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Warum ein Selfie mit stehenden Gorillas für Begeisterung sorgt – aber eigentlich traurig ist

Foto: Screenshot Facebook / Virunga National Park

Ein Bild, auf dem zwei Berggorillas fast menschlich posieren, wird derzeit auf Facebook tausendfach geteilt. Doch hinter dem Foto steckt keine lustige Geschichte.

Sie stehen stramm wie Soldaten und blicken direkt in die Kamera, als sei es für sie die natürlichste Sache der Welt: Ndakazi und Ndeze, zwei weibliche Berggorillas aus dem Virunga Nationalpark in Kongo, sind die Stars eines Fotos, das gerade in den sozialen Netzwerken viral geht.

„Ein normaler Tag im Büro“

Vorne im Bild ist ein Ranger des Nationalparks zu sehen, der den Schappschuss im Selfie-Modus aufgenommen hatte. „Ein normaler Tag im Büro“ kommentierten die Park-Mitarbeiter humorvoll im dazugehörigen Facebook-Post – und lösten damit vergangene Woche einen wahren Begeisterungssturm aus.

Hier kannst du den Facebook-Post sehen:

Zum Lachen sind die aufrechtstehenden Affen aber eigentlich nicht. Zwar war keine Dressur für die Entstehung des außergewöhnlichen Bildes nötig. Trotzdem ist die Geschichte dahinter traurig genug: Bei den Protagonistinnen handelt es sich nämlich um zwei Waisen, deren Mütter von Wilderern getötet wurden. Im Sommer 2007 kamen sie als Jungtiere von rund zwei und vier Monaten in das Senkwekwe Center für verwaiste Berggorillas.

Die Gorillas halten die Ranger für ihre Eltern

Da Ndakazi und Ndeze von Menschen aufgezogen wurden, sind sie stark auf sie geprägt. Im Gespräch mit BBC Newsday erklärt der stellvertretende Direktor des Virunga Nationalparks, Innocent Mburanumwe, dass sie die Ranger für ihre Eltern halten. Seit frühester Kindheit hätten sie also menschliche Verhaltensweisen wie das aufrechte Stehen nachgeahmt.

In einem weiteren Beitrag auf Facebook und Instagram erklärten die Ranger des Nationalparks am Montag, das Foto sei tatsächlich echt: „Diese Gorilla-Mädchen verhalten sich immer so vorlaut, das Foto hat also ihre Persönlichkeiten perfekt eingefangen. Außerdem ist es nicht überraschend, diese Mädchen auf zwei Beinen stehen zu sehen – die meisten Primaten können bequem für eine kurze Zeit aufrecht gehen (Bipedie).“

Es geht um Identifikation mit ihren Bezugspersonen

Roberta Salmi, Direktorin des Primate Behavioral Ecology Lab an der University of Georgia, hat das gegenüber der Washington Post bestätigt. In der Wildnis würden Affen die aufrechte Pose für verschiedene Dinge nutzen: um Früchte in den Bäumen zu erreichen, durch Wasser zu waten oder auch, um ihre Dominanz zu zeigen. Dass sie dieses Verhalten nur an den Tag legen, um sich umzuschauen, sei ihr allerdings nur von Gorillas bekannt, die in Gefangenschaft leben.

Auch der Primatologe Frans de Waal sagte der Washington Post, dass Affen dazu neigen, ihre menschlichen Pfleger zu imitieren, sei es bei der Mimik oder der Körperhaltung. Die Ähnlichkeit im Körperbau erleichtere die Identifikation mit der Bezugsperson – und um die gehe es dabei, nicht etwa um Spaß.

Berggorillas sind immer noch vom Aussterben bedroht

In ihrem gestrigen Facebook-Beitrag betonen die Ranger, dass sich diese Gorillas in einem abgeschlossenen Zufluchtsort für verwaiste Gorillas befinden, in dem sie seit ihrer Kindheit leben. Die Pfleger seien sehr darum bemüht, die Gesundheit der Tiere nicht zu gefährden. „Dieses Foto ist in außergewöhnlichen Umständen aufgenommen worden. Es ist niemals erlaubt, sich einem Gorilla in der Wildnis zu nähern.“

Obwohl die Population rund um den Nationalpark laut dem WWF zuletzt wieder zugenommen hat – 2018 ging die Organisation von mehr als 1.000 wildlebenden Tieren aus – ist das Überleben der Berggorillas immer noch stark bedroht: Wilderei, Abholzung und Fallen, die eigentlich für Antilopen gedacht sind, setzen den Tieren stark zu.

Die mediale Aufmerksamkeit nutzt der Virunga Nationalpark nun, um für Unterstützung zu werben. Denn der Erhalt der Natur sei eine konstante Herausforderung und ohne Spenden nicht möglich.

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