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Einsamkeit: Das sind die fünf größten Risikofaktoren

Einsamkeit Risikofaktor
Foto: CC0 / Pixabay / Pexels

Alle Menschen möchten sich verbunden fühlen. Doch für manche ist das weniger einfach als für andere. Die Risikofaktoren für Einsamkeit hängen von verschiedenen Umständen ab. Wir stellen dir fünf wichtige vor.

Neben Nahrung, Kleidung und Geborgenheit zählt auch Verbundenheit zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Wer sich nicht verbunden fühlt, wird einsam. Daher ist es wichtig, die Risikofaktoren für Einsamkeit zu verstehen, um sich selbst und anderen zu helfen und für ein besseres Miteinander zu sorgen. 

Die Stiftung ZQP definiert Einsamkeit als „das belastende Gefühl, Geborgenheit, Zugehörigkeit und Verständnis zu vermissen„. Dabei kann es sich um eine vorübergehende Situation oder einen langfristigen Zustand handeln. 

Es gibt zahlreiche Lebensumstände, die diese Gefühle auslösen können. Psycholog:innen fassen sie in fünf Risikofaktoren zusammen, die Einsamkeit begünstigen, zur sozialen Isolation führen und die Lebenserwartung verkürzen können. 

1. Risikofaktor: Alt und jung sind eher einsam

Menschen im hohen Alter aber auch in jungen Jahren sind dem Risikofaktor zur Einsamkeit ausgesetzt.
Menschen im hohen Alter aber auch in jungen Jahren sind dem Risikofaktor zur Einsamkeit ausgesetzt.
(Foto: CC0 / Pixabay / stevepb)

Bei dem Begriff „Risikofaktor Einsamkeit“ kommt wohl den meisten zunächst das Alter in den Sinn. Tatsächlich ist es nicht selten, dass Menschen in hohem Alter einsamer werden. Alte Menschen verlieren zunehmend Angehörige, sind oft weniger mobil und vernetzt und leiden mitunter an Altersarmut. Das hat zur Folge, dass sie weniger neue Kontakte knüpfen oder alte Bekanntschaften pflegen können und weniger aktiv (mit anderen) am Leben teilhaben können.

Die AOK warnt vor Einsamkeit im Alter, insbesondere dann, wenn die eingeschränkte Mobilität zusätzlich zu Isolation führt. Diese Probleme können die Lebenserwartung einer Person deutlich verringern. 

Doch nicht nur alte Menschen sind von altersbedingten Risikofaktoren der Einsamkeit betroffen. Auch junge Menschen haben mit dem Gefühl zu kämpfen. Sie müssen oft zunächst ihren Weg finden, Beziehungen knüpfen und Netzwerke aufbauen. So kann es bis ins mittlere Alter dauern, bis wir eine subjektive Stabilität und Verbundenheit erfahren. 

In einer 2024 veröffentlichten Studie stellen Forschende das U-Modell vor. Zu Beginn unseres Lebens ist die Einsamkeit hoch, sie nimmt im Erwachsenenleben ab, bis sie sich im mittleren Alter stabilisiert (Unterseite des U). Mit zunehmendem Alter steigt die Einsamkeit wieder und nimmt bis zum Tod nicht mehr ab.

Tipp: Eine Möglichkeit, wie Jung und Alt zusammenfinden können, sind Wohnungsgenossenschaften. Einige Genossenschaften sprechen sich bewusst für Mehr-Generationen-Konzepte aus, sodass sich Menschen allen Alters unterstützen können. 

2. Risikofaktor: Gesundheitlich bedingte Einsamkeit

Pflegbedürftige Menschen leiden eher an Isolation und Einsamkeit.
Pflegbedürftige Menschen leiden eher an Isolation und Einsamkeit.
(Foto: CC0 / Pixabay / josealbafotos)

Oft mit fortschreitendem Alter verbunden ist ein weiterer Einsamkeits-Risikofaktor: mangelnde Gesundheit. Menschen, die pflegebedürftig, körperlich oder kognitiv eingeschränkt oder sogar bettlägerig sind, können weniger am sozialen Leben teilhaben. Ein Mangel an Verbundenheit kann sie schnell einsam machen.

