Banken nehmen Einfluss auf die Realwirtschaft, die Gesellschaft und das Klima, indem sie Entscheidungen darüber treffen, wen sie finanzieren. Sie müssen lernen zu verstehen, welche Entscheidung welche Wirkung nach sich zieht – insbesondere mit Blick auf die Klimakrise.
Dem Finanzsektor kommt bei der Transformation einer CO2-intensiven Weltwirtschaft in eine CO2-arme und damit klimafreundliche Wirtschaft eine wichtige Rolle zu. Laut dem Emissions Gap Report 2018 der UN wurde trotz breiter Einigkeit darüber, dass eine drastische Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen erforderlich ist, im Jahr 2017 ein Anstieg der Emissionen verzeichnet.
Einflussreiche Organisationen auf der ganzen Welt haben aus diesem Grund aufgehört, über den „Klimawandel“ zu diskutieren, und sprechen stattdessen regelmäßig vom „Klimanotstand“. Diese Entwicklung erklärt auch, warum in vielen Ländern Tausende Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen. Die Botschaft ist simpel: Wir müssen uns ändern, und zwar schnell.
Damit die Finanzindustrie ihren Teil dazu beitragen und den notwendigen Wandel schneller vorantreiben kann, müssen Banken und andere Investoren zunächst mehr über die mit ihren Anlagen verbundene CO2-Belastung erfahren.
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2018 drückte die Triodos Bank die von ihren Aktivitäten ausgehende Treibhausgasemission erstmals in Zahlen aus und bediente sich dazu der Methodik der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF).
James Niven ist bei der Triodos Bank für die Messung unserer Klimawirkung und die diesbezügliche Berichterstattung verantwortlich und erklärt im nachfolgenden Interview, warum die Triodos Bank diese immer wichtiger werdende Arbeit leistet.
Warum ist es wichtig, dass Banken besser über ihre CO2-Wirkung Bescheid wissen?
James Niven: Banken nehmen Einfluss auf die Realwirtschaft, die Gesellschaft und das Klima, indem sie Entscheidungen darüber treffen, wen sie finanzieren. Fast alle Kunden, denen wir Kredite gewähren oder in die wir investieren, verursachen CO2-Emissionen. Wir wollen wissen, wie hoch diese Emissionen sind, damit wir die Klimawirkung unserer Kredite und Kapitalanlagen offenlegen können.
Außerdem sind wir somit besser in der Lage, Klimaziele festzulegen, damit wir wissen und unseren Stakeholdern belegen können, welchen Beitrag wir dazu leisten, die Erderwärmung auf ein sicheres Niveau zu begrenzen. Auf diese Weise können wir und der breitere Bankensektor unsere Treibhausgasemissionen überwachen, Vergleichsmöglichkeiten zwischen den Instituten schaffen und unserer Rechenschaftspflicht besser nachkommen. Zudem können Sie als Kunde sehen, welche Klimawirkung Sie mit Ihren Einlagen erzielen.
Aus diesen Gründen kommt einer Initiative, die im Rahmen der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 von einer Gruppe führender niederländischer Finanzinstitute bekannt gegeben wurde, eine so große Bedeutung zu. Diese Institute forderten die Verhandlungsführer auf dem Pariser Klimagipfel 2015 auf, den Beitrag einzubeziehen, den Investoren und Finanzinstitute zur Herbeiführung des notwendigen radikalen Wandels hin zu einer CO2-armen Wirtschaft leisten könnten.
Konkret verpflichtete sich die Gruppe, einen transparenteren Ansatz zur Bestimmung der mit ihren Krediten und Kapitalanlagen verbundenen Treibhausgasemissionen für die Stakeholder innerhalb und außerhalb der niederländischen Finanzbranche auszuarbeiten. Die Gruppe gründete die Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) – die weltweit erste Initiative dieser Art – von der Finanzbranche, für die Finanzbranche. Die Initiative wurde ein Erfolg.
Die Triodos Bank hat erstmals ihre CO2-Emissionen gemessen. Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
James Niven: Seit vielen Jahren messen die Triodos Bank und andere die mit der eigenen Geschäftstätigkeit – z. B. mit dem Energieverbrauch unserer Gebäude oder den Geschäftsreisen unserer Mitarbeiter – verbundenen CO2– oder genauer gesagt Treibhausgasemissionen. Aber dieser Aspekt macht nur einen sehr kleinen Teil unseres gesamten Fußabdrucks aus. Die von unseren Krediten und Kapitalanlagen ausgehenden Emissionen sind wesentlich höher. In diesem Bereich ist die von uns – und indirekt von unseren Kunden – ausgehende Wirkung am größten. Und darüber haben wir in diesem Jahr erstmals berichtet.
