Grau, kalt, nass: Der Herbst bringt traditionell dunkle und häufig ungemütliche Monate mit sich. Die Menschen sind zunehmend weniger gut gelaunt. Wie man es trotz Stress und Belastungen im Job schafft, mit der Familie als Ruhepol und Ausgleich auch in der dunklen Jahreszeit gesund, heiter und gelassen zu bleiben ist eine Kunst. Darüber haben wir mit Laura Fröhlich, Autorin und Expertin für „Mental Load“ gesprochen.
Im Herbst beginnt die Gesellschaft mit dem Endspurt Richtung Jahresende. Kaum sind die Sommerferien vorbei, stehen die Herbstferien, das schlechtere Wetter und die dunkle Jahreszeit vor der Tür und alle drängen sich nach drinnen. Bereits im November machen sich Familien und vor allem die Mütter Gedanken darüber wie man dem Nachwuchs trotz Regen einen vergnügten Nachmittag bereiten, welche Adventskalender und Weihnachtsdekoration es in diesem Jahr geben soll und wo und vor allem mit wem und mit wem nicht man um Gottes Willen dieses Mal das Fest der Liebe und den Jahreswechsel feiern soll. Wie man es trotz Stress und Belastungen im Alltag schafft, als Familie gelassen und entspannt durch die dunkle Jahreszeit zu kommen und, dass man das nicht nur lernen, sondern auch pflegen und so für einen guten Umgang miteinander sorgen kann, darüber haben wir mit Laura Fröhlich, Autorin und Expertin für „Mental Load“ gesprochen.
Laura, warum ist die dunkle Jahreszeit besonders schwierig für Familien?
Die dunkle Jahreszeit ist vor allem schwierig, weil man weniger Möglichkeiten hat, mit den Kindern rauszugehen. Mal kurz am Nachmittag, wenn sich alle auf die Nerven gehen, einfach raus auf den Spielplatz – das fällt plötzlich weg, weil es dunkel wird. Und die Kinder müssen dick angezogen werden, das hält Eltern dann auch öfter mal davon ab. Und die Dunkelheit schlägt einem aufs Gemüt.
So eine typische Situation im Herbst ist oft stressig: morgens mit den Kindern suchen wir erst einmal Mütze, Schal und Handschuhe und wenn es dann noch dunkel und kalt ist, dann macht das Ganze noch weniger Spaß und der Stress wird größer. Apropos: überhaupt ist da ja noch die ganze Wintergarderobe, die man manchmal erst einmal erneuern oder nachkaufen muss.
Nicht zu vergessen: im Herbst geht’s los mit den Infekten. Wenn das Kind krank ist, kommen der Termin bei der Ärztin, die Abstimmung mit dem Arbeitgeber, dem Partner/der Partnerin, der Kita etc. hinzu.
Es wird also insgesamt ungemütlicher und vieles verlegt sich nach drinnen.
Du bist Expertin für Mental Load, daher: Wie schützt Frau sich da (selbst) am besten?
Das ist gar nicht so einfach, sich davor zu schützen. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft ist eben vor allem die, dass sich Frauen um Kind und Kegel kümmern. Das heißt, dass vor allem die Mütter Input und Informationen von überall bekommen: vom Kinderarzt, anderen Eltern, aus dem Kindergarten oder aus der Schule. Auch die Mutter wird gefragt, was sich die Kinder zu Weihnachten wünschen und so weiter. Es kommen also von außen sehr viele Informationen auf Eltern zu, die koordiniert werden müssen.
Zuhause wartet der Haushalt, die Kinderbetreuung, die gesamte Organisation, von Arzttermine haben wir schon gesprochen – da kommt viel zusammen. Und dieser „Mental Load“, also die mentale Belastung, ist zwangsläufig zu hoch.
Wenn man in einer Partnerschaft lebt, schützt man sich am besten dadurch, dass man die Aufgaben verteilt. Und grundsätzlich gilt es zu versuchen, die Aufgaben insgesamt zu reduzieren und sich klar zu werden: Was ist mir und meiner Familie wichtig? Welche Aufgaben müssen wir erledigen? Welche sind uns wichtig, damit es uns gut geht? Gerade Mütter sollten sich fragen, welche Aufgaben sie nur machen, um eine scheinbar „gute Mutter“ zu sein. Das voneinander zu separieren ist schon mal ein guter Weg, mehr Zeit für sich zu finden.
Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Deshalb am besten ein gutes Netzwerk bilden, um Hilfe bitten, Freunde, Freundinnen und Großeltern zur Unterstützung nehmen und zur Not auf Beratungsstellen, wie sie beispielsweise auch von Krankenkassen angeboten werden, zurückgreifen.
Was kann man tun, wenn alle wieder zuhause sind, Stress und Hektik herrschen und man nicht streiten will? Hast du konkrete Tipps?
Es gibt tatsächlich vier ganz gute Tipps, die dazu beitragen, die Familienzeit insgesamt ausgeglichener für alle zu gestalten.
1. Aufgaben sichtbar machen
Ganz wichtig ist es, all die Aufgaben, die so anfallen, zunächst einmal sichtbar zu machen. Erster Schritt daher: Aufschreiben! Egal ob auf einen Zettel, auf Post-it, in einem Schulheft oder ähnliches. Dadurch wird diese Denkarbeit überhaupt erst sichtbar. Und das ist wichtig, denn sonst hat man immer das Gefühl, es einfach nebenbei machen zu können oder die Partner haben nicht auf dem Schirm, was es alles zu tun gibt.
2. Die Familie einweihen
Zweitens: Mit der Familie sprechen! Und im besten Fall nicht mit Vorwürfen anfangen. Besser ist es, die eigene Belastung zu erklären. Die Frau beziehungsweise Mutter muss kommunizieren, dass sie diese Arbeit und diese Verantwortung mit der Familie teilen beziehungsweise neu verteilen will.
3. Pläne umsetzen und organisieren
Dann geht es im dritten Schritt in die Umsetzung: Die Familie kann versuchen, sich mit Tools oder Apps zu helfen und sich neu zu organisieren. Ich persönlich gebe gerne den Tipp, alles an eine Pinnwand in die Küche zu hängen, an der man all die Aufgaben strukturiert. Bei Apps kann ich Trello oder die Notiz-App des Handys empfehlen. Diese kann man dann mit dem Partner/der Partnerin synchronisieren und mit dem Kalender verknüpfen.
4. Gemeinsam immer weiter machen
Am besten setzen sich alle beteiligten Familienmitglieder einmal die Woche zusammen an den Küchentisch und überlegen, was nächste Woche für Termine anstehen. Was haben wir alles zu tun und wie können wir das sinnvoll aufteilen? Danach kann man schauen, wie das funktioniert hat. Haben wir alles erledigt? Haben wir etwas vergessen oder haben wir gerade so viel Stress, dass wir vielleicht ganz grundsätzlich To-Do-Listen reduzieren müssen? Was müssen wir tun, damit es den Kindern und uns gut geht und was können wir gerade nicht leisten?
Wenn man Gelassenheit in der Familie lernen will, müssen alle mitmachen. Was würdest du da empfehlen? Gibt es Dinge die man auch vorbeugend machen kann?
Am besten kann man nochmal die Familie für die Verantwortungen im Haushalt sensibilisieren. Und, dass man die anfallenden Aufgaben am besten teilt, damit eben nicht nur eine Person so sehr unter Stress steht. Beispiel: Selbst das Kindergartenkind kann morgens die Verantwortung dafür tragen, an den eigenen Rucksack zu denken, diesen zu packen und dann auch mitzunehmen. Die Verantwortung muss nicht bei den Eltern liegen. Sie können dabei natürlich unterstützen, aber den Kindern kann diese Verantwortung auch erstmal zugetraut werden.
Vor allem jetzt in der Herbst- und Winterzeit sollten sich alle noch einmal fragen: Was ist uns wirklich wichtig? Müssen wir Kastanienmännchen sammeln und Drachen selbst basteln oder ist uns vor allem wichtig, rauszugehen und einfach einen Spaziergang zu machen?
Das gleiche gilt für den Winter: Viele Familien möchten unbedingt einen Adventskalender im Haus haben. Aber anstatt ihn selbst zu basteln kann der auch gekauft sein. Wir brauchen Kerzen und Plätzchen – aber vielleicht kommen die Plätzchen diesmal von der Oma oder vom Bäcker? Diese Dinge brauchen wir, damit wir einen schönen Advent haben. Alles andere ist für uns als Familie nicht so wichtig. Am Ende geht es doch darum, Dinge zu tun, weil man sie tun will und nicht, weil man – vor allem als Mutter – im Vergleich zu anderen irgendwie besonders gut performen muss. Wir besinnen uns in unserer Familie darauf, was wir möchten, was uns und unseren Kindern guttut – alles andere ist uns egal.
