Die Zahl der Insekten schrumpft dramatisch. Was kann jede:r Einzelne tun? Ein Senckenberg-Forscher hat einen Tipp: „Dabei kann man nicht viel falsch machen und es hilft enorm.“
Die wichtigste Maßnahme zum Insektenschutz? Für Professor Steffen Pauls, Entomologe bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt, ist die einfachste und wirksamste Methode, beim Mähen immer ein Drittel der Wiese stehenzulassen.
Insekten sind für das Ökosystem unentbehrlich. Sie sind wichtig als Nahrung, zur Bestäubung, in der Forst- und Landwirtschaft und für gesunde Böden. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass es in Deutschland über 34.000 Insektenarten gibt. Aber in den vergangenen Jahrzehnten gingen die Bestände dramatisch zurück.
Als Hauptgründe für den Schwund nennt der Naturschutzbund (Nabu) Flächenversiegelung, Pflanzenschutzmittel, Lichtverschmutzung und den Klimawandel. Als ausgestorben oder bestandsgefährdet gelten laut Nabu zum Beispiel die Hälfte aller Wildbienenarten, 17 Prozent der Schmetterlings-, 35 Prozent der Heuschrecken- und 87 Prozent der Wasserkäferarten.
Insekten schützen: „Jede Grünfläche zählt“
Auch Städte können ihren Beitrag leisten, um Insekten zu schützen. Aber wie? Das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) hat versucht, das herauszufinden. Hauptbotschaft bei der Abschluss-Präsentation eines Projekts im Mai im Frankfurter Palmengarten war: „Jede Grünfläche zählt“, egal ob Mittelstreifen von Straßen, begrünte Flachdächer, naturbelassene Klein- oder Hausgärten oder insektenfreundlichere Parks.
Auf die Frage, was sein wichtigster Rat sei, antwortete Insektenkundler Pauls: „ein verändertes Mahd-Regime“. Mahd ist eine andere Bezeichnung für das Mähen. Jeder, der für eine Fläche verantwortlich sei, solle beim Mähen ein Drittel der Fläche stehen lassen. „Dabei kann man nicht viel falsch machen und es hilft enorm.“
Sächsische Studie weist signifikanten Effekt nach
Pauls verweist auf eine Studie seiner Kolleg:innen im „Journal of Insect Conservation“ von 2021. Anhand von Schmetterlingswiesen in Sachsen wurde nachgewiesen, dass durch diese Methode die Zahl der Spezies „signifikant“ steigt – und zwar nicht nur die Zahl der ausgewachsenen Tiere, sondern auch die der Larven, wodurch der Effekt besonders nachhaltig ist, wie Pauls betonte.
Auch Vögel profitieren
Nicht nur die Anzahl der Insekten ist seit Jahrzehnten auf dem Sinkflug. „In 20 Jahren haben wir im Schnitt acht Vögel je Garten verloren und dieses Jahr mit 26,8 Vögeln einen Tiefpunkt erreicht“, sagte Nabu-Ornithologe Stefan Bosch der Deutschen Presse-Agentur.
Als Hauptgründe nennt Bosch versiegelte Flächen und Schottergärten: „Ohne Vegetation keine Insekten und Kleintiere und ohne diese keine Vögel und Säugetiere.“ Bosch fordert einen „Biodiversitäts-Turbo“, um den schwindenden Vogelbeständen entgegenzuwirken „Ideal sind wilde, unordentliche Gartenecken“, sagt der Experte.