Asexualität bedeutet, kaum oder gar kein Verlangen nach Sexualität mit anderen Personen zu haben. Warum es wichtig ist, asexuellen Menschen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, erfährst du in diesem Artikel.
„Die Leute wissen einfach nichts über Asexualität oder haben noch nie davon gehört. Mich hemmt das total, wenn ich davon erzählen möchte“. Das sind die Worte von Clara, die 2017 im Interview mit UNICUM über ihre Asexualität sprach. Sie erzählt, dass sie sich zu anderen Menschen prinzipiell nicht sexuell hingezogen fühlt und auch nicht das Verlangen spürt, mit einer Person zu schlafen.
Schätzungen zufolge geht es etwa einem Prozent der Weltbevölkerung ähnlich wie Clara. Als Minderheit waren asexuelle Menschen im gesellschaftlichen Leben lange Zeit unsichtbar. Auch wenn sie nach und nach langsam mehr Sichtbarkeit erfahren, werden sie nach wie vor insbesondere von Heterosexuellen stark stigmatisiert. So ergab eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2012, dass heterosexuelle Menschen asexuellen Personen oftmals abneigend gegenüber stehen und sie als „weniger menschlich“ betrachten.
Asexuell ist deshalb vor allem auch eine politische Selbstbezeichnung, unter der Individuen für mehr Sichtbarkeit und Respekt kämpfen – und das insbesondere aktuell im Pride Month.
So werden Asexuelle diskriminiert
Erst seit den letzten 20 Jahren erfährt Asexualität langsam mehr Sichtbarkeit. Das liegt insbesondere daran, dass sich die asexuelle Gemeinschaft stärker vernetzt und organisiert. So gründete der US-Amerikaner David Jay 2001 das „Asexual Visibility and Education Network“ (AVEN). Dabei handelt es sich um eine Plattform, auf der sich asexuelle Menschen zum ersten Mal austauschen konnten. Heute kannst du auch im deutschsprachigen AVEN-Forum zahlreiche Erfahrungsberichte und Antworten rund um Asexualität finden.
Vor allem mit einem der Vorurteile haben asexuelle Menschen laut dem Tagesspiegel zu kämpfen: dass es sich bei Asexualität um eine Störung oder Krankheit handelt, die behandelt werden müsse. Auch dass es sich um eine bewusste Entscheidung für Enthaltsamkeit oder nur um eine kurzfristige Phase handelt, müssen sich Asexuelle oft anhören. Derartige Aussagen diskriminieren asexuelle Personen, indem sie sie als „anders“ und „unnormal“ labeln. Schließlich müssen sich die Individuen dadurch immer wieder dafür rechtfertigen, dass sie nicht sexuell aktiv sind.
Aktivist:innen kämpfen deshalb dafür, dass Asexualität in der Gesellschaft neben Hetero-, Homo-, Bi- oder Pansexualität als eine weitere sexuelle Orientierung anerkannt wird.
Asexualität: Ein weites Spektrum
Asexualität kann für jede asexuelle Person etwas anders aussehen. So fühlen sich manche durchaus auf emotionaler Ebene zu anderen Menschen hingezogen und haben vielleicht das Verlangen nach engem Körperkontakt. Andere sind eventuell auch mit Beziehungspartner:innen sexuell aktiv – zum Beispiel, wenn sie einen Kinderwunsch haben oder manche sexuelle Handlungen unter bestimmten Umständen erregend finden.
Das Gegenstück zu asexuell ist „allosexuell„. Allosexuelle fühlen sich prinzipiell von anderen Menschen sexuell angezogen. Asexuell und allosexuell sind also nur die Endpunkte eines weiten Spektrums, das zahlreiche weitere Abwandlungen und Variationen beinhaltet. Personen, die sich in der Mitte der beiden Pole befinden, bezeichnen sich teilweise als „gray-asexual“, weil sie sich gewissermaßen im „Graubereich“ verorten. Für Menschen, die erst eine starke emotionale Bindung zu einer Person benötigen, bevor sie mit ihr sexuell aktiv werden können, gibt es die Bezeichnung „demi-sexuell“.
Zudem gibt es laut dem Tagesspiegel einen Unterschied zwischen Sexualität und Romantik – und dementsprechend auch zwischen Asexualität und Aromantik. Aromantische Menschen haben nicht das Bedürfnis, romantische Bindungen einzugehen, sind aber eventuell trotzdem sexuell aktiv. Personen, die sich als asexuell und aromantisch identifizieren, haben weder das Bedürfnis nach sexuellen Handlungen, noch nach romantischen Beziehungen. Das schließt jedoch nicht aus, dass sie zum Beispiel enge Freundschaften pflegen.
So kann Asexualität in Kombination mit ganz unterschiedlichen romantischen Orientierungen auftreten. Sie ist also unabhängig davon, ob du zum Beispiel hetero- oder homoromantisch oder queer bist.
Nicht-asexuelle Menschen: So zeigst du Solidarität
Auf Pride-Demonstrationen ist dir vielleicht schon die Flagge der Asexualität aufgefallen. Diese besteht aus vier unterschiedlich farbigen Streifen. Dabei steht Schwarz für Menschen, die sich als vollständig asexuell identifizieren. Grau steht für demi-sexuelle und grau-sexuelle Personen. Weiß steht für nicht-asexuelle Verbündete. Lila soll wiederum Solidarität und Gemeinschaft symbolisieren.
Um dich mit der asexuellen Community zu solidarisieren und auch als nicht-asexuelle:r Verbündete:r für die Anerkennung der sexuellen Orientierung zu kämpfen, bietet dir grade der Juni als Pride-Month zahlreiche Möglichkeiten, gemeinsam demonstrieren zu gehen.
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