Die ZDF-Doku „Wenn das Klima kippt“ bricht den Klimawandel auf einzelne Menschen herunter – und zeigt, dass es nicht zu spät zum Handeln ist.
Wir Deutschen haben eine etwas seltsame Faszination für alles, was auch nur im Entferntesten „indianisch“ angehaucht ist. Anders lassen sich die etwas kitschigen Titel „Die Prophezeiung des Schamanen“ und „Der Weckruf des Azteken“ der zweiteiligen Doku der ZDF-Sendung planet.e „Wenn das Klima kippt“ nicht erklären.
Umso schlimmer, da das Thema so ernsthaft, wichtig und vor allem drängend ist. Es geht – mal wieder – um den Klimawandel. Und es ist – mal wieder – eigentlich schon viel zu spät. Das wissen natürlich auch der 70-jährige Schmane Angaangaq und der 53 Jahre jüngere Azteke Xiuhtezcatl.
Sie beide erfahren den Klimawandel nicht als etwas Fernes, dessen Entstehen man jetzt stoppen muss und kann. Vielmehr ist die Katastrophe schon seit Jahren und Jahrzehnten im Gange und nun direkt vor ihrer Haustür angelangt.
Im Falle von Angaangaq ist das Grönland, wo steigende Temperaturen immer mehr Eis schmelzen, was die Meere steigen und steigen lässt. Zudem verlieren immer größere Gebiete auf dem Land ihren Permafrostboden. Für den 17-Jährigen Xiuhtezcatl ist es Colorado. Denn wie die Hurrikans dieses Jahr und all die anderen Extremwetterphänomene seit Jahren zeigen: Es ist etwas aus dem Gleichgewicht.
Das Problem daran ist der Kipppunkt, der dem Zweiteiler seinen Namen gibt. Denn der Klimawandel verläuft nicht linear, sondern exponentiell. Die tauenden Permafrostböden beispielsweise geben allerlei organisches Material frei – darunter ungeahnte Mengen Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid und Methan.
Wenn das Klima kippt – ja, was dann?
Und irgendwann ist eben der Punkt erreicht, da könnten wir alle menschengemachten Emissionen sofort einstellen, und es würde doch nichts bringen. Denn ab da hätten wir die Natur soweit geschädigt, dass sich die Entwicklung nicht mehr umkehren ließe. Und wie es aussieht, steht dieser Punkt kurz bevor.
Die Doku „Wenn das Klima kippt“ spielt gekonnt mit der Zweideutigkeit ihres Titels. Zum einen zeigt sie Orte, an denen das Klima schon gekippt ist, wie die überfluteten Dörfer in Indien, wo die Bauern aus schnellwachsenden und anspruchslosen Pflanzen schwimmende Felder anlegen. Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage, Arten sterben rapide aus, weil sie sich nicht schnell genug auf die veränderten Bedingungen einstellen können.
Ebenso macht die Doku – und vor allem die beiden Protagonisten Angaangaq und Xiuhtezcatl – deutlich, dass es irgendwie doch noch nicht zu spät ist. Man muss nur beginnen, um die Natur zu kämpfen. Dafür muss sich aber erst die Einsicht durchsetzen, dass der Klimawandel da ist. Hier, jetzt. Wenn schon nicht vor Deiner Haustür, dann vor der Deines Nachbarn und Millionen und Milliarden anderer Menschen. Auch das zeigt der Film anhand ausgewählter, lokaler Beispiele aus aller Welt. Er bricht den fast schon zu großen Komplex herunter auf menschliche Schicksale.
Diese Personifikation und das umgebende, durchgehende Pathos mag nicht jedem gefallen. Aber sei’s drum, wenn das ein paar mehr Menschen klarmacht, dass wir nicht unseren Planeten, aber uns und unsere Natur, wie wir sie kennen, zugrunde wirtschaften.
„Wenn das Klima kippt“ ist kostenlos bis November 2018 in der ZDF-Mediathek abrufbar: „Die Prophezeiung des Schamanen“ (Teil 1) und „Der Weckruf des Azteken“ (Teil 2)
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