Für alle, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, den Geschmack von Schinken, Schnitzel und Co. aber vermissen, gibt es eine Neuheit: die vegane Fleischerei. Utopia hat eine Münchner Filiale besucht und sich durch Seitan-Salami, Leberkäse und preisgekrönte Bratwurst probiert.
Weißwurst, Leberkäse und Schweinebraten: Münchens Küche ist bekannt für ihre Fleischspezialitäten. Ist da auch Platz für eine vegane „Metzgerei“? Ja, meint das Team der veganen Fleischerei und hat gleich zwei Filialen in der bayerischen Hauptstadt eröffnet. Utopia hat sich umgeschaut – und fleißig probiert.
Die vegane Fleischerei: Was ist das überhaupt?
Warum braucht es überhaupt eine vegane Metzgerei? Vegane-Fleischerei-Gründer Nils Steiger aus Dresden möchte vor allem all die Menschen ansprechen, denen Fleischprodukte zwar schmecken, die aber keine tierischen Lebensmittel mehr essen möchten. Sein Mitgründer Andreas Henning ergänzt, dass die vegane Fleischerei „nicht Verzicht bedeutet, sondern puren Genuss.“ Zur Eröffnung der ersten Filiale in Dresden vor einem Jahr gab es viel Wirbel, das Team musste einige Produkte umbenennen (Utopia berichtete).
Auch Markus Dorsch, Leiter der beiden Münchner Fleischereien, möchte einfach fleischlose Alternativen bieten. Er erklärt Utopia gegenüber, dass er niemanden missionieren möchte. Vielmehr soll sein Angebot eine leckere Ergänzung sein. Seit Januar gibt es die vegane Fleischerei auch in München in der Nähe des Viktualienmarkts und seit März 2024 ein Stück weiter südlich in Sendling.
Die Münchner Kundschaft liebt vegane Leberkäsesemmeln
Das Produktsortiment kann es mit einer traditionellen Metzgerei durchaus aufnehmen: Von Salamis und Leberwurst über Steaks bis hin zu Bratwürsten und Sonntagsbraten gibt es allerlei Fleischklassiker zu kaufen – rein vegan natürlich. In den Münchner Filialen besonders nachgefragt sind die warmen Leberkäsesemmeln. Und an den ersten warmen Frühlingstagen war sämtliches Grillgut restlos ausverkauft. Besonders stolz ist Filialleiter Dorsch auf die fränkische Bratwurst: Sie gewann kürzlich den Peta Vegan Award.
Kund:innen schätzen das Angebot – und haben viele Fragen
Wenn man die vegane Fleischerei betritt, fühlt man sich stark an eine „echte“ Metzgerei erinnert – und das ist Absicht. Eine große Frischetheke mit Würsten, Aufschnitt, Buletten, Feinkostsalaten und sogar Käse bildet das Herzstück des Ladens. Im Kühlregal gibt es weitere Produkte wie Braten und Steaks. Auch vegane Soßen gibt es im Sortiment.
„Natürlich spielen wir auch ein bisschen damit, dass man sich an eine herkömmliche Metzgerei erinnert“, sagt Markus Dorsch auf die stilechte Einrichtung samt gekachelten Wänden und Aufschnittmaschinen angesprochen.
Vegane Wurst, Braten, Steaks: So werden die Metzgereiprodukte hergestellt
Es gibt in der veganen Fleischerei Salamis, Leberwürste und eine vegane Cabanossi („Veganoz“) genauso wie Bratwürste und Grillfleisch. Selbst Gulasch und Braten samt Soße kann man kaufen – und saisonale Schmankerl wie Bärlauch-Bouletten.
Etwa 70 Prozent der Produkte stellt das Team in seiner Produktionsstätte in Dresden her. Der Weg von Dresden bis nach München ist ein ganzes Stück. Die Qualität der Produkte und jahrelange Erfahrung der Dresdner Köche ist das nach Ansicht von Markus Dorsch aber wert.
