Die Lawinenwarnstufen sollten alle Wintersportler:innen kennen. Denn je nach Lawinenwarnstufe kann es gefährlich sein, selbst kleine Touren durch den Schnee zu unternehmen. Wir geben einen Überblick.
Die Lawinenwarnstufen gehören zu den Grundkenntnissen für alle, die gerne einmal abseits der Pisten unterwegs sind. Vor allem für Tourenskifahrer:innen, aber auch bei Schneeschuhtouren sind sie wichtig, denn je nach Lawinenwarnstufe sind Touren zu empfehlen oder zu meiden. Es gibt die sogenannte „Europäische Gefahrenskala“, auf der die verschiedenen Warnstufen klassifiziert sind. Abhängig von Wetter- und Schneeverhältnissen kann die Lawinengefahr von Behörden zwischen Stufe 1 und 5 eingeschätzt werden.
Lawinenwarnstufen: Europäischen Gefahrenskala
Es gibt fünf Lawinenwarnstufen gemäß der Europäischen Gefahrenskala:
1. Stufe: Geringe Gefahr – nur bei großen zusätzlichen Belastungen kann sich eine Lawine lösen und das auch nur an sehr wenigen, extremen Steilhängen. Skitouren gelten allgemein als sicher.
2. Stufe: Mäßige Gefahr – eine Lawine kann sich nur an besonderen Steilhängen sowie bei großen Belastungen lösen. Extreme Steilhänge sollten Skifahrer:innen meiden. Skitouren gelten aber weiterhin als sicher und größere Lawinen sind nicht zu erwarten.
3. Stufe: Erhebliche Gefahr – Lawinen können sich schon bei geringer Belastung lösen, sodass Skitouren nur von erfahrenen Wintersportler:innen unternommen werden sollten. Auf Touren mit steilen Hängen und Felsen sollte man verzichten.
4. Stufe: Große Gefahr – an vielen Steilhängen können sich schon bei kleinen Belastungen Lawinen lösen. Auch spontan können sich mittlere bis große Lawinen lösen. Auf Touren sollte weitestgehend verzichtet werden.
5. Stufe: Sehr große Gefahr – auch ohne Belastung können sich leicht viele große Lawinen lösen. Selbst in mäßig steilem Gelände sind Lawinen möglich. Von Skitouren ist abzusehen.
Bei den Lawinenwarnstufen gilt:
- Eine große (Zusatz-)Belastung geht von Gruppen mit mehreren Skifahrern aus, vor allem wenn diese ohne großen Sicherheitsabstand hintereinander fährt.
- Eine kleine (Zusatz-)Belastung geht von einzelnen Ski- oder Snowboardfahrern aus.
- Von Steilhängen sprechen Expert:innen ab einer Steigung von 30 Grad,
- von extremen Steilhängen ab 39 Grad.
Damit eine Lawine abgehen kann, muss die Steigung mindestens 30 Grad betragen, unter 30 Grad kann Schnee nicht rutschen. Je nach Lawinenwarnstufe muss hierbei der befahrene Hang und die Umgebung in der Steigung einkalkuliert werden.
Einschätzung der Lawinenwarnstufen
Die Einschätzung der Lawinenwarnstufen ist jedoch nicht ganz unproblematisch:
Das SLF-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) weist darauf hin, dass die Gefahrenstufen immer für eine gesamte Region und nicht für einen speziellen Hang gelten. Daher kann das Risiko je nach Hang stark abweichen. Außerdem stellen die Lawinenwarnstufen ein stark vereinfachtes Bild dar: „Die Lawinengefahr steigt von Stufe zu Stufe nicht linear, sondern überproportional„, warnen die Wissenschaftler:innen. Die Größe der Lawinen und auch die Anzahl risikoreicher Hänge nimmt stark zu. Zudem sollten Wintersportler:innen bedenken, dass sich die Lawinengefahr im Tagesverlauf ändern kann.
Lawinenwarnung besteht immer, da es keine Stufe 0 gibt. Im Schnitt waren in den letzten 10 Jahren fast an jedem zweiten Tag Lawinenwarnstufe 2 in den Alpen, so das SLF. An jedem dritten Tag herrschte Stufe 3 – mit diesen beiden Stufen müssen Skifahrer:innen also am häufigsten rechnen.
Typische Lawinenprobleme
Neben den Lawinenwarnstufen, sollten Wintersportler:innen auch mit den Gründen, warum es zur Lawinengefahr kommt, vertraut sein. Es gibt 5 Lawinenprobleme, die hier in der Übersicht sehr vereinfacht aufgeführt sind:
- Neuschnee: Fällt neuer Schnee auf alte, schwache Schneeschichten, können „trockene Schneebrettlawinen“ entstehen. Ist die Verbindung des Neuschnees nur sehr schwach, besteht auch die Gefahr von sogenannten „trockenen Lockerschneelawinen“.
