Die elektronische Patientenakte (ePA) wird ab 2025 für alle gesetzlich Versicherten eingeführt – sofern sie dem nicht widersprechen. Verbraucherschützerin Sabine erklärt, was die ePA bringen soll, wie man sie nutzt und wie sicher die sensiblen Gesundheitsdaten sind.
Befunde, OP-Berichte, Arztbriefe – insbesondere Menschen mit einer längeren Krankengeschichte schleppen oft eine Vielzahl an Unterlagen von Praxis zu Praxis. Die elektronische Patientenakte (ePA) soll künftig sowohl Patient:innen als auch Arztpraxen von diesem Papierchaos befreien.
Ab Anfang 2025 richten die gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten automatisch eine ePA ein – es sei denn, sie widersprechen der Erstellung. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen:
1. Was genau ist die elektronische Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte ist ein virtueller Aktenordner, in den künftig die Gesundheitsdaten von uns Patienten hineinkommen“, erklärt Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Darin können beispielsweise Arztbriefe, Laborergebnisse und Entlassberichte aus dem Krankenhaus zentral gespeichert werden. Zukünftig sollen auch das Zahnbonusheft oder der Impfpass dort digital hinterlegt werden.
Beim ersten Blick in die ePA wird auffallen: Sie ist zunächst leer. Zu Beginn sind Ärztinnen und Ärzte ab dem Start Anfang 2025 zwar verpflichtet, aktuelle Behandlungsunterlagen in die Akte einzutragen, ältere Befunde oder Dokumente laden sie jedoch nicht nachträglich hoch.
Versicherte können diese Dokumente aber selbst hinzufügen oder ihre Krankenkasse um Unterstützung bitten: Ab 2025 können sie zweimal innerhalb von 24 Monaten die Digitalisierung von bis zu zehn älteren medizinischen Dokumenten beantragen. Die Krankenkasse übernimmt diese Aufgabe, wie die Verbraucherzentrale erläutert.
„Über die Jahre füllt sich die ePA – als Patient hat man ab einem gewissen Zeitpunkt den Überblick über alle seine Gesundheitsdaten“, so Wolter. Allerdings bleibt die Nutzung der ePA freiwillig – und das auch langfristig.
2. Wann startet die elektronische Patientenakte?
Im Jahr 2025 richten die gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten, die nicht widersprochen haben, automatisch eine ePA ein. „Das erfolgt automatisch“, erklärt Sabine Wolter. Ein erster wichtiger Termin ist der 15. Januar 2025: Zu diesem Zeitpunkt wird die ePA zunächst in ausgewählten Modellregionen für gesetzlich Versicherte eingeführt – darunter Hamburg, Franken und Teile von Nordrhein-Westfalen.
Wenn alles planmäßig verläuft, sollen alle übrigen gesetzlich Versicherten ihre ePA einen Monat später erhalten. Der genaue Zeitpunkt kann jedoch je nach Krankenkasse variieren.
„Dann sind übrigens auch die Ärzte verpflichtet, die ePA zu befüllen“, so Wolter weiter. „Aber auch da kann es zu Verzögerungen kommen, weil die Praxen ihre Verwaltungssoftware erst einmal aufrüsten müssen.“
3. Welche Vorteile soll ich als Patient:in haben?
Besserer Überblick über die Krankheitsgeschichte: Wann fand die Bauchspiegelung statt? Seit wann nutze ich diese Augentropfen? Solche Fragen können im Arztgespräch schnell Unsicherheiten auslösen. „Viele Menschen haben Schwierigkeiten, ihre gesamte Krankengeschichte zu schildern oder kennen die Fachbegriffe nicht“, erklärt Sabine Wolter. Mit der ePA soll ein Arztwechsel einfacher werden, da die neue Praxis direkt auf die hinterlegten Daten zugreifen kann.
Zugriff auf Dokumente: Alle medizinischen Unterlagen an einem Ort zu haben, kann eine große Erleichterung sein. Laut Wolter wenden sich immer wieder Menschen an die Verbraucherzentrale, die Probleme schildern, weil Praxen sich weigern, ihnen ihre Dokumente auszuhändigen.
Bessere Behandlung im Notfall: Welche Vorerkrankungen liegen vor? Welche Untersuchungen wurden bereits gemacht? Die ePA kann Antworten auf solche Fragen liefern. Besonders im Notfall zahlt sich das aus, betont die Verbraucherschützerin. Wer die elektronische Gesundheitskarte bei sich trägt, ermöglicht spätestens in der Notaufnahme Zugriff auf die ePA – und somit auf wichtige Informationen für die Behandlung.
