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Was macht Hitze mit unserem Körper?

Was passiert bei Hitze mit dem Körper?
Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bei großer Hitze schwitzen wir, schlafen schlecht und fühlen uns müde. Doch hohe Temperaturen können auch noch ernstere Folgen für Körper und Psyche haben. Ein Überblick, was bei Hitze im Körper passiert – und wie wir uns schützen können.

Bis zu 38 Grad im Schatten sind in Teilen Deutschlands vorhergesagt, örtlich gibt es Wetterwarnungen vor großer Hitze. Für manche Menschen können die Temperaturen lebensbedrohliche Folgen haben. Mit zunehmender Erderwärmung werden solche Hitzewellen häufiger und intensiver – und die Risiken größer.

Denn Hitze hat Auswirkungen auf die Gesundheit: Schweißperlen auf der Stirn, Wasser in den Beinen oder ein polterndes Herz – der Körper reagiert. Aber was genau passiert dabei? Wann wird Hitze gefährlich? Und wie kann man sich schützen? 

Was passiert im Körper bei Hitze?

37 Grad – diese Kerntemperatur hat der menschliche Körper normalerweise. Dann arbeiten die meisten Zellen, Proteine und das Immunsystem optimal. Doch äußere Einflüsse wie Hitze und Kälte können die Körpertemperatur beeinflussen.

Eine Faustregel: Gefährlich wird es, wenn der Körper unter bestimmten Bedingungen mehr Wärme aufnimmt, als er wieder abgeben kann. Denn dann gerät die Körpertemperatur außer Kontrolle und steigt rasch an. Diese Grenze ist sehr individuell und hängt mit Lebensalter, Gesundheitszustand, Aktivität und Gewöhnung zusammen.

Damit wir nicht überhitzen, nutzen wir verschiedene Mechanismen der Abkühlung. „Bei weniger hohen Temperaturen spielt der Wärmeverlust durch Strahlung und Konvektion eine große Rolle“, sagt Ralf Brandes. Er ist Generalsekretär der Deutschen Physiologischen Gesellschaft (DPG) und Professor für Physiologie an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Dabei wird Körperwärme über elektromagnetische Wellen an die Umwelt abgegeben beziehungsweise vom Körper erwärmte Umgebungsluft „weggeblasen“.

Je wärmer die Umgebungsluft, umso weniger effektiv sind diese Mechanismen jedoch. Dann wird geschwitzt. Bis zu zwei Liter Schweiß könne der menschliche Körper pro Stunde verlieren, sagt Nadine Lenz. Sie ist Koordinatorin der Projektgruppe Klimawandel und Gesundheit im Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG).

Beim Schwitzen entsteht Verdunstungskälte, es reguliert die Temperatur. Um die Körpertemperatur konstant niedrig zu halten, wird außerdem warmes Blut aus dem Zentrum in die Extremitäten gebracht. Hände, Füße und Gesicht werden damit stärker durchblutet, „wobei häufig auch mehr Wasser ins Gewebe abgepresst wird“, sagt Ralf Brandes. Die Folge können dicke Füße oder Finger sein.

Was passiert bei Hitze mit dem Körper?
37 Grad in Paris: Solche Hitzewellen belasten den menschlichen Körper stark. (Foto: Christophe Ena/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ )

Übrigens: Schwitzen kann man lernen. Wer regelmäßig Sport treibt, kann laut Ralf Brandes das Schwitzen trainieren und damit die Wärmeregulation des Körpers optimieren.

An schwülen Tagen schwitzt es sich allerdings schlechter, denn auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine Rolle. „Wenn die Luft bereits stark mit Wasser gesättigt ist, funktioniert das Schwitzen nicht mehr gut“, sagt Ralf Brandes. Statt zu verdunsten, bleibt die Feuchtigkeit in der Kleidung hängen. Dann hilft oft nur der Rückzug in möglichst kühle Räume.