Erfreulicherweise haben unsere ersten Ergebnisse bestätigt, dass seit Beginn der Geschäftstätigkeit der Triodos Bank die Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft zu erheblichen Emissionseinsparungen geführt hat. Durch die Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien, wie beispielsweise Wind- oder Solarparks, finanzieren wir die Erzeugung sauberer Energie, die künftig den Bedarf an Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen wie Kohle ersetzen soll.
Außerdem glauben wir, dass unsere Kunden im Allgemeinen relativ niedrige tatsächliche Emissionen – d. h. Treibhausgase, die in die Atmosphäre gelangen und zur Erderwärmung beitragen – verursachen. Denn unsere Kunden haben viele Dinge, die uns am Herzen liegen, ebenfalls zum Ziel, etwa den Erhalt der Umwelt für künftige Generationen, aber auch damit in Zusammenhang stehende Ziele wie soziale Inklusion und kulturelle Entwicklung. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die wenigen von uns finanzierten Forst- und Naturschutzprojekte über „Kohlenstoffsenken“ wie Bäume und Wiesen eine relativ große Menge an CO2 aus der Atmosphäre absorbieren.
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Wir sind eine der ersten Banken, die die CO2-Wirkung ihrer Kredite und Kapitalanlagen messen, daher lassen sich unsere Ergebnisse nur schwer mit denen anderer Banken vergleichen. Angesichts unseres Leitbilds und des Fokus unserer Finanzierungstätigkeit lässt sich jedoch mit Gewissheit sagen, dass wir im Vergleich zu den Emissionen der traditionellen Banken gut abschneiden. Was genau hier die Unterschiede sind, wollen wir künftig noch herausfinden.
Ist die Triodos Bank also auf dem besten Weg, ihren Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu leisten?
James Niven: Wir wollen sicherstellen, dass unsere Aktivitäten und Emissionen in Einklang mit dem Ziel eines globalen Temperaturanstiegs von höchstens 1,5 Grad Celsius stehen. Dies ist die vom Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) definierte sichere Grenze für den Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Die nun vorgenommene Bewertung unserer Klimawirkung ist ein erster Schritt, um herauszufinden, inwieweit die von uns ausgereichten Kredite und getätigten Kapitalanlagen mit diesem Temperaturziel vereinbar sind. Wenngleich wir mit Sicherheit behaupten können, dass die Klimabilanz unserer Arbeit im Vergleich zu den meisten Banken sehr gut ist, können wir noch nicht berechnen, ob wir uns innerhalb des Ziels von maximal 1,5 Grad für die globale Erderwärmung bewegen. Wir werden an sinnvollen Zielen arbeiten, um nach Möglichkeit die durch unsere Kredite und Kapitalanlagen hervorgerufenen Emissionen zu reduzieren und die dadurch vermiedenen und absorbierten Emissionen zu erhöhen. In künftigen Berichten werden Sie mehr darüber erfahren.
Darüber hinaus werden wir auch wissenschaftsbasierte Ziele entwickeln. Diese Ziele werden deutlich machen, was passieren muss, um sicherzustellen, dass wir 1,5 Grad nicht überschreiten. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der PCAF unterstützen wir die Entwicklung einer Methodik, mit der die Finanzindustrie diese Ziele festlegen kann.
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Die von der Triodos Bank verursachten Emissionen sind weitaus geringer als die durch sie vermiedenen Emissionen. Bedeutet dies, dass Triodos eine positive Wirkung auf die Umwelt hat?
James Niven: Es ist nicht besonders zweckdienlich, im Rahmen der Berichterstattung eines Unternehmens die in die Atmosphäre ausgestoßenen Emissionen mit den vermiedenen Emissionen zu verrechnen. Ein landwirtschaftlicher Betrieb stößt beispielsweise Treibhausgas in die Atmosphäre aus. Mit einem Solarprojekt erzeugte saubere Energie hingegen „vermeidet“ Bedarf an entsprechender CO2-intensiver Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen. Das Solarprojekt eliminiert jedoch nicht das in diesem Beispiel von dem landwirtschaftlichen Betrieb ausgestoßene Treibhausgas aus der Atmosphäre. Es verbleibt dort. Und solange es nicht durch eine Kohlenstoffsenke – etwa ein neues Forstprojekt – absorbiert wird, wird es für sehr lange Zeit zur Erderwärmung beitragen.