- Triebschnee: Wenn der Schnee noch sehr locker ist, kann starker Wind ihn verfrachten und sich dadurch eine Lawine lösen.
- Altschnee: Schwache Schneeschichten im Altschnee können brechen und so eine Lawine auslösen. Dies passiert oft durch Wintersportler:innen und ist nur schwer im Voraus zu erkennen.
- Nassschneelawinen: Durch Regen oder Schneeschmelze können Schneeschichten schwach werden, sodass es zu Lawinen kommt.
- Gleitschneelawinen: Eine nasse Schneeschicht zwischen Schnee und Boden kann dazu führen, dass die gesamte Schneedecke auf glattem Untergrund abgleitet, zum Beispiel an einem Wiesenhang. Gleitschneelawinen kündigen sich durch Risse in der Schneeschicht an, sind aber kaum durch Wetterverhältnisse vorherzusagen.
Wenn du ins Gelände gehst, solltest du unbedingt den gesamten Lawinenlagebericht der Region lesen. In Deutschland gibt es den Lawinenwarndienst Bayern. Die EVTZ „Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ bringt täglich den umfassenden Lawinenreport raus.
Ein Klassiker zum Start der Saison ist das Lawinen-Update des Österreichischen Alpenvereins, mit dem Berg- und Skiführer Michael Larcher: „Der aktuelle Stand der praktischen Lawinenkunde und Rettungstechnik wird anhand von Lawinenunfällen aus dem letzten Winter dargestellt. Ein Abend für alle, die im Winter am Berg unterwegs sind!“
Schutz bei Lawinenwarnstufen: Was Sportler:innen beachten sollten
Die häufigste Lawinenwarnstufe ist Stufe 3, doch viele Wintersportler:innen unterschätzen diese. Hier gibt es die meisten Lawinenunfälle, sodass nur erfahrene Tourengeher:innen und Tiefschneefahrer:innen das Risiko einschätzen können. Vor allem die lokalen Verhältnisse sind wichtig, da das genaue Risiko immer von dem Hang und der Umgebung abhängt. Das gilt übrigens nicht nur für die Abfahrt, sondern stets auch für den Aufstieg.
Das kannst du beachten, um dich vor Lawinen zu schützen:
- Für alle Tourenskifahrer:innen ist die richtige Notfallausrüstung wichtig – selbst bei Lawinenwarnstufe 1. Dazu gehören ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS), eine Schaufel, eine Sonde und ein Erste-Hilfe-Set.
- Immer beliebter werden Lawinenrucksäcke, bei denen ein Airbag die Überlebenschance in einer Lawine erhöhen kann. Du kannst dich beim Test von Alpin informieren.
- Wer nicht abseits der Pisten fährt, muss sich um Lawinengefahren aber kaum Gedanken machen: Die Gemeinden und Liftbetreiber sperren die Skipisten, sollte auf einem Hang Lawinengefahr bestehen.
- Es gibt keine verbindliche Pistensperrung ab einer bestimmten Lawinenwarnstufe. Denn je nach Schneeverhältnissen kann sich auch schon bei Stufe 1 und 2 eine Lawine lösen.
Wintersport hat ein Nachhaltigkeitsproblem
Lawinenwarnstufen deuten auf eine Gefahr für Wintersportler:innen hin. Doch auch die Natur leidet unter dem sportlichen Vergnügen:
Ob Skifahren oder Snowboarden – Wintersport bedeutet immer einen Eingriff in die Umwelt. Für die Pisten werden Teile von Wäldern gerodet, Schneekanonen haben einen hohen Wasserverbrauch und die Lifte einen hohen Stromverbrauch. Einen großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit deines Sports hast du selbst: Denn der größte CO2-Anteil bei einem Wintersporturlaub fällt meist bei An- und Abreise an.
Tipp: Lies hier weitere Empfehlungen und unsere Wintersport-Tipps für einen etwas nachhaltigeren Urlaub auf der Piste.
Und wenn du im Schnee unterwegs bist: Gehe nachhaltig mit der Natur um und lasse deinen Müll nicht im Schnee zurück. Tourengeher:innen beachten ausgewiesene Naturschutzbereiche, die in der Regel am Fuße der Tour auf großen Tafeln deutliche markiert sind. Auch wenn es der schönste Tiefschneehang ist, den du dir vorstellen kannst: Steht er unter Schutz, fährst du nicht rein.
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Überarbeitet von Rachel Pechholz
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