Woran erkennt man, dass Hitze gefährlich wird? 

Gerät die Schwitz-Kapazität des Körpers an Grenzen, kommt es zum Wärmestau: Die Körpertemperatur steigt schnell – oft innerhalb von 10 bis 15 Minuten – auf über 40 Grad oder mehr.

Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung oder Benommenheit sind laut Nadine Lenz typische Symptome für eine zu hohe Hitzebelastung. Auch starke Blässe oder Gesichtsröte, Übelkeit, Kurzatmigkeit, Unruhe oder Muskelschmerzen seien im Zusammenhang mit Hitze als Warnsignal zu sehen.

Viele dieser Beschwerden hängen mit dem Flüssigkeitsverlust zusammen, der beim Schwitzen entsteht. „Wenn ich nicht ausreichend trinke, bedeutet das im Umkehrschluss, dass mein Blut immer konzentrierter wird“, sagt Ralf Brandes. Schlimmstenfalls geht es so weit, dass der Blutdruck absinkt und die Blutkörperchen beginnen, sich aneinander zu heften.

„Das wäre dann eine sehr bedrohliche Situation, die einen Hitzschlag darstellen würde“, sagt der Mediziner. Er empfiehlt daher, vor allem darauf zu achten, ob man Durst bekommt. Dies sei in der Regel eine der ersten Reaktionen des Körpers auf große Hitze. Allerdings bekommen manche Menschen kein Durstgefühl, etwa aufgrund von Medikamenten. Oder kleine Kinder können es nicht artikulieren.

„Man merkt eine drohende Dehydrierung daran, dass der Mund trocken wird, das Herz sehr schnell schlägt und die Haut sich sehr trocken und warm anfühlt“, sagt Brandes.

Laut Deutscher Gesellschaft für Neurologie (DGN) erhöht Hitze auch das Risiko für neurologische Erkrankungen. Eine im „European Heart Journal“ veröffentlichte Studie deutscher Neurologen kommt zu dem Schluss, dass aufgrund zunehmender nächtlicher Hitze das Schlaganfallrisiko signifikant gestiegen ist. 

Lebensbedrohlich wird Hitze dann, wenn die Körpertemperatur über 42 Grad ansteigt. Übrigens: Eine Hitzebelastung muss nicht zwingend mit direkter Sonneneinstrahlung einhergehen. „Das kann einem auch in der Sauna passieren“, sagt der Professor.

Ist Hitze wirklich tödlich?

In den Jahren 2023 und 2024 sind nach Schätzung des Umweltbundesamts und des Robert Koch-Instituts mutmaßlich jeweils etwa 3.000 Menschen hitzebedingt gestorben – vor allem Menschen über 75 Jahren mit Vorerkrankungen wie Demenz, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen.

Bleibt es über mehrere Tage in Folge heiß, ohne nächtliche Abkühlung, steigt die Sterblichkeit dem Umweltbundesamt zufolge weiter an und erreicht ein nach etwa drei bis vier Tagen gleichbleibend hohes Niveau.

Fallen die Temperaturen auch nachts nicht unter 20 Grad, spricht man von tropischen Nächten. Weil der Körper sich nicht ausreichend von der Hitze erholen kann, sind oft Schlafstörungen die Folge – und die wiederum können psychische und geistige Folgen haben. 

Macht Hitze uns aggressiver?

Eine japanisch-südkoreanische Studie – veröffentlicht im Yale Journal of Biology and Medicine – kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Todesfälle durch Übergriffe pro Grad Anstieg der Umgebungstemperatur um 1,4 Prozent ansteigt.

Die Zahl der aggressiven Zwischenfälle steigt, so kommt es auch zu mehr Notaufnahmen in Akutpsychiatrien. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) steigt sogar die Zahl der Suizide.

