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Das nächste Shein: Ist der Fast-Fashion-Shop Cider noch schlimmer?

Das nächste Shein: Ist der Fast Fashion-Shop Cider noch schlimmer?
Foto: Screenhots Cider App

Eine der neuesten Fast-Fashion-Marken ist Cider. Der Shop kommt – wie sein Konkurrent Shein – aus China und hat Billigmode im Angebot. Wie gefährlich ist Cider? Was sind die Unterschiede zu Shein? Wir haben uns den Shop Cider näher angeschaut.

Der Hype um Fast-Fashion reißt einfach nicht ab und trotz wachsender Kritik an Fast Fashion und ihren Problemen ist die Entwicklung des Marktes ungebrochen. Cider (bekannt auch als Shop Cider) wird derzeit als neues Shein, als neuer Stern am Fast-Fashion-Mode-Himmel gehandelt. „Die Parallelen zu den bisherigen Fast-Fashion-Kings wie Shein und trendyol sind absolut kein Zufall“, erklärt Funk, das Content-Netzwerk von ARD und ZDF. Cider bezeichnet sich selbst als „die Happy Hour deines Kleiderschranks“ und spielt damit auf die günstigen Preise an: Socken für 1,60 Euro, Shirts für 4 Euro und Kleider für unter 8 Euro.

Was sind die Unterschiede zu Shein?

Fangen wir mit den Gemeinsamkeiten der beiden Fast-Fashion-Labels Shein und Cider an: Auch Cider bietet trendige Fashion für eine junge, weibliche Zielgruppe, und zwar im Minutentakt: Bis zu 500 Teile wandern Tag für Tag neu in den Shop. Produziert wird nach dem Modell des „Real Time Retails“: Von der Kreation bis zum Verkauf im Online-Shop vergehen nur wenige Tage. Auch Cider wird (wie Shein) vorgeworfen, Designs zu klauen und zu kopieren.

Sowohl Shein als auch Cider kommen aus China und produzieren ihre Mode dort. Die Looks ähneln sich stark, beide Unternehmen setzen auf hohe Rabatte und Werbung durch Influencerinnen. Mittlerweile hat Cider auf TikTok und Instagram insgesamt über 5 Mio. Follower:innen.

„Cider passt perfekt ins Bild von Ultra-Fast-Fashion, der Shop arbeitet nach demselben Modell wie zum Beispiel Shein“, so Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace, gegenüber Utopia.

(Foto: Screenhots Cider )

Uns ist aufgefallen: Die Preise sind bei Cider etwas höher als bei Shein, das Erscheinungsbild im Netz allerdings deutlich unprofessioneller. Rechtschreib- und Übersetzungsfehler, wohin man schaut. Dazu viele schlechte Bewertungen. Eine Userin auf Trustpilot schreibt: „4 Kleidungsstücke und keins hat mir gepasst. Sehr billige Qualität. Produkte kommen von China, Rückgaben müssen nach USA. Unverständlich!“ Eine andere Userin kritisiert: „Die Rücksendebedingungen sind unter der Gürtellinie. Ich habe nur ein Kleidungsstück bestellt, das viel zu klein war und habe für die Rücksendung 12,50€ bezahlt.“

Noch ist Cider ein relativ kleiner „Fisch“: Der Jahresumsatz von Cider wird auf 1 bis 2 Millionen US-Dollar geschätzt. Zum Vergleich: Der Umsatz von Shein betrug im Jahr 2022 knapp 23 Milliarden US-Dollar. Aber das könnte sich rasch ändern: Mittlerweile ist Cider in Deutschland auf Platz 7 der Shopping-Apps im App Store – vor Zalando, H&M und Otto, in den USA ist er auf Platz 25. Ein Grund für den rasanten Aufstieg von Cider: „Cider arbeitet mit extrem aggressiven Marketingmethoden, wie auch Shein“, so Viola Wohlgemuth.

Wie nachhaltig ist Cider?

Das Unternehmen beschreibt sich auf seiner Homepage als „eine global denkende, sozial orientierte Modemarke“, die „Kleidung für eine neue Generation“ herstellt.

Cider wirbt mit einer eigenen Nachhaltigkeitskollektion und mit „Smart Fashion“, einem Modell, bei dem angeblich nur so viel produziert wird wie nachgefragt.

