Die Wirtschaft wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr. Sie steht Kopf. Um wieder auf die Beine zu kommen, ist ein Sturz unvermeidlich. Darin liegt aber auch eine Chance.
- In der Regel werden Schulden in Zeiten des wirtschaftlichen Wohlstands reduziert. Diesmal nicht.
- Normalerweise steigt die Inflation, wenn die Spannungen in der Wirtschaft zunehmen. Derzeit nicht.
- In der Vergangenheit gab es Zinsen auf das Ersparte. Jetzt nicht mehr oder kaum noch.
- In der Regel steht die Zinsmarge im Verhältnis zu den zugrunde liegenden Risiken. Derzeit nicht.
- Normalerweise beginnen die Zentralbanken erst dann mit der Zinssenkung, wenn sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet. Diesmal verhält es sich anders.
- Normalerweise befürworten die USA den Freihandel. Jetzt nicht mehr.
- Normalerweise zahlen Sie Zinsen, wenn Sie sich Geld leihen. Derzeit nicht unbedingt.
- Und in der Regel basieren die Aktienbewertungen immer mehr oder weniger stark auf den zugrunde liegenden Fundamentaldaten. Auch das ist momentan kaum der Fall.
Es kann wirklich nur eine Schlussfolgerung geben: Wir haben es mit außergewöhnlichen Zeiten zu tun. Die vorherrschende ökonomische Theorie steht Kopf. Und alles, was zu lange auf dem Kopf stand, wird unweigerlich zu Fall kommen.
Außergewöhnliche Zeiten
Angeblich läuft die Weltwirtschaft seit einigen Jahren sehr gut: Von der Finanzkrise 2008 haben sich die meisten westlichen Länder erholt. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken und die Aktien- und Immobilienpreise sind wieder auf dem Niveau vor der Krise oder haben es überschritten.
Keine Wolke am Himmel, würde man meinen, aber die Wetterlage kann täuschen: Denn die Geldmedizin, die dem Patienten in den Jahren 2008 und 2009 injiziert wurde, wird nach wie vor verabreicht. Kaum waren Versuche unternommen worden, die Dosierung zu reduzieren, ließen fallende Aktienkurse alles wackeln. Die monetären Mediziner spritzten also umgehend zusätzliche Liquidität ein. Die Nebenwirkungen sind beträchtlich. Der Schuldenberg wächst alarmierend schnell, denn noch nie war die Kreditaufnahme so günstig. Grund ist die Liquidität im Überschuss.
Die monetäre Lockerung, die in vielen Ländern jetzt an die Grenzen des Machbaren stößt, hat unterdessen kaum zu einer nennenswerten Inflation geführt. Und so sehen die Zentralbanken keinen Grund, ihre Geldpolitik zu ändern, was auch die Aktienkurse weiter steigen lässt.
Hinzu kommt ein US-Präsident, der dem Freihandel den Rücken gekehrt hat. Die Wirtschaft wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr. Der Druck auf den Kopf steigt, die Füße beginnen zu taub zu werden.
Schwindelig und instabil
Aus dieser Lage wieder auf die Beine zu kommen, ist nicht einfach. Ein Sturz ist sicherlich keine attraktive Perspektive, deshalb ist es verständlich, warum die politischen Entscheidungsträger dies so lange wie möglich hinauszögern wollen. Ein Sturz ist jedoch unvermeidlich, und je länger wir darauf warten, desto unangenehmer wird dieser Sturz sein. Ein Ratschlag wäre daher, so schnell wie möglich in den sauren Apfel zu beißen, um wieder auf die Beine zu kommen. Wir werden uns zweifellos für eine Weile ziemlich schwindelig fühlen – d.h. wirtschaftliche Probleme haben – aber das müssen wir einfach akzeptieren. Und dieser Schmerz wird vor allem die Finanzblasen treffen, die jetzt jedes Mal, wenn sie einen kleinen Stich bekommen, wieder aufgeblasen werden.
Sobald der Schwindel ein wenig nachlässt, sollten wir uns die wirtschaftlichen Erkenntnisse genau ansehen. Für die Triodos Bank ist glasklar, dass sie die vorherrschenden wirtschaftlichen Annahmen ändern müssen. Andere scheinen das auch zu denken, darunter mehrere CEO’s in den USA, die anfangen, den Shareholder Value nicht mehr an erster Stelle zu setzen.
Der Beitrag erschien ursprünglich im Triodos-Bank-Blog diefarbedesgeldes.de
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