Hitze-Sommer, Energiekrise, polarisierender Protest: Das Jahr 2022 trägt viele Schlagzeilen rund um das Thema Klima. Utopia stellt die fünf bedeutendsten Ereignisse aus den vergangenen 12 Monaten vor.
2022 neigt sich dem Ende. Viel ist passiert in diesem Jahr, es war geprägt von mehreren Krisen gleichzeitig und kostete Menschen Kraft. Die Folgen der Klimakrise werden immer spürbarer – wie etwa der Dürre-Sommer 2022 in Europa zeigte. Utopia blickt auf die fünf wichtigsten Klima-Schlagzeilen der vergangenen Monate zurück.
Der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die Frage: Wann kommt die Energiewende?
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine erschütterte die Welt zu Beginn des Jahres. Noch immer leiden und sterben Menschen infolge der Invasion. Bürger:innen, die nicht direkt vom Krieg betroffen sind, merken dennoch die wirtschaftlichen Auswirkungen – in Form der Energiekrise, also teurer Strompreise. Der Grund: Deutschland hat sich Jahrzehnte lang abhängig von russischem Gas gemacht und Kritiker:innen zufolge eine klimafreundliche Energiewende versäumt.
Expert:innen drängen deshalb auf einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Nicht nur, um unabhängiger von anderen Staaten zu werden. Sondern auch, weil diversen Studien zufolge Deutschland bereits 2035 sein CO2-Budget erschöpft hat. Das heißt: Die Bundesrepublik müsste ab diesem Zeitpunkt klimaneutral sein, sprich ohne die Verbrennung von Öl, Kohle oder Gas auskommen.
Bislang ist die Bilanz der Erneuerbaren jedoch ernüchternd, wie etwa Professor Volker Quaschning dieses Jahr im ZDF erklärte: „Wir haben nicht mal 20 Prozent Erneuerbare und ein gutes Prozent Kernenergie“, so der Energie-Experte mit Verweis auf die gesamte Energieversorgung, bei der Strom nur einen Teil ausmacht. Die verbleibenden 80 Prozent müssten demnach durch eine klimafreundliche Energiegewinnung gestemmt werden.
Mehr dazu: Energie-Experte Quaschning empört: „Genau das hat uns in diese Krise geführt“
Der Hitze-Sommer und seine dramatischen Folgen: Nur ein Vorgeschmack?
Lange schon spürt der globale Süden die Auswirkungen der Erderwärmung. Nun werden auch in Europa die Folgen immer deutlicher, wie der Hitze- und Dürresommer 2022 die Menschen hat spüren lassen.
Bezogen auf die Durchschnittstemperatur war dieser Sommer in Europa der heißeste seit Beginn der Messungen vor mehr als 140 Jahren. Das stellte zuletzt der europäische Copernicus-Klimawandeldienst fest. Die Warnungen, insbesondere aus der Wissenschaft, werden immer lauter: Der Klimawandel ist für die Häufung der Wetterextreme verantwortlich, heißt es.
Welche dramatischen Folgen diese Extreme haben können, zeigte sich nicht nur in Deutschland. Sondern auch in Großbritannien, Spanien, Portugal, Griechenland und anderen Ländern. Während etwa in Italien der Gardasee schrumpfte, hatten in Frankreich mehr als 100 Kommunen aufgrund der hohen Temperaturen zwischenzeitig kein Trinkwasser mehr – die Kanalisation war leer.
Während Mediziner:innen vor den Gesundheitsgefahren derartiger Hitzewellen warnen, mehren sich die Stimmen aus der Klimaforschung: Das, was die Menschen diesen Sommer erlebt haben, könnte nur ein Vorgeschmack auf künftige Sommermonate gewesen sein.
Und der globale Süden? In Südasien gab es 2022 extreme Hitze mit fast 50 Grad in Indien im Frühjahr. Gefolgt von verheerenden Überschwemmungen ab August, vor allem in Pakistan. China erlebte die längste und schlimmste Hitze seit Beginn der Aufzeichnungen vor rund 60 Jahren, in der Sahelzone in Afrika ging die katastrophale Dürre weiter. Extreme Trockenheit gab es auch in Nordamerika, ebenso wie Rekordtiefstände in Flüssen und Seen. Auf der Südhalbkugel verwüsteten mehrere Zyklone Madagaskar.
