Utopia Image

Dermatologin: Wie sich Non-Bathing auf die Haut auswirkt

Dr. Stefanie Derendorf Dermatologin Non-Bathing
Foto: Dr. Stefanie Derendorf (privat)

Weniger Duschen spart Wasser und Energie – und ist im Trend. Doch was für Auswirkungen hat es auf unsere Haut? Wir haben eine Dermatologin gefragt, warum „Non-Bathing“ nicht für jede:n geeignet ist.

Während der Lockdowns sind viele Menschen entspannter mit Styling und Körperhygiene umgegangen als sonst. Dies scheint einen neuen, etwas anderen Trend ermöglicht zu haben: Non-Bathing – was auf Deutsch etwa „Nicht-Baden“ bedeutet. Die Idee dahinter: Möglichst selten unter die Dusche oder in die Badewanne zu springen – für die eigene Gesundheit, gegen Wassermangel oder für die Umwelt. Auch hohe Energiepreise können zum Wasserspraren motivieren.

Zu den Anhänger:innen der neuen Hygienekultur zählen unter anderem Hollywoodgrößen wie Jennifer Aniston, Julia Roberts und Charlize Theron. Sie alle gaben laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Interviews an, nur noch einmal die Woche zu duschen, um Wasser zu sparen. Schauspielerin Mila Kunis erklärte in einem Podcast, nur Achseln, Brüste, Füße und den Intimbereich täglich zu reinigen. Feste Regeln dazu, wie oft man sich wäscht oder wo, scheint es beim Non-Bathing nicht zu geben – Hauptsache weniger als vorher.

Aus Umweltsicht sparen Kunis und Co. auf diese Weise unter anderem Energie, die benötigt wird, um warmes Wasser fürs Duschen bereitzustellen. Wer nur einzelne Regionen wäscht, benötigt dafür deutlich weniger als die 12-14 Liter Wasser, die während dem Duschen im Schnitt aus einem Standard-Duschkopf hinaus und den Abfluss hinab laufen – pro Minute! Bei einer 10-Minuten-Dusche verbraucht man also gerne mal 120 Liter.

Aber wie sieht es mit der Gesundheit aus? Ist Non-Bathing gut für die Haut? Wir haben bei einer Expertin nachgefragt. Dr. Stefanie Derendorf ist Dermatologin an der Dermatologie am St. Anna Platz im Münchner Stadtteil Lehel und hat mit uns über die richtige Körperhygiene gesprochen.

Dermatologin: Non-Bathing hat verschiedene Effekte, je nach Hauttyp

Utopia: Halten Sie Non-Bathing per se für sinnvoll? Also zum Beispiel nur einmal pro Woche Duschen?

Dr. Derendorf: Ja, die Idee, weniger zu duschen, finde ich sehr sinnvoll. In unserer Kultur duschen die Menschen nämlich eigentlich zu viel. Allerdings ist es schwierig, hier zu verallgemeinern. Ich würde nicht per se sagen, dass man nur einmal die Woche duschen soll, oder jeden Tag. Wenn ich ein Mittelmaß empfehlen müsste, dann würde ich zwei bis dreimal die Woche empfehlen.

Wieso kann man hier keine allgemeine Regel aufstellen?

Weil jeder Mensch unterschiedlich ist und es verschiedene Hauttypen gibt. Zu bestimmten Zeiten benötigt man außerdem mehr Hygiene als zu anderen.

Zum Beispiel?

Im Sommer muss man die Sonnencreme abends abwaschen, da sollte man keine Woche warten.  

„Ich kann Non-Bathing nicht jedem Hauttypen empfehlen.“

Dermatologin Interview Non-Bathing Dr. Stefanie Derendorf
Ist Non-Bathing gut für die Haut? Wir haben bei einer Dermatologin nachgefragt. (Foto: CC0 Public Domain - Pixabay/ 955169)

Welche Effekte auf die Haut sind zu erwarten, wenn man seltener duscht – zum Beispiel einmal wöchentlich?

Das hängt davon ab, welche Haut man hat. Bei trockenen Hauttypen erwarte ich eine Verbesserung des Hautbildes. Das heißt, trockene Haut sollte hier mit der Zeit weniger zu einem Problem werden.

Wie das?

Auf unserer Hautschicht befinden sich Tenside, welche unsere Haut geschmeidig halten. Beim Waschen oder Duschen werden sie aber rausgelöst. Wer schon trockene Haut hat und häufig duscht, der entfernt damit auch noch die letzte Fettschicht, die er oder sie aufgebaut hat. Das Ergebnis ist noch trocknere und juckende Haut, grade im Winter.

Und fettige Hauttypen?

