Studie wurde im Mai 2022 durchgeführt. Und dennoch haben sich die Proband:innen nur schemenhaft an die Geschehnisse des vorigen Jahres erinnern können und ordneten diese ebenso oft falsch zu wie etwa jene aus dem Jahr 2017.
Die These der Wissenschaftler:innen: Die Probleme hinsichtlich des Erinnerungsvermögens der Befragten lassen sich auf die Lockdowns zurückführen, die das öffentliche Leben in mehreren europäischen Ländern im Jahr 2021 zum Erliegen brachten.
„Tatsächlich ist es so, dass die Pandemie dazu geführt hat, dass sich Menschen weitaus weniger daran erinnern, wann bestimmte Ereignisse sich zugetragen haben“, wird Professor Sahraie zitiert. Dabei sei besonders auffällig, dass Menschen mit Anzeichen von Stress, Angst und Depressionen sich schlechter erinnern konnten als andere ohne diese Symptome.
Eine Art „Zeitschleife“
Eine Erklärung für den Zusammenhang zwischen Lockdown und veränderter Zeitwahrnehmung könnte laut Professor Sahraie in dem Phänomen „verlangsamter Zeit“, beziehungsweise eines veränderten weil scheinbar verlangsamten Zeitempfindens liegen. Dies könne laut der Professorin etwa dann auftreten, wenn Menschen weit weniger Geschehnissen im Alltag ausgesetzt sind, als es üblicherweise der Fall ist.
Laut Professor Sahraie legen die Ergebnisse der Studie eine Art „Zeitschleife“ nahe: „Die im Zuge der Pandemie getroffenen Ausgangsbeschränkungen haben alle zeitlichen Orientierungspunkte wie Geburtstagsfeiern, Beerdigungen, Urlaube oder sonstige Zusammenkünfte außer Frage gestellt. Ohne diese Orientierungspunkte in der Zeit, drohen Ereignisse für die meisten Menschen zu verschwimmen“, stellt Sahraie fest.
Und obwohl man nun dabei sei, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Schritt für Schritt zu erkennen und nachzuvollziehen, würden ihre Auswirkungen auf Körper und Psyche wohl noch über längere Zeit von Bedeutung sein.
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