Das viel diskutierte Heizungsgesetz will die neue Regierung „abschaffen“. Doch die Pläne der Wirtschaftsministerin lassen befürchten: Die Reform könnte teuer werden. Eine Einordnung.
„Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, steht im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus Union und SPD. Viel wurde bereits darüber geschrieben, dass es streng genommen gar kein „Heizungsgesetz“ gibt und dass das „Abschaffen“ unter EU-Recht kaum möglich ist, deshalb sparen wir uns das hier. Gehen soll es bei den Regierungsplänen wahrscheinlich vor allem um die Paragrafen, die bislang festlegen, dass neue Heizungen mit 65 Prozent erneuerbaren Energien laufen und alte ausgetauscht werden sollen.
Gasheizungen statt Wärmepumpen?
Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will nach eigenem Bekunden keinen „Zwang zur Wärmepumpe“ mehr – den es so nie gab – und außerdem besonders ineffiziente alte Gasthermen weiterlaufen lassen. Damit hat sie sich bislang in der Heizungsbranche wenig Freunde gemacht.
Gegenüber Table.Media sagt sie, es solle Hausbesitzenden überlassen werden, welche Technologie sie nutzen. Denn anstelle der Energieträger soll der CO2-Ausstoß des Gebäudes als Ganzes berücksichtigt werden. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden.“ Fachleuten zufolge allerdings ist diese Messgröße bislang schwer zu erfassen. Der Plan der Wirtschaftsministerin würde zunächst nur eine aktuelle Größe – nämlich den Energiebedarf – durch eine andere ersetzen – die Emissionseffizienz – ohne dabei das größte Problem der Bürger:innen zu lösen: hohe Energiekosten.
Kostenfalle Gasheizung
Laufen jetzt also einfach alle alten Gasheizungen weiter? Tatsächlich dürfen nach dem aktuellen Gebäudeenergiegesetz Gasheizungen, die vor 1991 eingebaut wurden sowie über 30 Jahre alte fossile Heizungen nicht mehr betrieben werden, mit einigen Ausnahmen. Das Verbot betrifft vor allem sogenannte Konstanttemperaturkessel, die äußerst ineffizient sind – allerdings inzwischen auch äußerst selten. Reine Symbolpolitik also?
In Kombination mit einer möglichen Verabschiedung von der 65-Prozent-Regel, könnte Reiches Affinität zum Energieträger Gas durchaus dazu führen, dass Deutschlands Gebäude weitere 20 Jahre lang große Mengen klimaschädlicher fossiler Rohstoffe verfeuern. Das würde dem deutschen Ziel entgegenlaufen, im Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Außerdem widerspricht es Plänen der EU, bereits ab 2040 keine fossilen Heizungen mehr zu erlauben. Damit riskiert die Regierung hohe Strafzahlungen an die EU oder muss zumindest teure Emissionszertifikate kaufen.
Das alles könnte den Bürger:innen erstmal egal sein. Was aber jeden Haushalt mit Gasheizung schon sehr bald treffen wird: Der steigende CO2-Preis wird das Heizen mit Gas deutlich teurer machen.
👉 Ab 2027 rechnen Fachleute mit massiv steigenden CO2-Kosten. Je nach Entwicklung der Emissionen könnte der CO2-Preis sich bereits übernächstes Jahr gegenüber dem heutigen Preis (55 Euro pro Tonne CO2) verdoppeln und bis 2040 mehr als verfünffachen. Noch ist nicht klar erkennbar, wie die Bundesregierung vermeiden will, dass die Bürger:innen in diese Kostenfalle laufen.
Wird Heizen mit Strom günstiger?
Ein Ansatz sollen offenbar Anreize sein: Im Koalitionsvertrag steht, man wolle Verbraucher:innen beim Strompreis um mindestens 5 Cent pro kWh entlasten. Wirtschaftsministerin Reiche plant noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf, um die Stromsteuer zu senken. Ihr Ministerium prüfe auch niedrigere Netzentgelte, heißt es bei Table.Media.
Günstigere Strompreise wären zunächst für alle Bürger:innen gute Nachrichten. Und: Das Heizen mit Wärmepumpen könnten sie noch einmal deutlich attraktiver machen. Denn je günstiger die laufenden Heizkosten – d.h. bei der Wärmepumpe: die Stromkosten – sind, desto schneller amortisiert sich die Investition und desto größer ist der langfristige Kostenvorteil gegenüber Gasheizungen.