Wer zu fettiger Haut neigt, bei dem könnte sich das Hautbild eventuell auch verschlechtern, wenn man weniger duscht. Hier muss man also differenzieren. Ich kann Non-Bathing deshalb nicht jedem Hauttypen empfehlen.

Woran erkennt man, welcher Hauttyp man ist?

Ich denke, die meisten haben ein ganz gutes Gefühl dafür. Aber viele sind auch überrascht. Der Wasser- und Wasser- und Fettgehalt der Haut lässt sich zum Beispiel durch objektivierbare Tests bestimmen, zum Beispiel mittels Hydrometrie und Sebumetrie, die machen wir auch bei uns in der Praxis. Ob man eher zu fettiger oder trockener Haut neigt, ist übrigens genetisch bedingt und auch von hormonellen Schwankungen abhängig. Der Wassergehalt wird eher extern beeinflusst.

Wie sieht es mit Leuten aus, die unter Hautproblemen leiden, wie zum Beispiel Neurodermitis? Kann man in diesem Fall Non-Bathing ausprobieren oder sollte man es eher lassen?

Bei Neurodermitikern, die anlagebedingt unter zu trockener Haut leiden, kann Non-Bathing sicherlich einen sehr positiven Effekt haben. Obwohl bei Neurodermitis auch Ölbäder empfohlen werden, die therapeutisch wirksam sind. Diese sollte man jedoch nicht täglich machen, sondern ein- bis zweimal die Woche.

Was würden Sie Leuten raten, die Non-Bathing einmal ausprobieren möchten?

Ich würde empfehlen, das Baden beziehungsweise Duschen langsam zu reduzieren. Wer bisher täglich geduscht hat, kann es zum Beispiel erst einmal auf jeden zweiten oder dritten Tag reduzieren. Leidet man selbst oder ein Familienmitglied an Hauterkrankungen – oder hat dies in der Vergangenheit getan – würde ich dazu raten, im Vorfeld mit einem Hautarzt zu sprechen. Auch, wenn sich die Haut negativ verändert, während man Non-Bathing praktiziert, sollte ein Dermatologe konsultiert werden.

Richtig waschen: Wo, wie und wie oft?

Wie sollte die persönliche Hygiene ablaufen – bei Non-Bathing oder auch generell?

Das ist wieder abhängig von Hauttyp und Alter. Kinder würde ich nicht täglich duschen. Wenn Erwachsene und Jugendliche sich im Intimbereich täglich reinigen, dann hat das viel mit dem persönlichen Wohlbefinden zu tun, das empfehle ich auch. Alle Zonen, die talgdrüsen- und schweißdrüsenreich sind, sollte man am besten täglich waschen, mit seifenfreien Syndets. Dazu zählen zum Beispiel die Achseln, den Intimbereich, die Hände und, wenn man zu Fußpilz neigt, die Füße.

Und das Gesicht?

Beim Gesicht ist das sehr individuell. Patienten und Patientinnen mit Akne empfehle ich die tägliche Reinigung, morgens und abends. Bei normaler Haut muss das nicht sein. Aber wenn man Sonnencremes benutzt, bestimmte Pflegeprodukte oder Makeup, dann sollte man diese natürlich abends entfernen.

Wie sieht es mit den Haaren aus?

Das ist etwas individuelles, an sich reicht alle drei Tage eine Haarwäsche. Manche Menschen neigen schnell zu fettiger Kopfhaut oder Pickelchen an der Kopfhaut, hier würde man natürlich mit zwei Haarwäschen pro Woche nicht auskommen. An sich sollte man aber auch hier nicht zu aggressiv reinigen. Ich rate zum Beispiel von stark schäumenden Shampoos ab, die trocknen die Haare schneller aus. 

Non-Bathing spart also Wasser, ist aber nicht immer zu empfehlen. Wie sieht es mit anderen wassersparenden Wasch-Methoden aus? Könnte man zum Beispiel statt zu duschen zwei bis dreimal pro Woche einen Waschlappen benutzen, um sich zu reinigen?

Ja. Aus Umweltschutzgründen kann man sich natürlich auch mit dem Waschlappen waschen, anstelle zu duschen. Hierzu benötigt man allerdings eine nicht-aggressive Seife, wir empfehlen pH-neutrale Produkte.

Ein letzter Tipp zur Körperhygiene?

Wenn alles gut läuft, dann muss man nichts verändern an der Pflegeroutine. Aber wer doch Hautprobleme hat, sollte vielleicht mal seinen Hauttyp bestimmen lassen. Viele verwenden die falschen Pflegeprodukte, weil sie nicht wissen, dass sie zu trockene oder zu fettige Haut haben.

Danke für das Gespräch!

Mehr zu Non-Bathing erfährst du hier:

Das Interview wurde erstmals am 19.7.2022 veröffentlicht.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Vielen Dank für deine Stimme!

Verwandte Themen: