Ein geliebter Mensch geht von uns und auf einmal ist da nur noch Verzweiflung, Wut, Trauer, Angst – wer trauert, durchläuft verschiedene Trauerphasen. Wer über sie Bescheid weiß, kann vielleicht ein wenig besser mit dem Verlust umgehen.
Ein leerer Platz, ein freies Zimmer. Trauer. Schmerz, Verzweiflung, vielleicht auch Wut. Die Frage „Warum? Warum dieser Mensch?“
Die Psychologin Verena Kast hat sich viel mit Trauer befasst und festgestellt, dass sie meistens ähnlichen Mustern folgt. Vier Phasen hat sie identifiziert, die sich klar voneinander trennen lassen:
- Das Nicht-Wahrhaben-Wollen
- Aufbrechende Emotionen
- Suchen und sich trennen
- Neuer Selbst- und Weltbezug
In jeder Phase gibt es andere Dinge, die dir oder dem trauernden Menschen helfen können. Jede Phase zeichnet sich durch ihre ganz eigenen Gefühle aus.
Trauerphase 1: Nicht wahrhaben wollen
„Nein, das kann nicht sein. Das stimmt nicht.“ Zusammen mit wachsender Verzweiflung gehört dieser Satz zur ersten Phase. Der Tod ist ein Schock, lässt den Trauernden erstarren und stürzt ihn in eine große Hilflosigkeit. Das Geschehene ist noch zu überwältigend, um es zu begreifen.
In dieser Zeit ist es vor allem wichtig, für den Trauernden da zu sein. Er wird vielleicht nicht im Stande sein, alltägliche Dinge wie den Einkauf zu erledigen, oder Vorbereitungen für die Beerdigung zu treffen. Sei einfach für ihn da, höre ihm zu, zeige Wärme und Mitgefühl.
Jeder Mensch ist anders und deshalb braucht jeder Mensch etwas anderes. Jeder Mensch braucht seine Zeit. Deshalb kann die 1. Phase auch von wenigen Stunden bis über mehrere Wochen dauern.
Phase 2: Aufbrechende Gefühle
Irgendwann ist der Schock bis zu den Gefühlen durchgedrungen. Der Trauernde begreift, was geschehen ist. Das kann mit vielem verbunden sein. Angst, Wut, Verzweiflung. Schmerz und Traurigkeit. Schuldgefühle. Mitunter auch Freude.
Wichtig ist jetzt, die Gefühle aus sich rauszulassen. Akzeptiere die Gefühle und nimm sie an. Wer seine Gefühle nicht zulässt, läuft Gefahr, in Depressionen zu versinken.
Fragen spuken in dieser Zeit durch den Kopf des Trauernden: Warum er? Warum passiert so etwas? Wie kann das sein? Hätte ich das verhindern können?
Wenn du dich um einen trauernden Menschen kümmerst, braucht er in dieser Phase vor allem ein offenes Ohr und jemanden, der ihm zuhört. Rede offen mit ihm über seine Gefühle. Ermuntere ihn vielleicht dazu, Tagebuch zu schreiben, zu malen, … aber halte dich mit eigenen Geschichten und Bevormundung zurück.
Ein paar Wochen bis mehrere Monate kann diese Phase dauern. Aber erst, wenn der Trauernde seine Gefühle wirklich auslebt, kann er mit dieser Phase abschließen.
Trauerphase 3: Suchen und sich trennen
Nach den starken Gefühlen fangen wir an zu suchen. Wir suchen in den Gesichtern Fremder nach den geliebten Gesichtszügen, suchen nach Erinnerungen und Zeichen von dem Toten. Manche Menschen übernehmen sogar Gewohnheiten des verstorbenen Menschen.
Im Stillen hält der Trauernde Zwiegespräche mit dem Toten. Das Begegnungsgefühl, das in dieser Phase entstehen kann, kann unglaublich stark sein. Der Trauernde verarbeitet den Tod nach und nach. Er regelt mit sich und dem Toten im Stillen noch Ungeklärtes. Diese intensive Phase kann aber im schlimmsten Fall auch in suizidale Gedanken münden.
Irgendwann während des Suchens, Findens und Sich-Trennens kommt der Punkt der Entscheidung: Sage ich wieder ja zu Leben? Oder verharre ich in meiner Trauer?
In der Phase ist vor allem Zeit eine große Hilfe. Lass dir oder dem Trauernden Zeit, dränge nicht und sei geduldig. Rede über alte Geschichten und Erinnerungen, auch wenn du sie schon tausendmal gehört hast. Manchmal hilft auch der Akt der physikalischen Trennung, Trennung von Besitztümern des Verstorbenen, diese Phase zu bewältigen.
Aber gib ihr Zeit. Diese Phase kann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern.
Phase 4: Neuer Selbst- und Weltbezug
Irgendwann kehren Ruhe und Frieden in die Seele zurück. Der Verstorbene hat jetzt einen neuen Platz im Herzen und der Erinnerung. Man erkennt, dass das Leben weitergeht. Fängt wieder an, Pläne zu schmieden. Oft ist es nicht das alte Leben, in das man zurückkehrt.
Die Trauer und der geliebte Verstorbene haben Spuren hinterlassen. Er hat einen Platz in deinem Leben eingenommen. Es mag auch hin und wieder Rückfälle geben. Aber die Sonne ist wieder am Horizont zu sehen. Wichtig ist, sich klar zu machen: Ich darf das. Ich brauche keine Schuldgefühle deshalb zu haben. Ich darf weiterleben.
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