Die Herausforderung dabei ist, dass Einsamkeit und Gesundheit wechselseitig zusammenhängen. Menschen mit physischen oder psychischen Problemen leben oft zurückgezogener. Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen einsam fühlen, sind wiederum anfälliger für Krankheiten.

Laut Stiftung ZQP können Folgen beispielsweise sein:

Zum Beispiel ist es daher oft so, dass Einsamkeit ein Symptom der Depression ist, nicht deren Ursache. In einem anderen Ratgeber erfährst du, wie du Menschen mit Depressionen helfen kannst. 

3. Bildung und Wohlstand

Wie die beiden vorher genannten Risikofaktoren zeigen, hängt Einsamkeit oft mit einer eingeschränkten Fähigkeit zusammen, am Sozialleben teilhaben zu können. Die Ärtztekammer Nordrhein nennt daher Migrationshintergrund, geringes Einkommen und Arbeitslosigkeit als weitere Risikofaktoren für Einsamkeit. 

Menschen mit guter Bildung bekommen einen besseren Job, verdienen mehr und die finanziellen Mittel ermöglichen ihnen soziale Aktivitäten wie Kinogänge, Restaurantbesuche oder (nachhaltiges) Reisen im Urlaub. Somit sind sie möglicherweise weniger isoliert oder einsam. 

Leider sind besonders Menschen mit Migrationshintergrund oder aus weniger wohlhabenden Familien von diesem Risikofaktor betroffen. Dazu kommt, dass auf Menschen mit weniger Wohlstand möglicherweise herabgeschaut wird, was verstärkt zu Marginalisierung und Mobbing führen kann. 

Eine Langzeitstudie erklärt in diesem Zusammenhang, dass das auch mit Selbstvertrauen und dem Glauben an Selbstverwirklichung zu tun hat. Menschen, denen es daran fehlt (beispielsweise wegen Ausgrenzung), seien eher einsam. 

Wissenschaftler:innen aus San Diego erklären außerdem, dass Menschen mit hohem Bildungsstand im Alter von Weisheit profitieren. Sie sind daher besonders selbstreflektiert, weltoffen und können sich auf neue Perspektiven einlassen. Weisheit kann den Forschenden zufolge also Einsamkeit entgegensteuern.

4. Soziale Isolation: Risiko und Folge

Soziale isolation kann sowohl eine Folge von, als auch ein Risikofaktor für Einsamkeit sein.
Soziale isolation kann sowohl eine Folge von, als auch ein Risikofaktor für Einsamkeit sein.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Soziale Isolation ist nicht nur ein Risikofaktor für Einsamkeit, sondern auch eine mögliche Folge. Einsamkeit und Isolation müssen sich nicht zwangsweise bedingen. Dennoch ist es bekannt, dass die Einsamkeit einer Person eng mit der Dichte ihres sozialen Netzwerks in Verbindung steht.  

In Fachkreisen unterscheidet man die beiden Faktoren wie folgt:

  • Soziale Isolation: Die Person hat objektiv betrachtet wenig Interaktion mit anderen und der soziale Austausch ist stark eingeschränkt.
  • Einsamkeit: Beschreibt das subjektive Gefühl, sich einsam und alleine zu fühlen, selbst wenn man ein relativ dichtes soziales Netzwerk hat. 

In anderen Worten: Eine Person kann sich einsam fühlen, selbst wenn sie umgeben von anderen ist. Eine sozial isolierte Person muss sich hingegen nicht immer einsam fühlen, es kann sich auch um eine bewusste Entscheidung handeln, alleine zu sein

Dazu auch interessant: Hikikomori: Wieso sich Menschen freiwillig isolieren

Ein Bericht der American Psychological Association im Science Daily bestätigt jedoch, dass Menschen, die alleine leben, beziehungsweise objektiv als sozial isoliert gelten, anfälliger für Krankheiten sind und eine verkürzte Lebenserwartung haben. 

Zu demselben Schluss kamen Psycholog:innen in einer amerikanischen Studie von 2019. Menschen, die im hohen Alter eine enge Bezugsperson haben (also nicht sozial isoliert sind), sind weniger einsam und erfreuen sich einer besseren Gesundheit. 

