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Doku ‚Die Ausbeutung der Urwälder‘: FSC wehrt sich gegen Vorwürfe

Doku-Tipp Die Ausbeutung der Urwälder
Foto: Sven Christian Schulz / Utopia

Das FSC-Siegel zertifiziert seit 25 Jahren nachhaltige Holzprodukte. Was hat es gebracht? Eine Arte-Doku zieht eine Bilanz, die etwas einseitig ausfällt …

„Wir haben keinen Planeten B“, sagt Astronaut Alexander Gerst mit Blick auf die gerodeten Regenwälder. Von der ISS aus sieht er, wie immer mehr Wälder abgeholzt werden – und warnt vor den Folgen für die Natur und unser Klima. Immerhin ist die Rodung des Regenwalds für mehr CO2 verantwortlich, als alle Autos und LKWs zusammen.

Das Öko-Siegel FSC will das ändern: Vor 25 Jahren wurde das Siegel gegründet, um Papier und Holzprodukte aus nachhaltiger Holzwirtschaft zu zertifizieren. Über 200 Millionen Hektar Wald sind inzwischen mit dem FSC-Label zertifiziert – eine Fläche so groß wie Westeuropa.

Klingt gut, doch eine Arte-Doku klagt vollmundig an: Selbst Unternehmen, die beschuldigt werden, auch illegal geschlagenes Urwaldholz zu verarbeiten, würde das Ökosiegel nicht zwangsläufig vom FSC entzogen. Und selbst eine Firma, die für illegale Abholzungen im brasilianischen Regenwald verurteilt wurde, dürfe das Siegel für nachhaltige Forstwirtschaft weiter nutzen.

In einem Statement wehrt sich der Forest Stewardship Council (FSC) gegen den von Arte ausgestrahlten Film „Die Ausbeutung der Urwälder“ und seine Behauptungen. „Auch wenn wir uns als FSC bewusst sind, dass unsere Arbeit in einigen Bereichen noch weiterentwickelt und verbessert werden muss, sind wir bestürzt darüber, wie schamlos hier Fakten verdreht wurden.“

FSC: Doku ist „erschreckend einseitig“

FSC-Holz: nicht immer perfekt
FSC-Holz: nicht immer perfekt
(Foto: Sven Christian Schulz / Utopia)

Besonders schwer wiege, dass von den Produzenten der Dokumentation sogar Andeutungen gemacht wurden, der FSC stehe in Verbindung mit dem organisierten Verbrechen oder Aktivitäten, die gegen die Menschenwürde verstoßen. Die Dokumentation würde das mit erschreckenden Bilder von getöteten Aktivisten, heimatlosen indigenen Gemeinden und abgeholzten Gebieten suggerieren. Dabei würde immer wieder der Schluss gezogen, dass diese entsetzlichen Szenen indirekt durch den FSC verursacht oder toleriert werden.

„Der aufwändig produzierte Beitrag zum FSC ist erschreckend einseitig und an vielen Stellen falsch“, so Dr. Uwe Sayer, Geschäftsführer FSC Deutschland, auf Utopia-Nachfrage. „Wenn nicht falsch, so verschweigt der Beitrag doch an vielen Stellen die Komplexität der Herausforderungen von Forstwirtschaft weltweit und versucht dem FSC das Problem in Gänze in die Schuhe zu schieben.“

Der Beitrag unterschlage an fast allen relevanten Punkten die harte Arbeit und die zahlreichen Erfolge, die der FSC an jedem einzelnen Beispiel erreicht habe. Zumindest eine Benennung dieser Punkte hätte man von einer Arte-Doku erwarten dürfen. „Nach 12 Monaten Recherchearbeit zweier Journalisten ist es unangemessen, alle Waldprobleme dem FSC anzulasten zu wollen und dabei das Engagement und auch die Leistungen des FSCs und der dahinter stehenden Menschen weltweit derart und offenbar vorsätzlich zu demontieren“, so Dr. Sayer. 

Doku im Faktencheck

Nachhaltige Forstwirtschaft: ein komplexes Thema
Nachhaltige Forstwirtschaft: ein komplexes Thema
(Foto: Sven Christian Schulz / Utopia)

Ratlos und fast schon naiv lasse der Beitrag den Zuschauer zurück mit dem Ruf nach mehr staatlichem Eingreifen. „Das grenzt an Zynismus, bedenkt man, dass der FSC ein direktes Resultat des freiwilligen Sektors in Anbetracht staatlicher Abwesenheit ist, wenn es um internationalen Waldschutz geht. Die Existenz von großen Mengen illegalen Holzes auf dem Weltmarkt oder der fehlende Respekt von angestammten Landnutzungsrechten von Menschen vor Ort bei der Vergabe von Konzessionen durch staatliche Behörden in vielen tropischen Wäldern belegt doch, dass staatliche Mittel weltweit im Wald flächenhaft versagen und staatliche Verantwortung einfach substanziell fehlt“, so Dr. Sayer von FSC weiter.

„Ich kann verstehen, dass der FSC und seine Unzulänglichkeiten (die es gemessen an den Herausforderungen natürlich gibt – wer wäre so naiv zu glauben, dass so ein System überall und permanent perfekt ist) kritisch beleuchtet werden. Inakzeptabel ist es allerdings, im Beitrag wichtige Informationen – wo es der FSC-Demontage nicht dienlich ist – einfach wegzulassen. Zitate werden verzerrt wiederzugeben oder in irreführenden Kontext gestellt und positive Bewertungen zahlreicher Akteure vor Ort, die sich konkret für die Verbesserung der Situation einsetzen, werden schlicht ignorieren.“

Den Behauptungen des Films stellt der FSC hier einen Faktencheck gegenüber:

Eine interessante Perspektive auf das Thema wirft der WWF:

Unser Fazit: Das FSC-Siegel ist ein erster Weg zu nachhaltigerem Holz, doch gerade bei über 200 Millionen Hektar Wald gibt es zwangsläufig auch Schlupflöcher. Der FSC gibt daher stets auch bereitwillig zu, nicht perfekt zu sein. Doch eine so einseitige Berichterstattung hat das Siegel eigentlich nicht verdient – denn es gibt derzeit keine Alternative dazu. Wer sich den Film ansieht, sollte daher unbedingt auch den Faktencheck lesen.

  • Sender: Arte
  • Doku im Stream: Arte-Mediathek bis 22.10.2018
  • Dauer: 98 Minuten

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