Bei dem, was viele von uns ihren Haaren so antun, ist es fast ein Wunder, dass sie überhaupt noch da sind. Da wird gefärbt, geglättet, geföhnt und täglich mit synthetischen Inhaltsstoffen gewaschen. Doch es gibt auch eine radikal andere Option: „No Poo“, also Haare waschen ganz ohne Shampoo.
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No Poo ist die Abkürzung von „No Shampoo“ und bedeutet genau das: Die Haare ohne Shampoo zu waschen. Neu ist die Bewegung nicht, denn unter Blogger:innen und Hollywoodstars ist das Waschen mit natürlichen Produkten und Hausmitteln schon seit 2014 ein Thema. Aktuell ist der Trend aber immer noch.
No Poo verspricht weniger fettendes, gepflegtes und trotzdem glänzendes Haar – und das entweder nur mit natürlichen Produkten, ausschließlich mit Wasser oder in der radikalsten Form: ganz ohne waschen. Alles, was man dazu braucht: Die richtige Bürste, die für sich persönlich richtige Alternative zum konventionellen Shampoo und ein bisschen Geduld. Ist das sinnvoll?
Sollte ich meine Haare ohne Shampoo waschen?
Konventionelle Shampoos enthalten oft Inhaltsstoffe, die unsere Kopfhaut irritieren oder sogar nachhaltig schädigen können, so zum Beispiel synthetische Tenside, Parfüms oder Silikone. Letztere sind bereits in den vergangenen Jahren in Verruf geraten. Die Folge: Immer mehr Shampoos ohne Silikone kommen nun auf den Markt.
Verfechter:innen von No Poo gehen außerdem davon aus, dass die Kopfhaut durch regelmäßigen Einsatz von Shampoo aus dem Gleichgewicht gerät und die natürliche Talgschicht auf der Kopfhaut zerstört wird. Als Reaktion soll der Körper immer mehr Talg bilden, weshalb Haare unter anderem schneller nachfetten und öfter gewaschen werden müssen. Wer seine Haare ohne Shampoo wasche, bringe seine Kopfhaut wieder in den Normalzustand, glauben No-Poo-Fans.
Unter Dermatolog:innen ist diese Annahme umstritten. Die Hautärztin Stefanie Derendorf erklärt im Interview mit Utopia, dass Haare durch zu viel Waschen schneller nachfetten, sei ein „Ammenmärchen“. Die Talgdrüsen am Kopf würden nicht mehr oder weniger arbeiten, wenn man die Haare öfter wäscht. Auf dem Kopf gibt es keine Sensoren für eine intakte Talkschicht – wie schnell unsere Haare nachfetten, regeln Hormone und die eigenen Genetik.
Zu häufiges Haarewaschen kann die Haut reizen
Wo sich Medizinier:innen allerdings einig sind: Zu häufiges Haarewaschen mit Shampoo kann die Haut reizen. Laut Derendorf können stark schäumende Produkte die Haut zudem austrocknen. Die Medizinerin rät dazu, zwei- bis dreimal die Woche Haare zu waschen. „Weniger würde ich nicht empfehlen, denn dann kann der Talggehalt der Kopfhaut steigen – und das kann wirklich krank machen“, so die Dermatologin. Zum Beispiel könnten sich bestimmte Pilze vermehren.
Wer No Poo ausprobieren will, holt sich also am besten vorher (haut)ärztlichen Rat. Wenn du deine Haare besonders oft wäscht, kannst du die folgenden Methoden auch nutzen, um die Zahl deiner Haarwäschen mit Shampoo zu reduzieren.
Nicht nur für die eigene Gesundheit verzichten mittlerweile immer mehr Menschen auf herkömmliche Shampoos. Zertifizierte Naturkosmetikprodukte enthalten bereits deutlich weniger umweltschädliche Inhaltsstoffe.
No Poo: Die Alternativen zu konventionellem Shampoo
Klar ist: Nicht jede No-Poo-Option eignet sich für jede Kopfhaut. Wenn du es wirklich ernst meinst mit dem Haare waschen ohne Shampoo – und keine medizinischen Gründe dagegen sprechen – musst du vermutlich verschiedene Produkte ausprobieren, bis du deine Alternative gefunden hast. Viele Erfahrene mischen die natürlichen Stoffe auch miteinander.
