Durch Kunstschnee muss niemand auf seinen Skiurlaub verzichten, auch wenn der Schnee auf sich warten lässt. Doch was bedeutet das für die Umwelt?
Ende der 1940er-Jahre sprühte ein Forscher bei niedrigen Temperaturen Wasser in einen Luftkanal. Eigentlich wollte er die Vereisung von Düsentriebwerken untersuchen – was dabei entstand, war der erste Kunstschnee.
Dieses durch Zufall entdeckte Prinzip kommt bis heute bei Schneekanonen zum Einsatz. Sie erzeugen ebenfalls einen Luftstrom, in den zerstäubtes Wasser eingeleitet wird. Über die Jahre wurde die Methode immer weiter verfeinert, um Skipisten auch in milden, schneearmen Wintern befahrbar zu machen. Doch das geht zu Lasten der Umwelt.
Wie entsteht Kunstschnee?
Neben Schneekanonen gibt es mittlerweile weitere Produktionsverfahren für den sogenannten „technischen Schnee“. Dazu gehören unter anderem Schneelanzen. Diese schmalen Geräte ähneln Laternenmasten, stehen meist am Pistenrand und erzeugen durch Wasser und Luft feinen Kunstschnee, der auf die Piste rieselt.
Forscher:innen tüfteln an neuen Ideen, um Kunstschnee effizienter herzustellen. In den USA wurden sogar Methoden mit speziellen Bakterienproteinen entwickelt, die das Wasser schon bei Plusgraden gefrieren lassen. Diese Art der Herstellung ist jedoch umstritten, da noch nicht abschließend geklärt ist, welchen Einfluss die chemischen Zusätze auf die Umwelt haben. In einigen Skigebieten ist diese Methode daher nur eingeschränkt einsetzbar oder gänzlich verboten.
Negative Auswirkungen von Kunstschnee auf die Umwelt
Durch Kunstschnee lässt sich der Skibetrieb auch in wärmeren Jahren sicherstellen. Naturschützer:innen warnen jedoch seit Langem vor den negativen Auswirkungen, die die Herstellung von Kunstschnee auf die Umwelt hat.
1. Kunstschnee verbraucht viel Wasser und Strom: Laut dem WWF werden jährlich etwa eine Million Liter Wasser benötigt, um nur einen Hektar Pistenfläche künstlich zu beschneien – laut Schätzungen von Quarks sind es sogar drei Millionen Liter. Das Wasser dafür kommt aus oftmals eigens dafür angelegten Speicherseen und muss zunächst aufwändig gekühlt werden. Für die örtliche Versorgung fehlt dieses Wasser dann oftmals. Das Schmelzwasser am Ende der Saison wiederum fließt in den Wasserhaushalt ein und belastet ihn, wie Quarks erklärt, mit Keimen.
Außerdem besitzen Schneekanonen eine elektrische Heizung, die sie vor dem Einfrieren schützt. Der Stromverbrauch ist gewaltig: Laut Quarks verbrauchen allein die Schneekanonen in den Alpen jedes Jahr so viel Energie wie eine halbe Million Haushalte.
2. Schneekanonen verursachen ähnlich viel Lärm wie eine stark befahrene Straße, so der WWF: Das kann Wildtiere in ihren Ruhephasen stören, vor allem da sie meist in den Abendstunden eingesetzt werden.
3. Kunstschnee kann zu Bodenerosion und Hangabbrüchen führen: Auch außerhalb der Skisaison kann Kunstschnee Probleme verursachen. Denn wenn er schmilzt, läuft unverhältnismäßig viel Wasser ab. Das liegt unter anderem an der Planierung der Skipisten: Es fehlen die Bäume, die dem Boden mit ihren Wurzeln Festigkeit verleihen. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass auf einer Skipiste 35 Mal mehr Wasser abläuft als in einem gesunden Bergmischwald. Das führt zu einer erhöhten Gefahr für Bodenerosion und Hangabbrüche.
4. Kunstschnee kann Pflanzen gefährden: Der dichte Kunstschnee ist im Vergleich zu natürlich entstandenem Schnee weniger durchlässig für Sauerstoff. Das ist ein großes Problem für die Pflanzen, die sich unter der Schneedecke befinden. Diese können durch die Schneedecke nicht genug Sauerstoff aufnehmen und absterben.
Kann Kunstschnee die Lösung für warme Winter sein?
Wie geht man damit um, wenn warme und schneearme Winter nicht mehr die Ausnahme sind, sondern zur Regel werden? Ein klarer Trend zeichnet sich ab: Die Pistenbetreiber:innen setzen auf Kunstschnee. Axel Doering, Sprecher des Arbeitskreises Alpen beim Bund Naturschutz, erklärt gegenüber der Frankfurter Rundschau: Im Alpenraum werde bereits eine Fläche beschneit, die so groß ist wie der Bodensee.
Schätzungen zufolge werden mittlerweile 90 Prozent der Pisten in Italien künstlich beschneit, in Österreich sind es 70 Prozent. Deutschland hat besonders viele Skigebiete und setzt prozentual weniger Kunstschnee ein.
Ohne Kunstschnee könnten die Skipistenbetreiber:innen den Skitourismus vermutlich nicht weiter so betreiben, wie sie es heute tun. Wenn dabei aber auch die Natur erhalten bleiben soll, dann müssen wir uns unbequeme Fragen stellen. Zum Beispiel, ob Pflanzen und Tiere wirklich den Preis dafür zahlen müssen, dass Skitourist:innen ihren Spaß haben können.
Dass Schneefälle im Winter immer häufiger ausbleiben ist ein Signal für die Erderwärmung, welches wir ernst nehmen sollten. Die Kunstschneeproduktion allein ist im Kontext der Klimakrise zwar nur einer von vielen Faktoren – die Vorstellung, sich den Winter durch Kunstschnee zurückkaufen zu können, ist jedoch mehr als problematisch.
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Überarbeitet von Denise Schmucker
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