Das restliche Angebot – wie die veganen Käsealternativen – kommt von anderen veganen Herstellern. Etwa der vegane Ziegenkäse, der aktuell noch von einer französischen Manufaktur kommt. Schon bald aber möchte Dorsch die Käsealternativen noch regionaler anbieten und mit Partnern aus München zusammenarbeiten.
Die frischen Salate, die Fleischsalat, Heringssalat und Cole Slaw nachempfunden sind, stellt das Münchner Team selbst her. Die Hauptzutaten für die Fleischalternativen sind Soja, Seitan, Erbsenprotein, Kidneybohnen und Jackfruit.
Ein Bio-Zertifikat tragen die Produkte nicht – auch wenn einige Zutaten aus biologischem Anbau stammen. Die Semmeln für die warmen Leberkäse- und Ochsenfetzensemmeln stammen zum Beispiel von einer Bio-Bäckerei.
Der Geschmackstest: Wurst schmeckt vegan richtig lecker
Ich habe einige der veganen Alternativen probiert und war überzeugt. Der vegane Leberkäse schmeckte mir sehr gut und kann für mich auf jeden Fall mit dem tierischen Original mithalten. Die helle fränkische Bratwurst kostete ich mit Senf und war vom Geschmack begeistert. Sie hat eine angenehme Kümmelnote.
Zusätzlich probierte ich zwei Salamisorten: Pfeffer und Fenchel. Die Gewürze schmeckte man bei beiden Geschmacksrichtungen heraus. Die Konsistenz der veganen Wurst erinnert allerdings mehr an Cervelatwurst als an Salami.
Wer Fleischsalat mit Wurst, Essiggurken und Mayonnaise mag, sollte den „Kein Fleischsalat“ probieren. Er schmeckte mir mindestens so gut wie das Original. Auch den „Kein Heringssalat“ verkostete ich: Aubergine übernimmt hier den Fischpart, Nori-Alge sorgt für den fischigen Geschmack. Ich persönlich habe noch nie Heringssalat gegessen, die vegane Variante schmeckte mir aber.
Zuhause verkosteten wir noch eine Salami am Stück (die mittlere im Bild oben). Hier erinnern Aussehen und Konsistenz eindeutig an Salami. Mir schmeckte mein veganes Salamibrot super – die Wurst hat einen intensiven und herzhaften Geschmack. Auch zwei andere Testesser:innen waren zufrieden. Einer Vegetarierin sah die Seitanwurst zu „echt“ aus. Sie wollte sie lieber nicht probieren.
So viel kosten Wurst und Fleisch in der veganen Fleischerei
4,50 Euro für eine warme vegane Leberkäsesemmel – im Vergleich mit der tierischen Variante zahlt man hier etwas mehr. Beim Blick auf die übrigen Preisschilder fällt auf: Günstig sind die Produkte nicht. Doch für Markus Dorsch hat Nachhaltigkeit ihren Preis. Er versuche auch bei Verpackung und Strom auf möglichst nachhaltige Lösungen zu setzen. Das kostet.
Bei den Kund:innen in München jedenfalls kommen die Produkte gut an – Beschwerden über die Preise habe Dorsch bislang nicht erhalten. Ärger gebe es nur, wenn die Fenchelsalami ausverkauft sei.
Vielmehr seien die Leute neugierig: Sie stellen viele Fragen über die Zutaten und Herstellung. Die Beratung stellt deshalb einen großen Teil der Arbeit des Teams dar. Das Konzept überzeugt: Seit Tag eins gibt es laut Markus Dorsch eine Stammkundschaft. Und die ist nicht – wie man vermuten könnte – jung und weiblich, sondern älter und kommt regelmäßig zum Wocheneinkauf.
Wer nicht in München oder Dresden wohnt, findet die veganen Wurst- und Fleischprodukte auch online.
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