(Foto: Screenhots Cider)

Dass es mit diesen Behauptungen nicht weit her sein kann, zeigt ein Blick in den Shop:

  • Es gibt bei der Suche im Shop keine Möglichkeit, explizit nach Kleidung aus recycelten Materialien zu suchen. Die meisten Kleidungsstücke bestehen aus Kunstfasern.
  • Auch Cider lässt in China produzieren. Das allein sagt nichts über die Arbeitsbedingungen und die sozialen Standards aus. Da das Unternehmen aber kaum Informationen auf seiner Webseite veröffentlicht, muss man davon ausgehen, dass die Arbeitsbedingungen denen anderer Fast-Fashion-Produzenten ähneln.
  • Das eigene Nachhaltigkeits-Siegel ist nicht transparent, es lässt sich nicht nachvollziehen, ab wann ein Kleidungsstück als recycelt gilt. Cider veröffentlicht keinerlei Belege seiner angeblichen Nachhaltigkeitsbemühungen.
  • Cider arbeitet mit sogenannten ‚Dark Patterns‘, die Konsument:innen dazu verleiten sollen, mehr Artikel zu kaufen als eigentlich geplant. 
  • Das Unternehmen hat seinen Sitz nicht in Europa und ist damit nicht haftbar.

In unserem Gespräch bestätigt Viola Wohlgemuth von Greenpeace: „Nachhaltigkeit und Cider – das sind zwei Dinge, die nicht zusammen passen. Hier handelt es sich um eine absolute Farce“. Und weiter: „Es ist stark davon auszugehen, dass Cider in denselben Regionen und unter denselben schlechten Bedingungen produzieren lässt wie auch Shein“. Beweise dafür liegen allerdings auch Greenpeace derzeit nicht vor.

Bei einem Test von Kleidung von Shein fand Greenpeace bei Labor-Untersuchungen in 79 % der untersuchten Produkte „gefährliche Chemikalien“ und in 15 % sogar in so besorgniserregenden Mengen, dass sie gegen die EU-Chemikalienverordnung verstießen.

Good on you, eine Website, die Modemarken danach bewertet, wie nachhaltig und ethisch sie sind, bezeichnet Cider als „ultraschnelle Modemarke“ und vergibt die schlechteste mögliche Bewertung „we avoid“ (= wir vermeiden). Auch für seine Auswirkungen auf die Umwelt bekommt Cider die niedrigste Bewertung „sehr schlecht“. Die Begründung lautet: „Es werden nur wenige Materialien mit geringerer Umweltbelastung verwendet, wodurch zahlreiche Kleidungsstücke hergestellt werden, die überwiegend aus schädlichen Stoffen wie reinem Polyester und Elasthan bestehen.“ Und: „Es gibt keine Beweise dafür, dass Cider seine Kohlenstoff- und anderen Treibhausgasemissionen in seiner Lieferkette reduziert, noch scheint es sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung oder Eliminierung gefährlicher Chemikalien ergriffen zu haben.“

Fazit: Allein die Tatsache, dass Cider täglich neue, billig produzierte Kleidungsstücke anbietet, die schnell nicht mehr „in“ sind und von der jungen Zielgruppe schnell ausrangiert wird, hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.

Was ist der Unterschied zwischen Fast Fashion und Ultra Fast Fashion?

Bei Ultra Fast Fashion sind neue Kleidungsstücke schneller als schnell entworfen, produziert und in den Shops erhältlich. „Die Ultrafast-Fashion-Marken wachsen so schnell, dass H&M und Zara dagegen alt aussehen“, meint Spiegel.de. Und Greenpeace stellt fest: „Ultra-Fast-Fashion verwandelt Kleidung in reine Wegwerfartikel“. Die Gegenbewegung dazu heißt Slow Fashion.

Raus aus der Fast Fashion-Falle!

Traurig, aber wahr: Derzeit gibt es gefühlt jeden Monat einen neuen Shop mit Billigmode aus Asien im Netz. Die Begeisterung für billige, schlecht produzierte Kleidung, die vom anderen Ende der Welt zu uns transportiert wird, nimmt eher zu als ab.

Angesichts dieses Trends ist jede:r von uns gefragt, sein Konsumverhalten kritisch zu betrachten. Generell gilt: Jedes Stück, das neu in den Kleiderschrank wandert, belastet die Umwelt. Deshalb ist es nicht nur wichtig, dass unsere neuen Lieblingsteile nachhaltig produziert werden, sondern auch, dass wir nur kaufen, was wir wirklich brauchen.

Ein bisschen Mut macht eine Studie von Greenpeace, die bestätigt, dass das Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit Mode wächst. Im Schnitt besaß im Jahr 2022 jede:r Deutsche 87 Kleidungstücke, acht weniger als 2015. In absoluten Zahlen sind das 340 Millionen Teile, die nicht mehr in Schubladen liegen oder auf Kleiderbügeln hängen.

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