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Blockaden der Letzten Generation: Der Klimaaktivismus, der Deutschland polarisiert
Keine andere Protestbewegung hat wohl in diesem Jahr für so viel Aufmerksamkeit in Deutschland erzeugt wie die Letzte Generation. Im Frühjahr kündigten die Klimaaktivist:innen neue Sitzblockaden an, ihren Worten ließen sie auch Taten folgen. Sehr zum Ärger vieler Autofahrer:innen. Auch vor Rollfeldern auf Flughäfen machten die Demonstrant:innen keinen Halt. In Berlin legten sie dabei einmal stundenlang den Betrieb lahm.
Die gesellschaftliche Debatte, wie mit der Gruppe umzugehen sei, verschärfte sich im Zuge der Proteste. Forderungen nach härterem juristischem Durchgreifen wurden in diesem Jahr laut – während manche Unterstützer:innen darauf verweisen, dass die Politik zu wenig gegen den Klimawandel tue.
Zuletzt nahm die Kontroverse um die Letzte Generation wegen einer Radfahrerin, die in Berlin bei einem Unfall ums Leben kam, Fahrt auf. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob ein Spezialfahrzeug, das der Verletzten helfen sollte, wegen der Protestgruppe im Stau stand. Ein Vermerk der Feuerwehr entlastete die Letzte Generation zunächst. Die Untersuchungen dazu halten jedoch noch an.
Für Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) steht jedoch fest: „Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzungen hat in der Demokratie nichts verloren.“
Mehr dazu: Tod einer Radfahrerin, „Unwahrheiten und Hetze“: Die Kontroverse um die Letzte Generation
Asiatische Winterspiele in der Wüste: Wieder nichts gelernt?
Zu den absurdesten Klima-Schlagzeilen gehörte 2022 die Meldung über die asiatischen Winterspiele. Sie sollen 2029 in der Wüste ausgetragen werden, wie das asiatische Olympia-Komitee Anfang Oktober mitteilte. Gastgeber wird demnach Saudi-Arabien sein – der Öl-Staat will auf seinem Boden das erste Wintersportgebiet der arabischen Halbinsel errichten. Inklusive Kunstschnee.
„Dies ist ein großartiger Sieg für die saudische Nation und die ganze Golfregion“, erklärte der saudische Sportminister Prinz Abdulaziz Bin Turki Al Faisal, nachdem sein Land den Zuschlag bekommen hatte. Die Nachricht löste zum Teil Unverständnis aus. Die Kritik richtet sich an den verantwortungslosen Umgang mit Ressourcen. Hat man angesichts der Klimakrise nichts gelernt?, hat auch Utopia die Nachricht kommentiert.
Saudi-Arabien selbst beteuert unterdessen, man wolle die Energie für die Veranstaltung zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen speisen. Wie genau das funktionieren soll, ließ man allerdings offen.
Mehr dazu: Asiatische Winterspiele in der Wüste: Wieso regt ihr euch auf? Ein Kommentar
COP27: Was der UN-Klimagipfel (nicht) beschlossen hat
„Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal“, erklärte UN-Generalsekretär António Guterres im November auf der Weltklimakonferenz in Ägypten. Die Kritik an der COP27 war groß.
Klimaschützer:innen – wie etwa Greenpeace – prangerten an, dass sich die Konferenzleitung der Öl-Lobby beugte und deshalb nur ein dürres Abschlussdokument mit vagen Versprechungen hervorbrachte. Beschlossen wurde ein neuer Fonds für sich entwickelnde Länder, während das dringend nötige Ende von Öl- und Gasförderung nicht einmal erwähnt wurde.
Im finalen COP27-Papier werden die Staaten außerdem aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesserungen bleiben jedoch freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht. Auch das wurde von Klimaschützer:innen moniert.
Mehr dazu: Rockström enttäuscht über Klimakonferenz – die Beschlüsse im Überblick
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