Wenn es ums Thema Heizung geht, dominiert derzeit die Wärmepumpe die Debatte. Doch auch der Ausbau der Fernwärme ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende-Pläne der Bundesregierung. Was bedeutet das für Eigenheim-Besitzer:innen?
Fernwärme ist ein wichtiges Thema bei der Energiewende. In vielen Kommunen sollen Wärmenetze erweitert oder neu errichtet werden, denn spätestens ab 2045 sollen sie klimaneutral sein. Müssen oder sollten Hauseigentümer:innen da einsteigen? Antworten auf zentrale Fragen.
Was ist Fernwärme?
„Unter Fernwärme versteht man die Versorgung von Gebäuden mit Raumwärme und häufig auch Warmwasser, die durch überwiegend erdverlegte, isolierte Rohrleitungen direkt in die angeschlossenen Wohngebäude geleitet wird“, erklärt Alexander Steinfeldt, Energieexperte der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online.
Zur Herstellung der Wärme dienen unter anderem Energieträger wie Öl, Erdgas, Kohle, Biomasse, Müll oder industrielle Abwärme und zunehmend auch weitere erneuerbare Energiequellen wie Geothermie, Solarthermie oder (grüner) Wasserstoff.
„Neue Wärmenetze müssen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien enthalten. Bestehende Netze müssen schrittweise umgerüstet werden, bis 2029 auf 50 Prozent und bis 2045 auf 100 Prozent erneuerbare Energien“, so Steinfeldt.
Laut Gebäudeenergiegesetz müssen die Kommunen – je nach Größe – bis Mitte 2026 beziehungsweise bis Mitte 2028 eine Wärmeplanung erstellen und darin Gebiete definieren, in denen ein Wärmenetz oder ein Wasserstoffnetz geplant sind.
Muss man sich an ein Fernwärmenetz anschließen lassen, wenn es Kommune angeboten wird?
Das ist unterschiedlich. „Grundsätzlich gilt: Ein Fernwärmenetz lässt sich umso wirtschaftlicher betreiben, je mehr Anschlüsse vorhanden sind“, sagt Martin Brandis, Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverband. Es gebe also ein großes öffentliches Interesse daran, dass sich möglichst viele Haushalte anschließen lassen. In einigen Kommunen besteht sogar ein Anschluss- und Benutzungszwang. Wer dort baut oder saniert, muss die Fernwärme nutzen.
Allerdings profitieren nicht alle gleich: „Solch ein Zwang benachteiligt insbesondere Eigentümer von Niedrigenergie– oder Passivhäusern. Denn sie müssen die hohen Grundpreise bezahlen – auch wenn sie keine oder nur wenig Energie benötigen“, sagt Steinfeldt. Es kann jedoch auch Ausnahmen vom Anschlusszwang geben, diese müssen von der Kommune beschlossen werden.
Beschließt die Kommune jetzt in ihrem Wärmeplan den Aufbau eines neuen Fernwärmenetzes, müssen Hauseigentümer:innen ihre alte Heizung nicht aufgeben. „Es besteht keine Rechtspflicht für Anlieger, zur Fernwärme zu wechseln“, betont Verbraucherschützer Martin Brandis.
Allerdings: Bei sinkenden Energiebedarfen im Gebäudebestand und im Neubau werden viele Fernwärmeprojekte unwirtschaftlicher für den Energieversorger, was meist zu höheren Grundpreisen führt und damit die Belastung für die ans Fernwärmenetz angeschlossenen Haushalte erhöht.
Was spricht für die Fernwärme?
Fernwärmekund:innen brauchen zu Hause keine eigene Heizanlage, die regelmäßig gewartet werden müsste. Werde die Fernwärme überwiegend mit erneuerbaren Energien erzeugt, sei das für Verbraucher:innen eine gute Möglichkeit, an der Nutzung erneuerbarer Energien teilzuhaben, ohne in eine eigene Heizungsanlage investieren zu müssen, so Brandis.
Allerdings sind die Preise für Fernwärme regional sehr unterschiedlich, sodass man sich im Einzelfall ausrechnen sollte, ob sich das lohnt. „Vor allem in Häusern mit geringem Energiebedarf kann zum Beispiel eine Wärmepumpe günstiger sein.“
Was sind Nachteile?
Verbraucherschützer:innen kritisieren die Intransparenz der Fernwärmepreise. Die Fernwärmeversorger, meist die örtlichen Stadtwerke, stehen nicht untereinander im Wettbewerb und bestimmen die Preise nach eigenem Ermessen. „Der Verbraucher muss wissen, dass er von einem Monopolisten versorgt wird“, sagt Brandis. „Es gibt nur einen Anbieter im Ort, man kann nicht wechseln.“ Eventuellen Preisanpassungen nach oben seien die Kund:innen ausgeliefert.
Wie setzt sich der Preis für Fernwärme zusammen?
„Er besteht aus einem Grundpreis und einem Arbeitspreis“, erklärt Steinfeldt. Der Grundpreis deckt alle Kosten ab, die unabhängig vom eigentlichen Verbrauch entstehen. Zum Beispiel die Kosten der Erzeugungs- und Transportanlagen sowie die Personalkosten für den Betrieb und die Wartung der Netze. Seine Höhe ist abhängig vom Anschlusswert beziehungsweise von der Anschlussleistung und liegt im Jahr bei rund 20 bis 30 Euro pro Kilowatt angeschlossener Leistung.
Gut zu wissen für alle mit besonders energieeffizienten Immobilien: „Kunden haben die Möglichkeit, die Anschlussleistung und damit den Grundpreis im laufenden Vertrag reduzieren zu lassen, wenn sie weniger Fernwärme verbrauchen als vereinbart“, so Martin Brandis.
Mit dem Arbeitspreis wiederum rechnen Versorger die tatsächlichen Verbrauchskosten ab. Er entsteht für jede Kilowattstunde, die Verbraucher:innen aus dem Netz beziehen.
Wie viel kostet also die Fernwärme?
Ein Beispiel: 2022 lagen die Kosten der Fernwärme für ein Einfamilienhaus mit 110 Quadratmeter Wohnfläche laut Heizspiegel zwischen 1145 und 2540 Euro. Die großen Kostenunterschiede hängen demnach vor allem mit dem energetischen Zustand des jeweiligen Hauses zusammen. Regionale Wetterunterschiede und das Heizverhalten der Hausbewohner:innen sind weitere Faktoren, die den Preis beeinflussen. Zurzeit ist der Fernwärmepreis für 80 Prozent des Verbrauchs auf 9,5 Cent je Kilowattstunde gedeckelt.
Informationen und Entscheidungshilfen in Bezug auf Fernwärme können Interessierte bei unabhängigen Energieberatern und auch bei den Verbraucherzentralen bekommen.
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