Auf Tiktok, Insta & Co. finden sich vermehrt Warnungen vor herkömmlicher Sonnencreme. Es heißt, sie sei schädlich. Das Gegenteil ist wahr. Wie Influencer:innen gezielt Ängste schüren, um Kasse zu machen, und warum trotzdem nicht jede Sonnencreme vorbehaltlos zu empfehlen ist, erfährst du hier.
Ein bedenklicher Trend geht zurzeit durch die sozialen Medien. Er ist unter Hashtags wie #toxicsunscreen oder #antisunscreen zu finden. Verschiedene Influencer:innen behaupten in dazugehörigen Postings, dass Sonnencreme schädlich oder sogar krebserregend sei und man deshalb darauf verzichten solle. Einige beziehen sich sogar auf seriöse Quellen.
Ein Kanal über Vitaminpräparate und Naturheilmedizin mit knapp 50.000 Follower:innen auf Instagram verweist zum Beispiel auf eine Dokumentation des ZDF, die aber nicht weiter benannt wird (vermutlich diese) – und warnt: „Bitte, bitte, benutzt keine Sonnencreme!“
Das Problem: Der vermeintliche Rat ist falsch. Und kann sogar gefährlich werden.
Denn: Der einzige Zusammenhang zwischen Sonnencreme und Krebs, der wissenschaftlich erwiesen ist, lautet: Wer sich zu oft ungeschützt, also ohne Sonnencreme oder anderen Sonnenschutz, der UV-Strahlung der Sonne aussetzt und deshalb Sonnenbrände bekommt, erhöht sein Hautkrebsrisiko drastisch.
Wer sich nicht schützt, erhöht sein Krebsrisiko
Nicht viel Sonnencreme macht also Krebs. Es ist umgekehrt: Zu viel Sonne macht Krebs – sofern du dich ungeschützt bestrahlen lässt. Oder, wissenschaftlicher formuliert: UV-A- und UV-B-Strahlung erhöhen das Risiko für hellen und schwarzen Hautkrebs, die meist erst Jahrzehnte später auftreten.
Wer sich vor UV-A und UV-B schützen will – was du auf jeden Fall tun solltest –, sollte die bekannten Regeln zum Sonnenschutz befolgen. Knapp sind das: Mittagssonne meiden; Hut, Bekleidung, Sonnenbrille tragen; Schatten suchen; regelmäßig nachcremen und natürlich: ein Sonnenschutz-Produkt aus der Drogerie oder dem Supermarkt verwenden.
Den nur ein professionelles, in der EU zugelassenes Produkt wurde – im Gegensatz zu selbstgemischten Cremes – auch im Labor darauf getestet, ob es den angegebenen Sonnenschutz auch zuverlässig liefert. Dein Sonnenschutz-Produkt (egal ob Creme, Milch, Öl oder Spray) sollte zudem einen ausreichend hohen Lichtschutzfaktor aufweisen, vor UV-A und UV-B schützen sowie großzügig und flächendeckend aufgetragen werden. Dann, und nur dann, bist du auf der sicheren Seite, was Hautkrebs (und übrigens auch Hautalterung) angeht.
Influencer:innen arbeiten mit Panikmache, um ihre Produkte zu verkaufen
Einige Influencer:innen und Prominente wollen das leider nicht zur Kenntnis nehmen und verbreiten deshalb (auch schon in den letzten Jahren) immer wieder falsche und mitunter gefährliche Behauptungen zum Sonnenschutz. Diese Fake News zum Sonnenschutz kommen überwiegend aus den USA und gelangen über Insta, Tiktok & Co. zu uns, der – überwiegend jüngeren – Zielgruppe.
Oft kritisieren die Influencer:innen die vermeintlichen Risiken von hergebrachten Sonnenschutz-Produkten aus eigenen finanziellen Interessen. Denn: Die Marketing-Profis aus dem Netz versuchen, statt der vorgeblich „bedenklichen“ Drogerie-Artikel ihre eigenen, oft überteuerten und ungeprüften (Konkurrenz-)Produkte an die Followerschaft zu bringen. Mit der gleichen Masche werden auch, fast immer überflüssige, Nahrungsergänzungsmittel verkauft. (Das ist auch bei dem Beispiel der Fall, aus dem das Zitat in der Überschrift stammt.)