👉 Stellt man den steigenden CO2-Preis und die sinkenden Strompreise gegenüber, ergibt das wirtschaftliche Vorteile für Wärmepumpen. Ganz ohne „Zwang“. Die Idee der Wirtschaftsministerin, keinen Wert mehr auf erneuerbare Energieträger zu legen, nützt letztendlich nur den fossilen Energiekonzernen.
Oder geht es Reiche einfach nur darum, bloß keine (vermeintlichen) Verbote auszusprechen? Ein aktueller Artikel in Nature Climate Change, den Wissenschaftler des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) mitverfasst haben, deutet darauf hin, dass das den „Glaubenskrieg“ um die Heizung nicht lösen wird.
„Gezielte Verbote können durchaus eine wichtige Rolle spielen“, sagt Mitautor Michael Pahle laut einer Mitteilung. Nötig sei zudem eine den Umstieg erleichternde Infrastruktur, eine gute Informationspolitik sowie „auf Härtefälle ausgerichtete Fördermaßnahmen“.
Gibt es in Zukunft noch Förderungen?
Apropos Förderung: Die staatliche Förderung für den Heizungstausch soll vorerst bleiben, sie ist von der vorläufigen Haushaltsführung gedeckt. Wie lange genau die aktuellen Regelungen Bestand haben, ist aber noch unklar. Möglich ist, dass schon mit dem für Herbst geplanten neuen Bundeshaushalt Änderungen kommen.
Die aktuellen Förderungsmöglichkeiten gelten für klimaschonende Heizungen wie Wärmepumpen und sehen je nach Voraussetzungen zwischen 30 und 70 Prozent Kostenerstattung vor. Die meisten Haushalte, die jetzt von einer fossilen Heizung auf eine Wärmepumpe umsteigen, bekommen 50 bis 55 Prozent Förderung.
Dass die Förderung für den Heizungstausch zukünftig noch attraktiver wird, ist eher unwahrscheinlich, zumal die Union im Wahlkampf angekündigt hat, lieber auf die Steuerungswirkung des CO2-Preises und sinkende Strompreise zu setzen.
Was bedeutet das alles nun für Haushalte, die sich in den kommenden Jahren für oder gegen eine neue Heizung entscheiden müssen?
Was tun, wenn ein Heizungstausch ansteht?
Nicht nur die Klimawirkung, auch die absehbar hohen Heizkosten sprechen nach wie vor gegen neue Gasheizungen. Wer bereits ein Haus mit Gasheizung besitzt, sollte diese vom Fachbetrieb überprüfen und optimieren lassen. Das kann den Gasverbrauch und damit auch die Kosten reduzieren.
Gleichzeitig sollte man sich aber mit den Möglichkeiten für einen Heizungstausch beschäftigen. Auch, wenn es auf den ersten Blick günstiger wirkt, 30 Jahre alte Gasheizungen weiterzubetreiben: Die Aussicht auf steigende Gaspreise, sinkende Strompreise und die derzeitigen hohen staatlichen Förderungen machen Wärmepumpen attraktiv, im Einzelfall auch Infrarotheizungen oder Pelletheizungen. Eine aktuelle Erhebung des Forschungsprojekts Ariadne zeigt: Haushalte mit Wärmepumpe hatten 2024 mit durchschnittlich 13,80 Euro pro Quadratmeter deutlich geringere Heizkosten als der Durchschnitt (17,70 Euro).
Informiere dich am besten zunächst nach dem Stand der kommunalen Wärmeplanung. Wenn du Glück hast, ist dort schon abzusehen, ob irgendwann ein Fern- oder Nahwärmenetz geplant ist. Insbesondere in ländlichen Gegenden, in denen nicht mit einem Ausbau von Wärmenetzen zu rechnen ist, ist jetzt schon ein guter Zeitpunkt, den Heizungstausch anzugehen.
👉 Eine Energieberatung kann helfen, herauszufinden, welches Heizungssystem sich für dein Haus eignet. Wichtig: Qualifiziert für die staatlichen Förderprogramme sind nur Energieberater:innen auf der offiziellen Liste für Energieeffizienz-Experten.
Um die Suche nach einem passenden Angebot abzukürzen, kannst du deine Adresse und Telefonnummer bei Portalen wie Enter hinterlassen. Die Plattformen vermitteln dir dann unverbindliche Angebote für zertifizierte Energieberater:innen, die förderfähige individuelle Sanierungsfahrpläne (iSFP) erstellen können.