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Hausgeburt: Das solltest du dazu wissen

Hausgeburt
Foto: CC0 / Pixabay / freestocks-photos

Eine Hausgeburt ermöglicht es dir, dein Kind in vertrauter Atmosphäre zur Welt zu bringen. Aber der Weg in die Klinik könnte im Notfall schon zu weit sein – das Für und Wider der Hausgeburt.

Im eigenen Bett sein Kind zu gebären ist in Deutschland legal
Im eigenen Bett sein Kind zu gebären ist in Deutschland legal
(Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. (QUAG) hat in den Jahren 2011 bis 2017 jährlich zwischen 10.000 und 18.000 Frauen erfasst, die ihre Kinder in Deutschland nicht in Kliniken zur Welt brachten. Das sind gerade mal ein bis zwei Prozent aller Geburten.

  • Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) passieren nur 0,5 Prozent der Geburten im eigenen Heim.
  • Etwa ein Prozent der Geburten finden im Geburtshaus oder in Hebammenpraxen statt.
  • Die restlichen 98,5 Prozent der Frauen haben in Kliniken entbunden.

Der Anteil an Hausgeburten in Deutschland ist also recht klein. Trotzdem entscheiden sich jährlich tausende Frauen dafür. Was dafür spricht und was dagegen, erfährst du hier.

Hausgeburt: So läuft sie ab

Die Hebamme ist in der Regel die wichtigste Ansprechpartnerin für Schwangere, die außerklinisch entbinden möchten. Mit ihr wägen interessierte Frauen oft schon ab der 7. oder 8. Schwangerschaftswoche die Möglichkeiten einer Hausgeburt sorgfältig ab.

Beachte: Wünschst du dir eine Hausgeburt, kann dieser Artikel dich bei der Entscheidung unterstützen, aber die professionelle und persönliche Betreuung durch die Hebamme und den Arzt bzw. die Ärztin nicht ersetzen. 

Um den errechneten Geburtstermin herum steht die Hebamme dann auf Abruf bereit und reist für die Dauer der Geburt zum Heim der Gebärenden. Wann genau sie kommt, könnt ihr individuell absprechen – die meisten Frauen rufen an, sobald die Wehen einsetzen. Es können auch eine zweite Hebamme, ein Arzt bzw. eine Ärztin und weitere vertraute Personen anwesend sein. Die Hebamme bringt verschiedene Instrumente mit, die dem Kind auf die Welt helfen. Sie hat in der Regel eine mehrjährige Ausbildung und Berufserfahrung, und kennt sich auch mit komplizierteren Geburten aus.

Trotz guter Vorbereitung ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass eine Geburt, die zu Hause beginnt, ins Krankenhaus verlegt werden muss: 2017 betraf das laut QUAG 2.110 Frauen, also 16,6 Prozent aller außerklinischen Geburten. Das kann medizinische Gründe haben – am häufigsten ein Geburtsstillstand – oder auf Wunsch der Mutter passieren.

Vorteile der Hausgeburt

Im Krankenhaus ist die medizinische Versorgung stabiler – aber die Betreuer*innen nicht so vertraut wie bei Hausgeburten.
Im Krankenhaus ist die medizinische Versorgung stabiler – aber die Betreuer*innen nicht so vertraut wie bei Hausgeburten.
(Foto: CC0 / Pixabay / Parentingupstream)

Der Hausgeburt liegt die Idee zugrunde, dass eine Geburt eine lebensschenkende Erfahrung ist, bei der Hektik vermieden sein soll.

  • Die wochenlange intensive Betreuung durch eine Hebamme und natürlich das vertraute eigene Zuhause tragen dazu bei, das Wohlbefinden der Schwangeren zu fördern.
  • Außerdem dürfen bei einer Hausgeburt neben der Partnerin oder dem Partner auch andere wichtige Menschen im Raum anwesend sein und seelischen Beistand leisten.

In der oben genannten Studie geben 72 Prozent der außerklinisch Gebärenden an, dass die angenehme Umgebung sie zu einer Hausgeburt motiviert hat. Noch wichtiger ist den Frauen ihre Selbstbestimmung gewesen (80 Prozent), die sie mit einer Hausgeburt verbinden.

In den letzten Jahren wurde das Thema Gewalt an Frauen im Zusammenhang mit der Geburt nicht nur medial lauter, sondern auch besser erforscht. Studien zeigen, dass Gewalt an Gebärenden sich sowohl verbal als auch körperlich äußert: Zum Beispiel wurden Frauen Medikamente verabreicht oder sogar Schnitte gesetzt, obwohl sie nicht zugestimmt haben. Solche Gewalt ist nicht selten strukturell bedingt, etwa weil zu großer Arbeitsdruck auf dem Klinikpersonal lastet.

Insgesamt belegen die Zahlen des Qualitätsberichts außerklinischer Geburten von 2017, dass bei Hausgeburten weniger Interventionen (zum Beispiel Kaiserschnitt) und weniger Verletzungen (zum Beispiel Dammriss) als bei klinischen Geburten zu verzeichnen waren. Allerdings werden sich wohl weniger Frauen für eine Hausgeburt entscheiden, wenn sie mit Komplikationen bei der Geburt zu rechnen haben. In Kliniken hingegen entbinden viele Frauen, die ein erhöhtes Risiko prognostiziert bekommen haben.