4. Wie bekomme ich Zugriff auf meine ePA?
Die Arztpraxis, die Physiotherapeutin oder das Sanitätshaus bekommen über das Auslesen der elektronischen Gesundheitskarte Zugriff auf die Daten, die in der elektronischen Patientenakte liegen und die für sie sichtbar sind.
Aber wie kommst du selbst an Ihre ePA? „Wer die vollen Möglichkeiten nutzen will, braucht die ePA-App seiner Krankenkasse“, sagt Sabine Wolter. Wie die genau heißt, kann man über eine Liste der Gematik herausfinden, der nationalen Agentur für digitale Medizin.
Alternativ soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, sich über eine Browser-Anwendung am PC Zugang zur ePA zu verschaffen.
Was es für den Zugang braucht:
- Elektronische Gesundheitskarte mit NFC-Funktion: „Die erkennt man daran, dass sich ein kleines Funkwellen-Symbol auf der Karte befindet“, sagt Wolter.
- PIN: Die müssen Versicherte bei ihrer Krankenkasse anfordern – das kann man auch vorab schon tun. „Die bekommen Sie allerdings nicht einfach so per Post zugeschickt, sondern Sie müssen sich authentifizieren“, sagt Wolter. Gängig ist das Postident-Verfahren, bei dem man sich in der Postfiliale vor Ort mit dem Personalausweis legitimiert.
- Endgerät: Die mobilen Betriebssysteme Android 10 oder iOS 16 sollten es auf dem Smartphone mindestens sein. „Beim PC braucht man ein Kartenlesegerät mit Sicherheitsstufe zwei“, sagt Wolter.
Längst nicht jedem erscheint dieser Prozess leicht: „Die App freizuschalten, erfordert Frustrationstoleranz“, schreibt die Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 1/2025). Wer Unterstützung braucht, kann sie bei seiner Krankenkasse bekommen: Mit dem Ausrollen der ePA sind die Kassen verpflichtet, Ombudsstellen einzurichten, die bei der Einrichtung unterstützen.
Ist die App einmal zum Laufen gebracht, kann man die Dokumente in der ePA einsehen. Um sich in der App anzumelden, muss man dann die elektronische Gesundheitskarte ans Smartphone oder PC-Kartenlesegerät halten.
6. Was gilt eigentlich für Kinder?
Auch Kinder erhalten eine ePA – vorausgesetzt, ihre Eltern widersprechen nicht. „Ein Baby, das im März geboren wird, bekommt mit Beginn seiner gesetzlichen Familienversicherung eine ePA eingerichtet. Diese wird dann von den Eltern verwaltet“, erklärt Sabine Wolter. Die Verwaltung durch die Eltern gilt bis zum 16. Lebensjahr. Danach kann das Kind selbstständig über die Nutzung seiner ePA entscheiden.
7. Wie widerspreche ich?
Die Nutzung der ePA bleibt freiwillig. Wer nicht möchte, dass für ihn oder sie eine ePA eingerichtet wird, sollte rechtzeitig widersprechen. Den genauen Ablauf erklärt die jeweilige Krankenkasse.
Auch wenn die ePA bereits erstellt wurde, kann sie auf Wunsch wieder gelöscht werden. Sollte man seine Entscheidung später bereuen, ist das ebenfalls kein Problem: „Man kann die Krankenkasse auch nachträglich darum bitten, eine neue ePA anzulegen“, sagt Sabine Wolter.
8. Sind meine Daten sicher?
„Das Schutzniveau ist schon sehr hoch“, betont Sabine Wolter. „Die Daten werden schließlich nicht per Mail verschickt, sondern über die spezielle Telematikinfrastruktur, ein geschlossenes Datensystem im Gesundheitswesen.“
Zugriff auf die Inhalte der ePA erhalten nur Ärztinnen, Ärzte sowie Patientinnen und Patienten – und das erst nach entsprechender Identifikation. Dennoch gilt wie bei allen digitalen Anwendungen: „Im Netz ist nie alles hundertprozentig sicher“, warnt Wolter.
Übrigens: Laut Gematik haben die Krankenkassen selbst keinen Zugriff auf die ePA. Nur Patienten und autorisierte Heilberufler können die gespeicherten Daten einsehen.
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