Die Gen Z begeistert sich mehr und mehr für ein Flip-Phone – also für Klapphandys, die vor allem Anfang der 2000er populär waren. Warum sich die junge Generation für das Retro-Handy interessiert, erfährst du hier.
Smartphones sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Wir bezahlen mit ihnen, können sofort Themen recherchieren und die nächste Reise buchen, sind über diverse Messengerdienste permanent erreichbar, können Nachrichten, Videos und Links versenden und uns von TikTok, Instagram und anderen sozialen Medien unterhalten lassen. Vor allem für Letzteres verwenden wir beim endlosen Scrolling häufig viel Zeit. Zudem geben wir über das Smartphone oft leichtfertig unsere Daten weiter.
Davon haben einige junge Nutzer:innen jetzt genug: Die Gen Z hat das Flip-Phone und das daraus resultierende Digital Detox für sich entdeckt. Dabei ist es vor allem interessant, dass gerade die Menschen, die größtenteils schon als „Digital Natives“ mit Smartphones aufgewachsen sind, sich nun für alte Klapphandys begeistern, mit denen man kaum mehr tun kann als zu telefonieren und SMS zu verschicken.
Gen Z und das Flip-Phone: Woher kommt der Trend?
Der Hintergrund des Flip-Phone Trends bei Gen Z basiert auf der wachsenden Nutzung von Smartphones:
Durch Smartphones sind wir ständig erreichbar, können uns permanent ablenken oder per Push-Nachricht über die neuesten Nachrichten und Entwicklungen informieren lassen. Das hat nicht nur Vorteile: Ein unkontrollierter Smartphone-Konsum kann in einem zwanghaften Verhalten münden und etwa Stress, Schlafstörungen und Depressionen begünstigen. Bestimmte Social-Media-Apps, wie TikTok, fressen zudem nicht nur viel Zeit, sondern können auch zum sogenannten TikTok-Brain führen und damit unsere Aufmerksamkeitsspanne drastisch verkürzen.
Dass uns das Smartphone auf so starke Weise beeinflussen kann, liegt vor allem an Prozessen, die in unserem Gehirn ablaufen. So schütten wir zum Beispiel jedes Mal Dopamin aus, wenn wir sehen, dass wir eine Nachricht bekommen haben. Wir haben dann das Bedürfnis, die Nachricht sofort zu lesen. Wenn ein paar Minuten später die nächste kommt, folgt der nächste Dopaminrausch. Diesen Mechanismus gibt es etwa auch beim Glücksspiel, so Suchttherapeut Benjamin Grünbichler gegenüber Utopia in einem Artikel zu Handysucht.
Da verwundert es auch nicht, dass einige Gen-Zler das Smartphone grundsätzlich infrage stellen: Drei von fünf Gen-Zlern geben an, dass sie gern weniger mit der digitalen Welt verbunden sein würden, so der Technologie-Analyst Joe Birch gegenüber The Guardian.
Analysen bestätigen laut dem Guardian zudem, dass sich Vertreter:innen der Gen Z mehr Gedanken um Datenschutz und ihre Privatsphäre machen. Auch das ist ein Grund für die Gen Z auf ein Klapphandy umzusteigen: Dort gibt es kaum Apps, die Daten sammeln und das eigene Nutzungsverhalten durch Algorithmen und Werbungen beeinflussen.
FlipPhone in der Gen Z: Bislang Randerscheinung
Wie beliebt das Flip-Phone in der Gen Z bereits ist, verdeutlicht auch der Erfolg des sogenannten „Boring Phones“ auf der Mailänder Designwoche. Das Boring Phone ist ein einfaches Klapp-Handy, das von der Brauerei Heineken und dem Modehändler Bodega in Auftrag gegeben wurde. Aber auch andere Feature-Phones – also Handys ohne Apps und Touchscreen – sind wieder in Mode gekommen.
Laut dem Guardian kam der Trend insbesondere im Jahr 2023 in den USA ins Rollen – und zwar ironischerweise durch die Plattform TikTok, auf der der Hashtag #bringbackflipphones populär wurde.
Dass das Flip-Phone das Smartphone verdrängt, bleibt dabei jedoch bislang unwahrscheinlich: So erläutert Joe Birch gegenüber dem Guardian, dass nach wie vor neun von zehn Handys immer noch Smartphones sind. Feature-Phones bleiben also eine Nischenerscheinung.
Wie sinnvoll ist der Flip-Phone-Trend?
Wie schwierig es ist, das Smartphone durch ein Flip-Phone auszutauschen, hat Florian Christof von FutureZone für eine Woche ausprobiert. Sein Fazit: Mit einem Flip-Phone ohne Apps vermeidet man das Risiko, sich in sinnlosem Scrollen zu verlieren. Zudem muss man nicht ständig fürchten, durch Benachrichtigungen abgelenkt zu werden.
Auf der anderen Seite empfand Christof den Umstieg auch als einschränkend und unnötig: So konnte er nicht mehr mit seinem Handy bezahlen, kurz etwas im Internet recherchieren oder sein Öffiticket in einer App zeigen. Auch das Schreiben von Nachrichten dauert mit einem Tastenhandy natürlich deutlich länger.
Dies verdeutlicht den großen Nachteil am Flip-Phone-Trend: Ohne ein Smartphone kannst du in unserer digitalisierten Welt viele Funktionen und Dienste nicht wahrnehmen. Du kannst nicht einfach mal zwischendurch ein Zugticket buchen oder dich in einer fremden Stadt über eine Navigations-App orientieren. Auch benötigst du häufig ein Smartphone für eine Zwei-Faktoren-Authentifizierung (zum Beispiel beim Online-Banking). Ohne ein Smartphone zu leben ist dabei zwar möglich, aber in diesen Fällen deutlich komplizierter.
Digital-Detox trotz Smartphone möglich
Dass die Gen Z das Klapphandy für sich entdeckt hat, ist also durchaus nachvollziehbar. Die Idee, auf die Nutzung von Smartphones zu verzichten, kann durchaus einigen negativen Konsequenzen entgegenwirken.
Allerdings musst du nicht unbedingt völlig auf ein Smartphone verzichten, um ungesunde Konsequenzen des Handykonsums zu vermeiden. So kannst du auch andere Maßnahmen ergreifen und dich zum Beispiel daran gewöhnen, dein Smartphone öfter mal zu Hause zu lassen, Push-Benachrichtigungen oder auch das komplette Handy ausschalten oder feste Zeiten für den Handykonsum festlegen.
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