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Temu hat jetzt mehr Nutzer:innen als Amazon –doch App verstößt weiter gegen Verbot

Temu hat jetzt mehr Nutzer:innen als Amazon –doch App verstößt weiter gegen Verbot
Foto: Hannes P Albert/dpa

Ultra-Fast-Fashion-Shops wachsen weiter rasant. Temu hat einer Auswertung zufolge inzwischen mehr monatliche Nutzer:innen als Amazon. Doch die Kritik an der Plattform lässt nicht nach. Eine Untersuchung der Verbraucherzentrale wirft der Shopping-Plattform etwa Manipulation vor – ebenso wie 17 weiteren Anbietern.

Die chinesische Plattform Temu überholt Amazon bei den weltweit monatlich aktiven Nutzer:innen. Das geht aus einer Auswertung von US-Analysehaus Bernstein hervor, über die das Online-Magazin T3n berichtet. Gleichzeitig zeigt eine Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), dass Temu weiterhin manipulative Designs in der eigenen App einsetzt, obwohl diese verboten sind. Das Verbot betrifft auch zahlreiche andere Online-Shops und -Plattformen – darunter Amazon.

Auswertung: Temu überholt Amazon bei monatlichen Nutzer:innen

Die chinesische Handelsplattform Temu hat in den letzten zwei Jahren immer wieder Rekorde gebrochen und übertrifft der Untersuchung zufolge nun sogar Amazon bei der Anzahl der monatlich aktiven Nutzer:innen weltweit. T3n betont, dass die Entwicklung bemerkenswert sei, da Amazon ein etabliertes, weltweites Netz an Versandzentren betreibe, Temu habe noch kein entsprechendes System entwickelt. Außerdem verkaufe Temu vor allem niedrigpreisige Waren und kleinere Warenkörbe, Amazon weise einen höheren durchschnittlichen Verkaufspreis auf.
 
Die Analysten von Bernstein schätzen, dass Temu 2024 Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar verkauft habe – für 2025 erwarten die Analysten ein Wachstum auf 70 bis 80 Milliarden Dollar. Temu verzeichnete zuletzt eigenen Angaben zufolge 16,3 Millionen monatliche Nutzer:innen in Deutschland und 97,3 Millionen monatliche Nutzer:innen EU-weit.

Kritik an Temu: Manipulation durch Dark Patterns

Trotz des wirtschaftlichen Erfolgs steht Temu immer wieder in der Kritik, unter anderem wegen schlechter Produktqualität, Schadstoffen und Intransparenz entlang der Lieferkette. Kritiker:innen werfen dem Unternehmen auch vor, dass es den weltweiten Lufttransport beeinträchtige und Kosten für Zoll und Steuern mit Tricks umgehe – Utopia berichtete. 

Außerdem machte Temu immer wieder Schlagzeilen, weil dem Konzern vorgeworfen wird, Kund:innen durch manipulative Designs zu beeinflussen. Im März 2024 hatte der VZBV Temu abgemahnt – auch weil der Shop Kund:innen mittels manipulativer Designs (Dark Patterns) manipuliert haben soll. Das Unternehmen gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab.
 
Die Verbraucherzentrale definiert Dark Patterns als „manipulative Designs oder Prozesse, die Nutzer:innen einer Website oder App zu einer Handlung überreden sollen.“ Besonders problematisch seien Hyper-Engaging-Dark-Patterns (HEDP), die die Verweildauer auf der Plattform erhöhen können.

Die VZBV zählt etwa aufdringliche Benachrichtigungen, Autoplay-Funktionen sowie der Einsatz von Gamification- und Glücksspiel-Elementen dazu. „Diese Mechanismen können suchtähnliches Verhalten fördern und sich langfristig negativ auf die mentale Gesundheit von Verbraucher:innen auswirken“, warnen die Verbraucherschützer:innen.

Untersuchung: Nicht nur Temu nutzt manipulative Designs

Nun hat der VZBV eine neue Untersuchung durchgeführt und 18 Social-Media-Plattformen und Online-Marktplätze darauf untersucht, ob sie HEDP einsetzen – auch Temu und Amazon. Das Ergebnis: Alle Anbieter nutzten die Mechanismen und verstoßen nach Verständnis des VZBV damit gegen den Digital Services Act (DSA).
 
Bei den betroffenen Anbietern handelt es sich um AliExpress, Amazon, Ebay, Facebook, Instagram, Kaufland, LinkedIn, Mediamarkt, Otto, Pinterest, Shein, Snapchat, Temu, TikTok, X, Wish, YouTube und Zalando.
 
Der VZBV fordert die Bundesnetzagentur und die Europäische Kommission auf, den DSA konsequent durchzusetzen und schädliche Designpraktiken zu regulieren. Die Verbraucherschützer:innen verlangen außerdem unter anderem ein allgemeines Manipulationsverbot und mehr Sorgfaltspflichten für Unternehmen. „So sollten zum Beispiel die Grundeinstellungen von Webseiten und Apps so gestaltet sein, dass Verbraucher:innen weder manipuliert noch behindert werden“, schreibt der VZBV.

EU-Kommission hat Verfahren eingeleitet, Deutschland beschließt Aktionsplan

Nicht nur die Verbraucherzentralen prüfen Temu kritisch. Im Oktober leitete die Europäische Kommission ein formales Verfahren ein, auch um zu prüfen, ob die Gestaltung des Dienstes süchtig mache. Es soll auch untersucht werden, ob die Plattform etwa genug gegen den Verkauf illegaler Produkte vorgehe. Die Brüsseler Behörde hatte bereits ähnliche Verfahren gegen X (früher Twitter), Tiktok und AliExpress eröffnet.

Am 29. Januar hat die Bundesregierung für Deutschland einen Aktionsplan E-Commerce verabschiedet. Mit den enthaltenen Maßnahmen soll bestehendes Recht im Onlinehandel auch gegenüber Anbietern aus Drittstaaten durchgesetzt werden, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Geplant sind unter anderem eine engere Zusammenarbeit und mehr Befugnisse der nationalen und europäischen Marktüberwachungsbehörden und des Zolls. Die Bundesregierung fordert außerdem die Europäische Kommission auf, den Sanktionsrahmen im Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) auszuschöpfen, sodass „Geldbußen eine abschreckende Wirkung entfalten können.“

Mit Material der dpa

Verwendete Quellen: t3n, VZBA, Verbraucherzentrale Dark Patterns

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