Der Weltklimarat warnt erstmalig vor dem Phänomen der Gewässerbräunung als Folge der Klimakrise. Die Braunfärbung von Seen und Flüssen könne die Trinkwasserversorgung und Artenvielfalt gefährden sowie zu höheren CO2-Emissionen führen.
Nicht nur schmelzende Gletscher, verblichene Korallenriffe und zunehmende Desertifikation sind die bereits jetzt sichtbaren Folgen der Klimakrise in der Natur. Auch an Seen und Flüssen zeigen sich im Zuge der globalen Erderwärmung optische Veränderungen. Die sogenannte Gewässerbräunung lässt Seen und Flüsse braun werden – viel mehr als ein rein ästhetischer Makel ist die Gewässerbräunung jedoch ein ernstes Problem für die Trinkwasserversorgung und die Artenvielfalt. Daher warnt der Weltklimarat in seinem sechsten Sachstandsbericht erstmals vor der Braunverfärbung von Gewässern.
Wie entstehen braune Seen und Flüsse?
Für die Braunverfärbung verantwortlich ist vermehrtes organisches Material, das entsteht, wenn sich beispielsweise Holz und Blätter zersetzen. Wird dieses Material aus dem umliegenden Boden durch Niederschlag in einen Fluss oder See gespült, verfärbt sich das Gewässer braun. Aufgrund des Klimawandels tritt solcher Starkregen immer häufiger auf.
Diesen Vorgang stellten Wissenschaftler:innen vor allem in Skandinavien und Kanada in den letzten Jahren vermehrt fest. Wie das Wissenschaftsmagazin Spektrum berichtet, ist eine der ersten Forschenden, welche die Braunverfärbung von Seen und Flüssen mit den Klimaveränderungen in Verbindung brachte, die deutsch-schwedische Erdsystem-Wissenschaftlerin Gesa Weyhenmeyer. Bereits 2015 veröffentlichten sie und ihr Team eine Studie über das Phänomen.
Gegenüber Riffreporter erklärt Gesa Weyhenmeyer, dass wärmere Temperaturen die Entstehung von mehr organischem Material verursachen. Das allein sorgt jedoch nicht für die vermehrte Braunverfärbung. Weitere Faktoren spielen eine Rolle: Laut Gesa Weyhenmeyer seien dies Landnutzung, Lufttemperatur sowie Niederschlag.
Besonders anfällig für die Braunverfärbung seien Gebiete, in denen es wärmer, aber nicht trockener würde, was vielerorts in Schweden oder auch in Teilen Deutschlands der Fall ist. Dort führt „die Kombination von warmen Temperaturen und erhöhtem Niederschlag vor allem im Winter, wo Schnee durch Regen ersetzt wird, zur starken Bräunung von Gewässern“, erläutert die Forscherin im Interview.
Das bestätigt Harald Biester, Leiter der Arbeitsgruppe für Umweltgeochemie am Institut für Geoökologie der Universität Braunschweig. Er prognostiziert Spektrum zufolge, dass auch im Harz Flüsse insbesondere in den Waldgebieten der Mittelgebirge zunehmend braun verfärbt werden. Auch hierfür seien vor allem Starkregenfälle verantwortlich, die im Zuge der Klimakrise häufiger auftreten, und vermehrt organisches Material in die Gewässer spülen.
Welche Folgen hat die Braunverfärbung von Gewässern?
Gesa Weyhenmeyer sieht Riffreporter zufolge, dass braune Seen und Flüsse weitreichende Konsequenzen für ihre jeweiligen Ökosysteme, die Trinkwasserversorgung sowie für das Klima haben:
- Artensterben: Durch die Ansammlung organischen Materials absorbieren Gewässer die Sonnenstrahlen, statt sie zu reflektieren. Somit erwärmt sich die Wasseroberfläche stärker, während sich das Tiefenwasser abkühlt. Diese veränderte Wasserschichtung führt zu einem Sauerstoffmangel vor allem am Boden des Gewässers. Die dort lebenden Lebewesen leiden laut der Forscherin besonders unter dem Sauerstoffmangel. Die Folge sei, dass dadurch lokale Tierarten aussterben könnten.
- Trinkwasserversorgung: Mehr organisches Material in den Gewässern bedeutet mehr Nährböden für potentiell gefährliche Mikroorganismen, die das Wasser belasten können. Daher sei bei der Trinkwasseraufbereitung möglicherweise mehr Chemie notwendig.
- Klima: Spektrum erläutert ein weiteres Problem brauner Seen und Flüsse: Wenn Mikroorganismen das organische Material zersetzen, produzieren sie CO2. Je mehr es davon in den Gewässern gibt, desto mehr Nahrung steht den Kleinlebewesen zur Verfügung, wodurch auch mehr Kohlendioxid entsteht. Somit könnten sich Flüsse und Seen von einer CO2-Senke zu einer CO2-Quelle entwickeln.
Ein wichtiger Ansatz, um der Braunverfärbung von Gewässern entgegenzuwirken, ist die Renaturierung von Auen. Diese können das Oberflächenwasser filtern und es so in der Landschaft halten, sodass es nicht in Gewässer gespült wird. Doch ein Drittel aller Auen steht zurzeit nicht als Versickerungsraum zur Verfügung, da sie als Ackerflächen sowie als Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen dienen. Eine nachhaltige Landwirtschaft würde es ermöglichen, Auen wieder ökologisch intakt zu bringen. Du selbst kannst diese unterstützen, indem du Bio-Produkte kaufst und möglichst auf Saisonalität und Regionalität deiner Lebensmittel achtest. Mehr dazu hier: Nachhaltige Landwirtschaft: Das kennzeichnet sie
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