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Lavaerde: Die beige-braune Lavaerde hat nichts mit Lava zu tun, sondern ist Tonerde, meist aus Nordafrika. Für schulterlange Haare brauchst du etwa drei Esslöffel Lavaerde, die du mit der doppelten Menge kochendem Wasser mischt – die Konsistenz sollte eher flüssig sein. In Verbindung mit Wasser quillt Lavaerde auf und entwickelt eine gelähnliche Konsistenz.
Das Gute an Lavaerde: Sie saugt Schmutz und Fett zwar auf, die Haare und die Kopfhaut sollen aber nie vollständig entfettet werden – die natürliche Schutzschicht der Haare bleibt erhalten, die Talgdrüsen werden geschont.
Lavaerde gibt es beispielsweise als Waschgel (ca. 6,30 Euro pro 200 ml) oder Pulver (ca. 17,40 Euro pro kg), ebenfalls von Logona (erhältlich im Bioladen, Reformhaus oder online z.B. bei Ecco Verde, Shop Apotheke oder Amazon). Andere Hersteller sind alva, Provida und Tautropfen. -
Heilerde: Heilerden werden genauso angewendet wie Lavaerden. Der einzige Unterschied: Sie kommen in verschiedenen Varianten und Farben vor. So enthält rote Heilerde einen höheren Eisenanteil, die grüne Erde mehr Mineralstoffe – diese eignet sich gut für den Umstieg aus das shampoo-freie Haarewaschen, da sie die Talgproduktion besser ausgleichen soll. Weiße Heilerde soll gut für feines Haar und empfindliche Kopfhaut sein.
Heilerde gibt es z.B. von Luvos bei dm (online z.B. bei BioNaturel, Shop Apotheke oder Amazon) oder von anderen Herstellern in der Apotheke. - Roggenmehl: Roggenmehl kann man entweder als Korn oder schon gemahlen kaufen. Wichtig ist, dass das Mehl möglichst fein ist, sonst bilden sich Klumpen im Haar. Bei der Anwendung etwa. 4-5 EL Roggenmehl mit Wasser vermengen und ins Haar geben. Danach wie normales Shampoo ausspülen. Wichtig ist, dass du kein anderes Mehl verwendest – Roggenmehl eignet sich deshalb, weil es wenig Gluten enthält und somit in der Verbindung mit Wasser nicht teigig wird. Besonders gut ist Vollkorn-Roggenmehl, denn es enthält viele Mineralien, Aminosäuren und Vitamine. Du findest Roggenmehl im Supermarkt, online in Bio-Qualität u.a. bei Bioaufvorrat
- Kaffee: Einige Blogger:innen, die schon Erfahrung mit No Poo haben, mischen unter das Roggenmehl noch Kaffee. Das darin enthaltene Koffein soll die Durchblutung der Haarwurzel förden. Zudem ist Kaffee vor allem für den Umstieg gut, wenn die Haare noch stärker riechen, denn er kann unangenehme Gerüche aus dem Haar nehmen.
Haare waschen: Ohne Shampoo, aber mit Tensiden
Die folgenden Optionen enthalten Tenside, trotzdem kannst du sie als Alternative zu konventionellem Shampoo ausprobieren:
- Haarseife: Beim Kauf darauf achten, dass du wirklich natürliche Seifen kaufst, die im besten Fall handgemacht, mit Bio-Inhaltsstoffen und PH-neutral sind. Haarseifen sind auch deshalb super für den Einstieg, weil sie ein bisschen schäumen. In unseren Köpfen ist fest verankert: Nur, wenn es schäumt, wird es sauber. Viele Fans erzählen, dass das die größte Umgewöhnung war – dass mit No Poo plötzlich nichts mehr schäumt. Wichtig bei den Seifen: Auch die enthaltenen Öle sollten natürlicher Herkunft und am besten Bio-zertifiziert sein. Kaufen: zum Beispiel bei Avocadostore, Ecco Verde oder Amazon. Lies zum Thema auch:
- Kastanien: Wir haben dir schon gezeigt, wie du Waschmittel aus Kastanien herstellst – „Shampoo“ ist genauso leicht: Für ungefähr 350 ml Kastanienshampoo benötigst du etwa 20 Rosskastanien, Wasser, einen kleingeschnittenen Apfel mit Kernen und eine leere Shampoo-Flasche. Damit nach dem Einkochen ein Gel herauskommt, braucht es zudem ein Verdickungsmittel, z.B. 4 EL Speisestärke oder 3 EL Leinsamen. Und so geht’s: Die feingeschnittenen Kastanien mit allen Zutaten außer dem Verdickungsmittel in einen Topf aufkochen und den Inhalt 25 Minuten zugedeckt sanft köcheln lassen. Den Sud danach durch ein Tuch und Sieb in einen weiteren Topf absieben und gut auspressen. Dann noch das Verdickungsmittel in die Flüssigkeit geben und klumpenfrei verrühren. Falls du Leinsamen verwendet hast, musst du das Gel noch durch ein Sieb gießen. Fertig!