Nachteile und Risiken der Hausgeburt

Hausgeburten sind nicht für jede Schwangere und ihr ungeborenes Kind geeignet

  • Beide müssen gesund,
  • das Kind nicht zu klein oder zu groß sein.
  • Es darf nicht in Querlage liegen
  • und es darf sich nicht um eine Mehrlingsschwangerschaft handeln.

Ist eine Komplikation wahrscheinlich, wird der Schwangeren eher zu einer Geburtsklinik geraten, die sie umfänglich medizinisch überwachen und versorgen kann. Zu hoch ist das Risiko, dass der Weg in die Klinik im Notfall zu weit ist.

Die größten unvorhersehbaren Risiken, die eine Hebamme bei einer Hausgeburt im schlimmsten Fall nicht mehr bewältigen kann, sind 

  • Geburtsstillstand,
  • Erschöpfung der Schwangeren,
  • zu starke Blutung und
  • Sauerstoffmangel des Kindes, etwa weil sich die Nabelschnur um den Hals legt.

Immer muss damit gerechnet werden, dass auch als unproblematisch eingeschätzte Geburten abgebrochen und ins Krankenhaus verlegt werden müssen.

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) zitieren eine britische Studie von 2011, die belegt, dass 45 Prozent der untersuchten Frauen die Hausgeburt abbrechen und in eine Klinik überführt werden mussten. Zudem ergänzen DGDD und BVF Daten aus den Niederlanden, wo Hausgeburten mit einer Rate von 20 Prozent vergleichsweise beliebt sind: Hier liegt die Sterblichkeitsrate des Kindes bei Hausgeburten um den Faktor 2,3 höher als bei klinischen Geburten. Diese Zahlen zeigen, dass Hausgeburten Risiken mit sich bringen können – selbst wenn die Geburt zuvor nicht als risikoreich eingeschätzt wurde.

Die beste Vorbereitung auf eine Hausgeburt

Handtücher, Wachlappen und Co. sollten für den Geburtstermin bereit liegen
Handtücher, Wachlappen und Co. sollten für den Geburtstermin bereit liegen
(Foto: CC0 / Pixabay / Pexels)

Die Geburtsvorbereitung ist das A und O. Wünschst du dir eine Hausgeburt, ist das Wichtigste, mit deiner Hebamme und Gynäkologin deine Optionen zu besprechen und deinen Schwangerschaftsverlauf gewissenhaft zu beobachten. 

Entscheidest du dich dann wirklich für eine Hausgeburt, geh den Prozess mit deiner Hebamme in der Theorie durch und lege dir Notfallrufnummern ans Bett, zum Beispiel von der nächsten Klinik oder dem Kindernotarztwagen. Bei der Auswahl wird dir deine Hebamme sicher behilflich sein.

Im Winter solltest du genügend Heizquellen im Zimmer haben und eine Wärmflasche bereit halten. Ganz generell solltest du dir bewusst machen, dass eine Geburt blutig vonstatten geht, und Handtücher, Waschlappen und Folie für das Bett parat haben.

Rechtliche Lage und offizielle Empfehlungen

Frauen dürfen in Deutschland selbst über ihren Geburtsort bestimmen, eine Hausgeburt ist somit offiziell zugelassen. Die DGGG und der BVF schreiben in ihrer Stellungnahme, dass „die größtmögliche Sicherheit für Mutter und Kind während der Geburt nur in einer Geburtsklinik gewährt werden kann, in der auf unvorhersehbare Notsituationen sofort und ohne zeitraubenden Transport der Gebärenden mit dem gesamten ärztlich sinnvollen Behandlungsspektrum reagiert werden kann“.

Die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. hingegen bescheinigt Hausgeburten in ihrem Qualitätsbericht 2017 „insgesamt gute Werte“ und ein „zuverlässiges Management bei der Geburt von Einlingen“. Auch die BZgA rät nicht von Hausgeburten ab, sondern zu einer sorgfältigen Entscheidungsfindung gemeinsam mit Arzt beziehungsweise Ärztin und Hebamme.

Fazit: Hausgeburt Ja oder Nein?

Entscheide gemeinsam mit deiner Hebamme, Ärzt*innen und deinem Partner, wo du dein Kind bekommen möchtest.
Entscheide gemeinsam mit deiner Hebamme, Ärzt*innen und deinem Partner, wo du dein Kind bekommen möchtest.
(Foto: CC0 / Pixabay / blankita_ua)

Wie so oft, kann dir niemand diese Entscheidung abnehmen. Sofern deine Schwangerschaft gut verläuft und du eine Hebamme findest, die deine Geburt begleitet, kann sich eine Hausgeburt für dich und dein Baby eignen. Sicherheitshalber kannst du aber auch eine Geburt in einer Klinik vorziehen.

Auch wenn du selbst das letzte Wort über den Entschluss behältst, musst du die Entscheidung nicht alleine treffen. Gemeinsam mit deiner Hebamme, deiner Ärztin beziehungsweise deinem Arzt, deinem oder deiner Partner*in und erfahrenen Müttern kannst du das Für und Wider in deinem konkreten Fall abwägen. 

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