Das Solarprojekt sollte zwar den Energiebedarf aus fossilen Brennstoffen im Laufe der Zeit ersetzen, gleicht jedoch keine ausgestoßenen Emissionen aus. Da nur eine begrenzte Menge an CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden kann, bevor die Temperatur über 1,5 Grad steigt, ist diese Unterscheidung wichtig.
Warum investiert die Triodos Bank nicht einfach vermehrt in Forst- und Naturentwicklungsprojekte, um Treibhausgase zu absorbieren?
James Niven: Solche Projekte sind sehr effektive Maßnahmen zur Eliminierung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre und somit eine interessante Investmentoption. Aber als globale Gemeinschaft müssen wir einfach aufhören, bestimmte grundsätzlich umweltschädliche Dinge zu tun – z. B. fossile Brennstoffe zu nutzen –, und uns mehr auf gute Initiativen konzentrieren.
Wir sind außerdem überzeugt, dass wir neben verschiedenen Umweltprojekten auch soziale und kulturelle Initiativen unterstützen müssen, um unser Leitbild umzusetzen, die Welt zum Besseren zu verändern. Auch unsere Kunden wollen und müssen wahrscheinlich ihre Treibhausgasemissionen reduzieren – und wir fühlen uns verpflichtet, ihnen dabei zu helfen.
Die ökologische Landwirtschaft ist der Bereich mit der höchsten CO2-Emissionsintensität im Kreditportfolio der Triodos Bank. Was bedeutet dies für Ihre Tätigkeit in diesem Bereich?
James Niven: Wir halten es für notwendig, die Art und Weise, wie Lebensmittel produziert, gehandelt und konsumiert werden, grundlegend zu verändern, um der wachsenden Weltbevölkerung genügend hochwertige und nährstoffreiche Lebensmittel zur Verfügung stellen zu können, ohne unseren Planeten, die Gesundheit der Menschen und die soziale Gleichheit ernsthaft zu schädigen.
Wir investieren in diese Umstellung auf nachhaltigere landwirtschaftliche Systeme und Konsumgewohnheiten, indem wir entlang der gesamten Lieferkette Unternehmen finanzieren, die die Natur schützen, auf Fairness und Transparenz setzen, die Lebenssituation der Landwirte verbessern und verantwortungsvollen Konsum fördern.
Gleichzeitig wollen wir die mit den verschiedenen Arten der ökologischen Landwirtschaft verbundenen Emissionen besser verstehen – einschließlich ihrer regenerativen Kapazität, worunter wir die Fähigkeit verstehen, Emissionen nicht nur auszustoßen, sondern auch zu binden. Im Laufe unserer Arbeit im Bereich der CO2-Bilanzierung hoffen wir, mehr darüber zu erfahren und unsere Erkenntnisse im Rahmen unserer Berichterstattung mit Ihnen zu teilen.
Was sind die nächsten Schritte der Triodos Bank in Bezug auf ihre CO2-Emissionen?
James Niven: Wissenschaftsbasierte Ziele habe ich bereits erwähnt. Daran werden wir gemeinsam mit Experten arbeiten. Diese Ziele sind für uns unerlässlich, um fundiert entscheiden zu können, wo wir Kredite vergeben und investieren, und um unseren Stakeholdern über unsere Fortschritte berichten zu können.
Wir beabsichtigen zudem, die Qualität der von uns ausgewiesenen Daten zu Treibhausgasemissionen zu verbessern. Wir arbeiten zum Beispiel in den Niederlanden mit anderen Mitgliedern der PCAF und dem Zentralen Statistikamt CBS zusammen, um bessere Informationen zum Energieverbrauch der von uns finanzierten Häuser zu erhalten.
Und natürlich werden wir auch weiterhin über unsere eigene Klimawirkung berichten und gemeinsam mit Partnern daran arbeiten, auch andere dazu zu bewegen. Denn letztendlich sollten alle Banken Klimaziele festlegen und die Kunden in der Lage sein, aussagekräftige Vergleiche zwischen den Emissionen verschiedener Banken anzustellen.
Der Beitrag erschien ursprünglich im Triodos-Bank-Blog diefarbedesgeldes.de
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