Du hast es gerade angesprochen: Der Zwang zur vermeintlichen Perfektion drängt viele in Richtung Überforderung. Muss man als Familie denn perfekt sein?
Wenn wir als Eltern Perfektionismus anstreben, leben wir das auch unseren Kindern vor – mitsamt dem ganzen Stress und Druck. Müssen wir also perfekt sein? Ich glaube eher nicht. Vor allem für die Kinder sollten wir nicht perfekt sein, damit die nicht nachher auch als Erwachsene meinen, diese hohen Ansprüche erfüllen zu müssen. Perfektionismus kommt heute immer öfter durch Social Media – daher auch meine Tipps: Auf Social Media nur den Personen folgen, die einem gut tun. Und denen entfolgen, bei denen man ein schlechtes Gefühl bekommt oder sich unter Druck gesetzt fühlt. Und sich vor allem nicht von anderen Familien oder Frauen unter Druck setzen lassen. Wir neigen dazu, bei anderen immer nur das Gute zu sehen und haben das Gefühl, selbst zu scheitern. Dabei vergessen wir, dass wir eine andere Sache gut können. Niemand kann alle Rollen perfekt erfüllen.
Jede Mutter, jeder Vater hat eigene Stärken, und die liegen dann vielleicht nicht im perfekten Adventskalender, sondern darin, lustig zu sein und viel mit den Kindern zu lachen.
Weihnachten und Silvester sind sehr emotionale Tage, worauf sollte man hier achten, damit Friede und Freude herrschen kann?
Ich würde mir ganz konkret überlegen, was mich in den letzten zwei bis drei Jahren an Silvester besonders gestresst hat. Manchmal ist das vielleicht eine Schwiegermutter mit hohen Ansprüchen, manchmal sind es Geschenke, die man allein besorgen muss oder ähnliches.
Sich selbst diese Knackpunkte anschauen und überlegen, was man vielleicht in diesem Jahr anderes machen kann: Wer kümmert sich um den Speiseplan fürs Fest? Können wir die Geschenkideen untereinander aufteilen? Wer schmückt den Baum?
Außerdem sollten wir die Listen für die Feiertage nicht nur mit den Pflichten füllen, sondern auch mit den Dingen, die uns wichtig sind. Ich will beispielsweise gerne im Advent einen Roman lesen oder ein Wochenende in der Wellnesstherme verbringen, anstelle ständig auf jeder Adventsfeier dabei zu sein.
Auch Mütter dürfen klar sagen: „Es gibt ein paar Dinge, die müssen und wollen wir erledigen, weil sie dazugehören, aber ich nehme mir gerade im Advent wirklich auch mal Ruhe und Zeit für mich, wenn ich das möchte.“
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Vielen Dank für das spannende Interview, den kleinen Einblick in deine eigene Familie und die zahlreichen Tipps für eine ausgeglichene Familienzeit in der anstehenden kalten Jahreszeit.
Laura Fröhlich ist Expertin, Speakerin und Autorin zum Thema Mental Load.
Ihre Mission: im privaten, politischen und unternehmerischen Bereich auf die mentale Belastung aufmerksam machen, die viele Menschen und darunter vor allem Frauen in Familien-Verantwortung tragen, und damit ihren Teil zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen.
Mit Ruhe und Gelassenheit durch die dunkle Jahreszeit
Wer mit Ruhe und Gelassenheit durch die dunklen Herbst- und Wintermonate geht, kann sich aus einer Vielzahl an Angeboten das raussuchen, was individuell am besten passt. So bieten Krankenkassen wie die Techniker Krankenkasse beispielsweise Kurse zu Meditation und Achtsamkeit aber auch Hilfe mit dem DepressionsCoach an. Wer sorgsam mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen nach Ruhe und Gelassenheit umgeht, ist damit gleichzeitig auch eine Stütze für den Partner und die Kinder. Auch Familien finden bei der Techniker Krankenkasse Hilfe. Sei es mit Rat und Tat zur ärztlichen Versorgung der Familie oder mit Kursen für Kinder, die mit Die App Aumio: Entspannung für Kinder lernen, wie der Alltag mit Ruhe und Gelassenheit gelingt.
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