Forscher:innen der Universität Helsinki ist es gelungen, Eiweiß auf Basis von Pilzen im Labor herzustellen. Das Labor-Eiweiß könnte dabei helfen, die Lebensmittelindustrie in Zukunft tier- und umweltfreundlicher zu gestalten.
Hühner-Eiweiß beziehungsweise getrocknetes Eiweiß in Pulverform kommt in zahlreichen verarbeiteten Lebensmitteln zum Einsatz. Besonders aufgrund seines hohen Proteingehaltes ist es beliebt – und die Nachfrage an Eiweiß steigt. Die Produktion des tierischen Produkts ist dabei oft alles andere als klimafreundlich und geht mit Tierleid einher. Ein Ersatzprodukt aus dem Labor könnte Abhilfe schaffen.
Eiweiß aus dem Labor: Der Prozess
Ovalbumin ist das Protein, das in Hühnereiweiß am häufigsten vorkommt und demnach maßgeblich für Konsistenz, Geschmack und Nährwerte verantwortlich ist. Wissenschaftler:innen haben an der Universität Helsinki eben dieses Ovalbumin durch zelluläre Landwirtschaft hergestellt. Grundlage dafür war der Pilz Trichoderma reesei.
Diesem fügten die Forscher:innen die Ovalbumin-Gene hinzu. Durch Fermentationsprozesse produzierte der Pilz nun dasselbe Eiweiß, das auch in Hühnereiern vorkommt. Im Gegensatz zu Eiweiß in Hühnereiern ist das Labor-Eiweiß zunächst jedoch watte-artig und erinnert optisch an Eischnee. Das Ovalbumin-Protein haben die Wissenschaftler:innen anschließend von den Zellen separiert und zu Eiweißpulver getrocknet. Dieses könnte nun für die Herstellung verschiedener Lebensmittel verwendet werden.
Zwar gibt es bereits zahlreiche pflanzliche Ei-Ersatzprodukte. Diese bestehen in der Regel jedoch überwiegend aus Stärke und Mehl. Für viele Zwecke, zum Beispiel Kuchenbacken, reicht das aus. Das Labor-Ovalbumin stammt hingegen genau von denselben Genen wie tierisches Eiweiß und ist anderen veganen Ersatzprodukten demnach in seiner Funktionalität deutlich überlegen. Es kann einen Ersatz für Eiweißpulver bieten, das in zahlreichen Fertigprodukten vorkommt.
Gentechnik und zelluläre Landwirtschaft
Bei zellulärer Landwirtschaft arbeiten die Forscher:innen mit gentechnischen Verfahren. Nach wie vor stehen viele Menschen Gentechnik skeptisch gegenüber. Das liegt vor allem daran, dass gentechnische Pflanzen, die auf Ackerflächen angebaut werden, problematisch für Ökosysteme sein können. Mehr dazu liest du hier: Gentechnik einfach erklärt: Methoden, Kritik und Gesetzeslage zu Grüner Gentechnik
Bei gentechnisch produzierten Produkten, die vom Labor direkt in den Verkauf gelangen, besteht dieses Problem so nicht. Auch die Befürchtung, dass sich diese negativ auf unsere Gesundheit auswirken könnten, ist laut der Leopoldina-Akademie unbegründet. Doch in vielen Bereichen ist hier noch mehr Forschung nötig.
Unabhängig davon setzt eine nachhaltige Zukunft nicht zwingend voraus, dass wir Lebensmittel gentechnisch im Labor erzeugen. Um die Menschheit nachhaltig zu ernähren, müssen wir in der konventionellen Landwirtschaft jedoch einiges verändern.
Eiweiß von Hühnern: Die Probleme
Indem herkömmliches Eiweiß zukünftig mit dem Pilz-Protein aus dem Labor ersetzt wird, könnte man laut der Forschungsgruppe die Lebensmittelindustrie nachhaltiger gestalten. So setzt die konventionelle Haltung von Hühnern viele Treibhausgase frei und verbraucht viel Wasser und Fläche.
Zudem ist Massentierhaltung aus ethischer Sicht höchst problematisch: Auf engstem Raum zusammengepfercht leiden die Tiere unter fehlendem Sonnenlicht, Auslauf und medizinischer Versorgung. Dies macht Hühnerfarmen auch zu einem potentiellen Entstehungsherd für Zoonosen. Dabei handelt es sich um Krankheiten, die zwischen Tieren entstehen, dann aber auf den Menschen übertragen werden.
Das Labor-Eiweiß benötigt dagegen in seiner Herstellung 90 Prozent weniger Fläche und verursacht 31 bis 55 Prozent weniger Treibhausgase. Zudem ist Eiweiß aus dem Labor laut den Forscher:innen weniger anfällig für Salmonellen und enthalte, im Gegensatz zu Hühnereiweiß, keine Antibiotikarückstände.
Nichtsdestotrotz ist auch für die Produktion des Pilz-Eiweißes viel Energie nötig. Wie nachhaltig das Laborprodukt am Ende ist, hängt deshalb stark damit zusammen, ob es sich dabei um Erneuerbare Energien oder Energie aus fossilen Brennstoffen handelt.
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