5. Frauen klagen über mehr Einsamkeit

Ob Frauen wirklich einen höheren Risikofaktor für Einsamkeit haben, ist nicht klar.
Ob Frauen wirklich einen höheren Risikofaktor für Einsamkeit haben, ist nicht klar.
(Foto: CC0 / Pixabay / sasint)

Ein weiterer Risikofaktor für Einsamkeit bezieht sich auf Geschlecht und sexuelle Orientierung. In einer Kampagne gegen Einsamkeit wurden folgende Punkte herausgearbeitet:

  • 24 Prozent der Frauen klagen über Einsamkeit.
  • Bei Männern sind es mit 20 Prozent etwas weniger.
  • Die Wahrscheinlichkeit bei Männern ist zehn Prozent geringer, dass sie sich über Einsamkeit beklagen.
  • Zusätzlich sind LGBTQ-Menschen besonders von Einsamkeit bedroht. Das hat unter anderem mit gesellschaftlicher Stigmatisierung und Abgrenzung zu tun. 

Frauen sind in der Regel dazu sozialisiert, sensibler und emotionaler zu reagieren als Männer und internalisieren Erfahrungen. Diese Wendung nach innen wiederum kann als Einsamkeit wahrgenommen werden. Die Annahme, dass Frauen einsamer sind als Männer, lässt sich wissenschaftlich jedoch nicht direkt bestätigen. Schließlich handelt es sich um ein komplexes sozial-gesellschaftliches Thema.

Die Wissenschaftlerin Pamela Qualter hat dazu eine Studie veröffentlicht, in der sie diese Möglichkeit betrachtet. Aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen fällt es Männern schwerer, sich verletzlich zu zeigen und Einsamkeit zuzugeben. In ihren Untersuchungen hat Qualter den Begriff „Einsamkeit“ kaschiert und fand so heraus, dass Männer sich tatsächlich häufiger einsam fühlen als die befragten Frauen.

Da es sich bei Einsamkeit um ein subjektives Gefühl handelt, lässt es sich nur schwer messen. Eine konkrete Aussage über Einfluss von Geschlecht als Risikofaktor für Einsamkeit ist somit schwer möglich. 

Einsamkeit: Risikofaktoren entgegenwirken

Menschen mit einer Bezugsperson sind besonders im Alter weniger von Einsamkeit als Risikofaktor betroffen.
Menschen mit einer Bezugsperson sind besonders im Alter weniger von Einsamkeit als Risikofaktor betroffen.
(Foto: CC0 / Pixabay / sabinevanerp)

Die Risikofaktoren für Einsamkeit hängen also in der Regel mit sozialem Status, Umfeld, körperlichen und finanziellen Möglichkeiten sowie allgemeiner Gesundheit zusammen. Diese Faktoren zu verstehen, ist hilfreich, um Einsamkeit entgegenzuwirken und die Risiken für sich und andere zu reduzieren. 

Der Bundestag nimmt dazu Stellung und veröffentlichte die Forschungsergebnisse der Universität Bonn. Es handle sich um ein Thema für die Gesundheitspolitik, da durch Einsamkeit das Gesundheitssystem belastet wird und aktuelle Trends wie Digitalisierung und Klimawandel die Risikofaktoren verstärken. 

Auf Bundesebene gibt es mögliche Handlungsfelder:

  • Forschung im Bereich Einsamkeit ausweiten. 
  • Mittel finanzieren, um Einsamkeit zu messen und zu überwachen. 
  • Betroffene vernetzen. Dazu gehören auch ehrenamtliche Organisationen, Politik und Ämter. 
  • Einsamkeitsbeauftrage in das politische Gesundheitswesen integrieren. 

Natürlich musst du nicht alles der Politik überlassen. In folgenden Artikeln findest du hilfreiche Tipps, wie du mit Einsamkeit bei dir und anderen umgehen kannst:

Tipp: Wenn du dir um dich oder andere Sorgen machst, kannst du außerdem ärztlichen Rat einholen oder die Telefonseelsorge kontaktieren. 

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