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Psychologe über zu viel Smartphone-Zeit: „Fomo“ und warum Digital Detox wenig bringt

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Foto: CC0 / Unsplash / Priscilla Du Preez; CC0 / Unsplash / Robina Weermeijer

Smartphones begünstigen die Angst, etwas zu verpassen. Neudeutsch heißt das Fomo – „fear of missing out“ – und das ist nicht die einzige Folge für das Gehirn. Ein Psychologe erklärt, warum auch ein Digital Detox nur begrenzt helfen kann.

Seit das erste iPhone vor 15 Jahren auf den Markt gekommen ist, sollen schätzungsweise fünf Milliarden Menschen weltweit ein Smartphone benutzen, also etwa 60 Prozent der Weltbevölkerung. Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie auf der Universität Ulm, untersucht den Einfluss, den das Handy auf das Leben und Denken seiner Nutzer:innen hat.

Im Interview mit der Zeit erklärt er, dass das Smartphone zwar nicht generell dümmer mache, aber sich trotzdem auf das menschliche Gehirn auswirke. Das passiere unter anderem in Form des „Fomo-Phänomens“, also der Angst, etwas zu verpassen, weil man es in den sozialen Medien nicht mitbekommt.

Eine wirkungsvolle Abhilfe soll dem Experten zufolge allerdings kein Digital Detox sein – ein Trendbegriff für einen freiwilligen zeitweisen Entzug der digitalen Medien und Geräte – sondern eine dauerhaft reduzierte Nutzungsdauer und mehr Verantwortung auf Seiten der Plattformbetreiber

Das Smartphone macht nicht dümmer – aber die Konzentration leidet

Wie Psychologe Montag erklärt, hat das Smartphone mittlerweile viele Aufgaben im Alltag übernommen, für die Menschen in der Vergangenheit ausschließlich auf ihre eigenen Fähigkeiten angewiesen waren. Ihm zufolge müssen sich die meisten Menschen heutzutage zum Beispiel kaum noch selbst orientieren oder Wege merken, da sie Navigationsgeräte nutzen. Dies würde sich auf das Gehirn auswirken. Ob Menschen deswegen generell die Fähigkeit zur Navigation einbüßen werden, kann der Experte aufgrund mangelnder Untersuchungen jedoch nicht bestätigen.

Grundsätzlich sieht Montag nicht, dass das Smartphone das eigene Denken ersetzt und daher „dümmer“ mache. Allerdings passe sich das Denken an die neuen Möglichkeiten an: „Wir nutzen unsere kognitiven Funktionen anders“, so der Experte. 

Das sei beispielsweise auf die mentale Dauerbeschallung zurückzuführen, die mit der regelmäßigen Smartphone-Nutzung einhergeht. Darunter könne die Konzentrationsfähigkeit leiden, denn: „Unser Gehirn kann nicht anders, als auf neue Reize zu reagieren.“

Vom Smartphone lasse man sich dabei besonders gerne ablenken, „weil uns das Gerät diesen schnellen Belohnungskick verspricht: durch eine kuriose Information, einen Like bei Twitter.“ Montag zufolge würden Plattformbetreiber gezielt nach Wegen suchen, um solche Ablenkungen immer effektiver zu gestalten.

„Fomo“ betrifft nicht alle gleichermaßen

Wie erfolgreich diese „Optimierungsexperimente“ der Plattformen mit ihren User:innen sind, zeigt sich laut dem Psychologen am Beispiel von TikTok. Das Format der kurzen Videoschnipsel sei so erfolgreich, weil das Gehirn stark auf alles Neue anspreche. 

Solche Formate seien gerade bei jungen Menschen wirksam. Montag zufolge ist bei dieser Gruppe der Teil des Gehirns noch nicht vollständig ausgebildet, der für die Selbstregulation verantwortlich ist. Deswegen falle es besonders Jugendlichen schwer, ihre Smartphone-Nutzung zu steuern.

Ebenso sei das „Fomo-Phänomen“ bei jungen Leuten stärker ausgeprägt. Dabei handelt es sich um die Angst, etwas (in den sozialen Medien) nicht mitzubekommen. Diese Angst werde durch Formate begünstigt, bei denen die Inhalte selbstlöschend sind und nach kurzer Zeit verschwinden. Auch Personen, die eher ängstlich und nervös sind, sind laut Montag anfälliger für „Fomo“, wobei noch nicht klar sei, ob die negativen Emotionen Ursache oder Grund für eine übermäßige Online-Nutzung seien. 

Digital Detox ist nicht die Lösung

Von einem kalten Smartphone-Entzug im Sinne eines „Digital Detox“ für das Gehirn rät der Experte allerdings ab. Studien hätten ergeben, dass eine Online-Abstinenz langfristig weniger wirkungsvoll sei als eine reduzierte Nutzungsdauer. Man müsse lernen, „das Smartphone zu kontrollieren, anstatt zuzulassen, dass es uns kontrolliert.“

Es sei wissenschaftlich nachgewiesen, erklärt der Professor, dass täglich bereits eine Stunde weniger am Handy positive Effekte erzielen können: unter anderem sei man dann zufriedener und körperlich aktiver. 

Allerdings liege es nicht nur an den Einzelnen, den Smartphone-Konsum zu regulieren. Montag nimmt auch die Plattformbetreiber in die Verantwortung. Sie müssten „endlich gesündere Plattformen entwickeln, auf denen Menschen nicht sinnlos viel Zeit verbringen, die keine Fake-News verbreiten und die Privatsphäre schützen.“

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