- Einige weitere Alternativen zu konventionellem Shampoo sind Waschnüsse (enthalten Seifenstoffe und werden aufgekocht, das Wasser verwendet man dann als Shampoo – eignet sich auch gut bei empfindlicher Kopfhaut), Seifenkraut (ähnlich wie Tee, muss man ansetzen und abkochen, schäumt beim Haare waschen auch ein bisschen), Kakao (dieser bindet und absorbiert überschüssigen Talg) oder auch Zimt in Verbindung mit Lavaerde und anderen Gewürzen, ein Beispiel-Rezept findest du auf dem Vegan Beauty Blog.
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Die No Poo-Alternative zu Conditioner/Spülung
Damit deine Haare auch ohne Shampoo und konventionelle Spülung nicht matt und glanzlos werden, gibt es einige natürliche Hilfsmittel.
- Gegen trockene Spitzen helfen Argan-, Kokos-, Jojoba- oder Olivenöl. Wichtig ist, dass du die Öle wirklich nur in den Spitzen aufträgst, sonst kommt es zur Überfettung. Manche schwören auf die Mischung aus Aloe Vera Gel und Avocadoöl – sie wirkt wie eine Art Kur, die man lange einwirken lassen kann und danach am besten mit Heilerde auswäscht. Auch hier gilt: Ausprobieren, was deine Haare am besten vertragen!
- Apfelessig macht die Haare weich und glänzend. Dafür den Essig einfach in dem Verhältnis 1 zu 10 mit Wasser mischen, in die Haare geben und dann (wichtig!) eiskalt ausspülen. Das kalte Wasser soll den Haarschaft schließen und somit für eine glatte Oberfläche sorgen. Apfelessig als „saure Rinse“ neutralisiert den PH-Wert der Kopfhaut. Je nach Kopfhaut, Haarstruktur und Lust kann man Apfelessig auch mit Pflanzen wie der Ringelblume, getrockneten Rosenblättern, Lavendel oder ätherischen Ölen (Lavendel, Rosmarin, Lemongrass) mischen. Wichtig ist dabei, dass du das Öl in die nassen Haare gibst, damit es besser aufgenommen werden kann. Netter Nebeneffekt von Kräutern und Ölen: Die Haare riechen auch ohne Shampoo gut und garantiert nicht nach Essig.
Besonders wichtig: Richtig bürsten
Schon unsere Großeltern wussten: „Hundert Bürstenstriche am Tag sorgen für schönes Haar“. Wer eher glatte Haare hat und diese täglich bürstet, geht sicher, dass sich das Sebum (also der Talg am Haaransatz) gut verteilt, das unser Haar natürlich schützt und pflegt. Außerdem regt regelmäßiges Bürsten die Durchblutung der Kopfhaut an. Gilt aber nicht für sehr lockiges oder krauses Haar: Expert:innen empfehlen, dieses eher selten zu bürsten.
Viele Blogger:innen empfehlen Bürsten mit Wildschweinborsten. Du findest sie online u.a. bei PureNature oder Amazon. Wer eine vegane Alternative sucht, greift zu einer Naturfaser-Bürste, z.B. mit Sisalborsten. In jedem Fall wichtig ist, dass Bürste oder Kamm aus Holz statt aus Plastik sind und immer gut gereinigt werden.
Für Einsteiger:innen: Bio-Shampoo ohne Silikone
Wem der Umstieg auf No Poo zu radikal ist, versucht es am besten erstmal mit Bio-Shampoos ohne Silikone: Sie pflegen unser Haar mit natürlichen Inhaltsstoffen ohne es mit unnötiger Chemie zu belasten – und sind dabei mindestens genauso effektiv wie konventionelle Produkte. Unsere Favoriten findest du hier:
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English version available: No Poo Shampoo: The Natural Alternative to Conventional Shampoo
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