Sonnencreme: Das sind häufige Fake News
Häufige Falschinformationen, die im Zusammenhang mit Sonnenschutz durch Social Media geistern, sind:
- Die sogenannte „Barbie-Droge“ Melanotan sei ein sicheres Bräunungsmittel (ist es nicht);
- Hautkrebs würde nur ältere Menschen und/oder solche mit heller Haut betreffen (richtig ist, dass Hautkrebs häufiger bei älteren Menschen auftritt, die sich in ihrem bisherigen Leben nicht gut vor Sonne geschützt haben);
- es gebe keinen Zusammenhang zwischen Hautkrebs und UV-Strahlung (das ist falsch, die Gene spielen allerdings auch eine Rolle);
- Sonnencreme würde nicht vor Hautkrebs schützen (= falsch) und/oder sogar selbst Hautkrebs verursachen (= falsch, wobei Sonnencreme durchaus Problemstoffe enthalten können, siehe weiter unten);
- eine vollwertige Ernährung erlaube es dem Körper, seinen eigenen „Sonnenschutz“ herzustellen (stimmt nur stark eingeschränkt und kann herkömmliche Sonnenschutzmethoden nicht ersetzen);
- man könne den körpereigenen Sonnenschutz durch zunehmende Exposition steigern (stimmt nur stark eingeschränkt);
- Sonnenschutz sei chemisch/künstlich hergestellt und deshalb bedenklich (nach dieser „Logik“ dürfte man keine Apotheke betreten);
- selbst gemachter UV-Schutz sei professionellen/kommerziellen Produkten überlegen (wird behauptet, um eigene kommerzielle Interessen zu verschleiern);
- man könne sich mit Speiseöl oder Kokosöl vor der Sonne schützen (nur stark eingeschränkt richtig);
- Bräune sei ein Zeichen von Gesundheit (leider nicht – siehe dazu unseren Artikel „Gesunde Bräune gibt es nicht„).
Bleibt die Frage offen: Wie kommen Influencer:innen, wenn nicht aus Skrupellosigkeit oder Unwissenheit, überhaupt auf den Gedanken, solche Falsch-Informationen zum Sonnenschutz zu verbreiten, die anderen Menschen Schaden zufügen können?
Dazu muss gesagt werden, dass in einigen Sonnenschutzmitteln tatsächlich Inhaltsstoffe enthalten sind, die in der Kritik stehen. Das kann bei seriösen Quellen wie den Verbraucherzentralen, Öko–Test, Stiftung Warentest, dem Bundesinstitut für Risikobewertung, dem Umweltbundesamt oder den Öffentlich–Rechtlichen fundiert nachgelesen werden.
Diese Stoffe werden in Sonnencreme tatsächlich kritisiert
Inhaltsstoffe, die in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Sonnenschutz besonders kritisiert wurden oder weiterhin diskutiert und überprüft werden, sind: Benzophenon, Homosalat, Octinoxat, Octocrylen, Oxybenzon und Titandioxid in Nano-Form. In diesem Jahr (d.h. 2024) dreht sich die Diskussion vor allem um den verbotenen Weichmacher DnHexP, der sich in vielen Cremes findet, die den verbreiteten UV-Filter DHHB enthalten.
Würde man jeden der genannten Stoffe an dieser Stelle ausführlich betrachten und bewerten, würde man feststellen: Die meisten Bedenken würden sich als wenig begründet erweisen. Stark verkürzt gilt momentan:
- Ja, einige UV-Filter sind in der wissenschaftlichen Diskussion mit gesundheitlichen Bedenken verbunden. Homosalat, Octinoxat, Oxybenzon und Octocrylen, obwohl noch erlaubt, finden sich hierzulande aber fast nicht mehr im Regal. Benzophenone sind bereits verboten.
- Bleiben DHHB und Titandioxid. Beide sind erlaubt und gelten, so wie sie momentan verwendet werden, als sicher. Die Diskussion dazu wird aber fortgesetzt – wir von Utopia werden berichten, wenn sich etwas ändert.
- Am wichtigsten ist aber, dass sich Mediziner:innen, Forschende und Expert:innen vollkommen einig sind: Sonnenbrand ist gesundheitlich viel riskanter, als es je ein UV-Filter sein könnte. Anders gesagt: Jede Sonnencreme ist besser als keine Sonnencreme.
Mehr zur Frage, welche UV-Filter und Sonnenschutz-Produkte wir von Utopia am ehesten empfehlen, findest du in Chemische vs. mineralische Sonnencreme – welche solltest du kaufen? Lies zudem dieses aktuelle Interview mit einem Experten in der Zeit, um eine hervorragende Zusammenfassung zum Stand der Diskussion zu bekommen.
Zum Schluss ein Zitat der Stiftung Warentest. Sie gibt auf die Frage, ob man besser auf Sonnencreme verzichten solle, wo es doch Vorbehalte gegenüber bestimmten UV-Filtern gebe, die deutliche Antwort: „Nein! Es bleibt unerlässlich, die Haut umfassend vor schädigender UV-Strahlung zu schützen. Keiner der bisher vorliegenden Verdachte rechtfertigt einen Verzicht. Klar belegt ist hingegen, dass UV-Licht Sonnenbrand und langfristig sogar Hautkrebs verursachen kann.“ UV-Strahlen sorgen zudem dafür, dass deine Haut schneller altert, du also früher und mehr Falten bekommst.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Diese 8 Stellen werden beim Eincremen oft vergessen
- Schnell braun werden: Warum das keine gute Idee ist
- Arzt erkrankte 18 Mal an Hautkrebs und warnt: „Prüfen Sie mal, wie Sie sich eincremen“
War dieser Artikel interessant?