Sebastian Karl, Arzt am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und Mitautor eines Positionspapiers der DGPPN, betont: «“iele Leute haben schon am eigenen Leib erlebt, dass sie sich schlechter fühlen, dass sie schlechter schlafen oder dass sie sich schlechter konzentrieren können, wenn es richtig heiß ist: Hitze schlägt auf die Psyche. Wenn die Temperaturen steigen, steigt auch das Risiko für psychische Erkrankungen: pro Grad Celsius um 0,9 Prozent.“

Wer ist bei Hitze besonders gefährdet? 

  • Menschen mit Erkrankungen: Da die Hitze insbesondere den Blutkreislauf belastet, sind herzkranke Menschen ganz besonders gefährdet. Auch könnten bestimmte Medikamente, die im Rahmen von psychischen oder neurologischen Therapien verschrieben werden, das Schwitzen beeinflussen, sagt Brandes. Demente Patienten können hingegen Schwierigkeiten haben, ihr Hitzegefühl auszudrücken und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
  • Kinder: „Die Schweißproduktion bei Kleinkindern ist geringer, ihre Stoffwechselrate aber höher als bei Erwachsenen“, sagt Nadine Lenz. „Außerdem ist die Hautoberfläche von Kindern im Verhältnis zum Körpergewicht groß – sie brauchen deshalb mehr Zeit als Erwachsene, um sich an Hitze anzupassen.“ Zur Gefahr werden kann aber auch, wenn Kleinkinder nicht eindeutig mitteilen können, wenn ihnen zu warm ist.
  • Alte Menschen: Für Menschen ab 65 Jahren ist Hitze besonders belastend. „Ihr Körper passt sich nicht mehr so leicht an hohe Temperaturen an“, sagt Nadine Lenz. „Sie schwitzen später und weniger, da die Zahl der Schweißdrüsen und die Durchblutung der Haut im Alter abnimmt.“ Auch das Durstgefühl sei im Alter weniger stark ausgeprägt.

Wie schützt man den Körper vor Hitze? 

Um der Hitze entgegenzuwirken, braucht der Körper Flüssigkeit. Doch nicht nur die sollte man an heißen Tagen ausreichend nachlegen. Mit dem Schweiß verliert der Körper schließlich nicht nur Wasser, sondern auch Salze. Pro Liter Körperwasser sind das etwa 9 Gramm. 

Mineralwasser und Co. enthalten meist aber weniger als 1 Gramm Salze pro Liter, reichen also nicht aus, um ausreichend nachzufüllen. Wer aufgrund des Schwitzens Salzhunger verspüre, solle diesem ruhig nachgeben, rät Brandes. Ebenfalls sinnvoll: auch mal zu isotonen Getränken zu greifen, da diese den Körper zusätzlich mit Salz versorgten – „leider aber auch Zucker“, so Brandes.

Übrigens: Alkohol ist als Durstlöscher an heißen Tagen eine schlechte Wahl. Der Grund: „Alkohol entzieht dem Körper weiteres Wasser und wertvolle Mineralstoffe“, sagt Nadine Lenz. Der Körper werde ausgelaugt und laufe Gefahr, auszutrocknen.

Was ist noch wichtig, um gut durch heiße Tage zu kommen? „Duschen Sie besser lauwarm als kalt, um den Kreislauf zu schonen“, rät Nadine Lenz. Um den Körper abzukühlen, könne man auch Wassersprays, feuchte Umschläge oder ein kühles Fußbad nutzen. Körperliche Aktivitäten sollten, wenn möglich, in die kühleren Morgen- oder Abendstunden verlegt und auch die Wohnung sollte möglichst kühl gehalten werden.

„Konsultieren Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt, um die gegebenenfalls eingenommenen Arzneimittel auf Hitzeverträglichkeit prüfen zu lassen und sorgen Sie für einen Sonnenschutz, wenn Sie ins Freie gehen“, sagt Nadine Lenz. Vor Strahlungshitze schützt laut Ralf Brandes vor allem helle und luftige Kleidung.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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