Eine Münze zu werfen galt bis jetzt als faire Strategie, Entscheidungen zu treffen. Mathematiker:innen haben aber herausgefunden, dass eine Seite öfter oben liegt, als die andere.
Wissenschaftler:innen haben gezeigt, dass bei einem Münzwurf die Wahrscheinlichkeit für jeweils die eine oder die andere Seite nicht exakt 50 Prozent beträgt. Zu diesem Ergebnis kam die Forschungsgruppe um den niederländischen Mathematiker Eric-Jan Wagenmakers von der Universität Amsterdam in einem Aufsatz, den sie auf dem Preprint-Server Arxiv veröffentlichte. Bei einem Preprint handelt es sich um eine Manuskriptfassung oder eine Vorab-Publikation, das heißt, dass sie mitunter noch keine Qualitätsprüfung durch andere Wissenschaftler:innen in diesem Gebiet erfahren hat.
Warum sind die Gewinnchancen nicht 50:50? Laut der Forschungsgruppe gibt es eine Abweichung, die die Gewinnchancen der einen Seite erhöhen kann. Die Abweichung bewirkt den Wissenschaftler:innen zufolge, dass die vor dem Münzwurf oben liegende Seite mit 50,8 Prozent nach dem Wurf auch wieder oben liegt.
Das bedeutet: Wenn man eine Münze wirft, lohnt es sich, auf die Seite zu setzen, die am Anfang oben liegt. So kann man die Gewinnchancen steigern – allerdings nur um 0,8 Prozentpunkte. Um den Wurf trotzdem fair zu gestalten, kann man beispielsweise verdecken, welche Seite der Münze zu Beginn des Wurfs oben liegt.
"Same-side-bias": Münze liegt häufiger auf Seite, die vor Wurf oben lag
Die Forscher:innen sowie verschiedene Studienteilnehmer:innen der Universität Amsterdam haben durch 350.757 Münzwürfe herausgefunden, dass es sich bei der Abweichung nicht um eine statistische Schwankung handelt. Sie benutzten für die Experimente Münzen verschiedener Währungen und Wertigkeiten.
Zunächst untersuchten die Forschenden, ob die Münzen ungefähr gleich häufig auf beide Seiten fielen. Das war der Fall – eine ungleiche Gewichtsverteilung zwischen Kopf und Zahl war deshalb unwahrscheinlich. Jedoch fanden die Forscher:innen heraus, dass der „same-side bias“ Einfluss auf das Ergebnis des Münzwurfs habe. Das heißt, dass die Seite, die vor dem Wurf oben liegt, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch nach dem Wurf oben liegt.
Der Einfluss der Präzession
Wie kommt es aber zu dieser Verzerrung? Dabei spielt die sogenannte Präzession eine Rolle. Forscher:innen der Standford Universität stellten bereits im Jahr 2007 mithilfe eines Modells, das das Ergebnis von Münzwürfen vorhersagen sollte, die These auf, dass die Präzession das Ergebnis beeinflusse. Ihrem „D-H-M-Modell“ zufolge führt die Präzession dazu, dass die vor dem Wurf oben liegende Seite mit einer Wahrscheinlichkeit von 51 Prozent auch nach dem Wurf wieder oben liegt. Die Ergebnisse sind also fast deckungsgleich zu denen der Gruppe um Wagenmakers. Diese schreibt, sie habe gezeigt, dass die Annahme des „D-H-M-Modells“ zutreffe.
Die Präzession kann mit einem Beispiel erklärt werden. Wenn ein Kreisel, während er sich dreht, berührt wird, verschiebt sich seine Rotationsachse zur Seite. Dreht er sich schnell genug, fällt er aber nicht um. Nur seine Rotationsachse, die sich um das Lot dreht, verschiebt sich. Auch andere Dinge präzedieren, zum Beispiel die Erde oder Kernspins in den Molekülen von Körpern. Beim Münzwurf kommt die Präzession zustande, wenn die Münze nicht genau mittig geschnippt wird, während ihres Flugs eiert und etwas mehr Zeit in der Ausrichtung verbringt.
Verwendete Quellen: Arxiv
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