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„Werde nie krank“: Experte erklärt, warum es „Superimmune“ wohl nicht gibt

Experte erklärt, warum es "Superimmune" wohl nicht gibt
Foto: Foto: Unsplash / Towfiqu barbhuiya

An allen Ecken und Enden schnieft und hustet es, und trotzdem scheinen manche Menschen einfach nicht krank zu werden. "Superimmune" sind jedoch einem Immunologen zufolge ein Mythos. Trotzdem stimmt, dass jeder Mensch anders vor Krankheiten gewappnet ist.

Unbestreitbar ist, dass sich manche Personen häufiger mit Schnupfen, Husten und Halskratzen herumschlagen müssen als andere. Doch dass es sogenannte „Superimmune“ gibt, die sich wirklich nie mit einer Infektion anstecken, bezweifelt Carsten Watzl im Interview mit der Zeit. Er ist Professor für Immunologie an der Universität Dortmund. Laut ihm gebe es bisher keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Menschen, die sich auch dann nicht infizieren, wenn man sie einer ausreichend großen Viruslast aussetzen würde. 

Trotzdem unterliegen Erkrankungen nicht dem Zufall. Ob man sich einen Virus einfängt oder nicht, hängt nicht nur davon ab, wie häufig und stark man mit ihm in Kontakt kommt, sondern auch von verschiedenen Faktoren: den Genen, dem Lebensstil und den Umwelteinflüssen. 

Genetik bestimmt Reaktion auf Krankheitserreger

Immunologe Watzl erklärt, dass Menschen aufgrund ihrer genetisch bedingten individuellen Immunabwehr unterschiedlich gut gegen verschiedene Erreger gewappnet seien. Jedes Immunsystem setzt sich dabei aus zwei verschiedenen Verteidigungssystemen zusammen, die bei jeder Person unterschiedlich ausgeprägt sind: 

  • Angeborenes Immunsystem: Dieses besteht aus Erkennungsmolekülen, die es den Antikörpern und Immunzellen ermöglichen, Viren und Keime zu erkennen, um diese gezielt zu bekämpfen. Es seien über 15.000 verschiedene Varianten dieser Moleküle bekannt, doch nicht jeder Mensch trägt alle davon in sich. Die von den Genen bestimmte Ausstattung eines Individuums mit den Erkennungsmolekülen führe laut Watzl dazu, dass ein Mensch genetisch bedingt besser vor einem bestimmten Virus geschützt sei als eine andere Person. Aber: Dieser besserer Schutz muss nicht auch für alle anderen Viren gelten. Es gäbe nicht die eine optimale Kombination an Molekülen, mit der man gegen sämtliche Erreger besser gewappnet sei.  
  • Lernendes (adaptives) Immunsystem: Dieser Mechanismus reagiert sofort auf Erreger im Körper. Dazu sendet die infizierte Zelle Botenstoffe (Interferone) aus, die die Verbreitung von Viren verhindern und die Immunzellen aktivieren können. Andreas Bergthaler, Professor für Molekulare Immunologie an der Medizinischen Universität Wien, erklärt, dass nicht nur die Art des Erregers bestimmt, wie schnell das adaptive Immunsystem anschlägt – sondern auch die individuelle Genetik. Deswegen können zwei Personen unterschiedlich schwer erkranken, auch wenn sie mit der gleichen Menge Virus in Kontakt gekommen seien. 

Neben dem Immunsystem spielt auch die individuelle, ebenfalls genetisch bedingte Krankheitstoleranz eine Rolle, ob und wie stark Menschen erkranken, wenn sie einem Krankheitserreger begegnen. Bei der Krankheitstoleranz handelt es sich um eine Strategie des Körpers durch die man Erreger aushalten kann, ohne sofort zu erkranken. 

Was man für ein stärkeres Immunsystem tun kann

Die Genetik stattet Menschen also ab der Geburt mit einem individuellen Abwehrsystem gegen Viren und Keime aus. Doch dieses System ist im Laufe des Lebens auch unzähligen Umwelteinflüssen wie Lebensstil, Impfungen oder Ernährung ausgesetzt, welche die Immunabwehr beeinflussen können.

Das verschafft jedem Menschen trotz seines genetischen Erbes Spielraum, um die individuelle immunologische Reaktion auf Krankheitserreger zu unterstützen. Besonders viel Potential gebe es dabei bei der Ernährung, physischen Aktivität und dem Stressmanagement, wie Experte Watzl im Zeit-Interview erklärt.

  • Ernährung: Man solle im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung reichlich Vollkornprodukte, Früchte, Nüsse und Gemüse in den Speiseplan integrieren. Die darin enthaltenen Ballaststoffe kommen dem Darm-Mikrobiom zugute. Die rund 100 Billionen Mikroben im Darm haben laut Andreas Bergthaler vielfältige Auswirkungen auf das Immunsystem. Auch wenn noch nicht alle davon bekannt seien, gehe man zurzeit von der Annahme aus, dass ein diverses Mikrobiom (eines mit einer Vielfalt an verschiedenen Mikroben) grundsätzlich zur Gesundheit beiträgt.
  • Bewegung: Auch Sport unterstütze die Immunabwehr. Regelmäßige körperliche Aktivität lässt verschiedene Immunzellen und Botenstoffe vermehrt zirkulieren, sodass Krankheitserreger schneller erkannt werden können. 
  • Stress reduzieren: Chronischer Stress versetzt das Immunsystem Watzl zufolge in eine ständige Alarmbereitschaft, wodurch sich die Mechanismen der Immunabwehr irgendwann abnutzen. Wer immer Stress hat, schwächt demnach das Immunsystem. Ruhe und positive Zerstreuung stärken es hingegen.
  • Schlaf und Verzicht auf Alkohol und Rauchen: Im Schlaf verteilt der Körper die Immunzellen neu und schraubt die Produktion antiviraler Stoffe hoch. Ausreichend Schlaf ist daher eine Grundvoraussetzung für ein gut funktionierendes Immunsystem. Weiterhin sollte man laut Watzl Dinge vermeiden, die die Immunzellen und das Mikrobiom schwächen können. Dazu gehören Zigarettenrauch und zu viel Alkohol. 

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