Warum Vermögen in unserer Welt so extrem ungleich verteilt ist und was Wealth Manager damit zu tun haben: Der Kopenhagener Professorin Brooke Harrington ist es durch einen Trick gelungen, in die Welt der Superreichen zu blicken.
Anfang 2017 sorgte eine Studie der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam für viel Furore. Demnach besaßen zu diesem Zeitpunkt die reichsten acht Menschen der Welt zusammen mehr Vermögen als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und der Schweizer Großbank UBS zufolge, hat sich die Zahl der Milliardäre 2017 um zehn Prozent auf 1542 weltweit erhöht.
Die Superreichen bleiben lieber unter sich
Acht Menschen besitzen so viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, sprich wie 3,6 Milliarden Menschen. Wie konnte es so weit kommen? Wie kann es sein, dass Vermögen dermaßen ungleich verteilt ist?
Um zu verstehen, wie diese extreme Ungleichheit zustande kommen konnte, muss man auf den exklusiven und kleinen Club der Superreichen blicken. Es ist eine Gruppe von Menschen, die Wealth Manager oder Privatbanker als „Ultra-high-net-worth individuals“ bezeichnen.
Einen Blick in die Welt der Superreichen zu erhaschen, ist extrem schwierig. Denn kaum ein anderer gesellschaftlicher Bereich schottet sich in dem Maße ab, wie es ultravermögende Menschen tun. Exklusivität und Diskretion ist in diesen Kreisen oberste Pflicht.
Brooke Harrington bringt Licht ins Dunkel
Brooke Harrington, einer in Harvard ausgebildeten Soziologin, die inzwischen an der Copenhagen Business School lehrt, ist es gelungen, Licht in das Dunkel dieser Welt zu werfen und eine Erklärung für die extreme Verteilung des Reichtums zu finden.
Mit den Superreichen kam sie selbst nicht ins Gespräch, dafür aber mit deren Vermögensverwaltern. Harrington ließ sich selbst mehrere Jahre zur Wealth Managerin ausbilden und kam auf exklusiven Seminaren mit Menschen zusammen, die in Schlüsselpositionen für die vermögendsten Menschen der Welt arbeiten.
Harrington traf in rund zehn Jahren Ausbildung über 60 Vermögensverwalter aus unterschiedlichen Ländern wie der Schweiz, Liechtenstein oder Singapur und konnte sie zu Gesprächen bewegen. Herausgekommen ist das Buch „ Capital without Borders: Wealth Managers and the one percent“, das bislang nur auf Englisch erschienen ist. 2017 stellte Harrington es bei einem Vortrag in Frankfurt vor.
Die Wealth Manager sind laut Harrington in der Regel viel mehr als nur mit Vermögensfragen beschäftigt. Ihr Verhältnis zu den Auftraggebern ist besonders intim: Sie wissen um die familiären Strukturen und Probleme der superreichen Auftraggeber. Sie genießen ein extrem hohes Vertrauen und sind eigeweiht in das Privatleben der Supervermögenden. Nicht etwa aus Sympathie, sondern schlichtweg, weil sie es müssen. Denn, so lautet eines der Schlüsselargumente Harringtons, Vermögensverwalter der Superreichen haben die Aufgabe, das Vermögen zu verteidigen. Zahlreiche Studien aus der Verhaltensökonomie zeigen, dass Menschen – egal wie reich sie sind – es als extrem schmerzhaft empfinden, Vermögen zu verlieren.
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Wealth Manager: juristisch legal, ethisch fragwürdig
Und genau so versteht sich die weltweit kleine Gruppe der auserwählten Vermögensverwalter: als Verteidiger. Das Selbstbild ihrer einzigen Berufsvereinigung lautet: „Armour for your assets“, „Die Rüstung für Ihr Vermögen“. Der Staat ist in dieser Logik der Drache, vor dem es sich zu schützen gilt.
Es entwickelt sich eine eigene, fatale Dynamik: Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die reichsten Menschen der Welt ganz andere Mittel aufbringen können, um ihr Vermögen zu schützen. Sie leisten sich die teuersten, bestausgebildeten Juristen, Finanzverwalter, Buchhalter, Banker oder Steuerberater – die Wealth Manager haben unterschiedliche Hintergründe – die mit juristisch legalen Mitteln alles tun, um das Vermögen ihrer Klienten vor dem Staat zu schützen. Die, wenn es sein muss, die Steuergesetze in einem kleinen Karibikstaat für eine Stange Geld selbst schreiben und auf die Bedürfnisse ihrer Kunden perfekt anpassen. Juristisch ist meist alles legal, ethisch liegt alles im Argen.
Der Staat wird als Drache gesehen
Wenn der staatliche Drache zu hohe Steuern erhebt, dann muss er in dieser Logik besiegt werden. Superreiche zahlen deshalb laut Harrington auch keine gewöhnlichen Steuersätze. Ihr Vermögen liegt zum Beispiel in Trusts in Steuerparadiesen und wird kaum belastet. Den kleinen Steueroasen genügen übrigens auch Steuersätze von wenigen Prozent, um – gemessen an der Größe ihrer Volkswirtschaft – enorme Summen einzunehmen.
Was heißt das, wenn alleine acht Menschen, die so viel Vermögen haben wie die Hälfte der Weltbevölkerung, kaum Steuern zahlen? Das bedeutet, dass die öffentliche Hand unterfinanziert ist. Das beispielsweise das Gesundheitswesen leidet – hier reicht ein Blick in die USA.
Hinzu kommt: Werden den Staaten Einnahmen entzogen, müssen sie sich Mittel an anderer Stelle einholen. Oft wird dann Erwerbseinkommen höher besteuert, Sozialausgaben und Renten gekürzt. Die kleine Frau und der kleine Mann leiden, wie es zum Beispiel gerade vor unseren Augen in Griechenland passiert.
Nachhaltige Banken machen es besser
Vor gut einem Jahr hat die Triodos Bank in einer repräsentativen Umfrage (PDF hier) fragen lassen, was Gründe dafür wären, die Bank zu wechseln. Die Bereitschaft unter allen Befragten, das Konto zu wechseln, stieg sprunghaft an, wenn sie wüssten, dass ihre Bank Hilfe zur Steuervermeidung leiste. Steuervermeidung war in unserer Umfrage damit der wichtigste Grund, die Bank zu wechseln, noch vor der Finanzierung von Rüstungsgütern oder Atomkraft.
Die Arbeit der Vermögensverwalter für die Superreichen ist Dynamit für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Trotzdem wird sich daran leider so schnell nichts ändern. Dieses Jahr sind es vermutlich sieben Menschen, die so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung und die Zahl der Milliardäre wird vermutlich erneut deutlich gestiegen sein.
Das Buch „Capital without Borders: Wealth Managers and the One Percent“ gibt es für ca. 29 Euro bei deinem lokalen Buchhändler oder **online bei Buch7, Ecobookstore, bücher.de.
Text: Michael Rebmann
Der Beitrag erschien ursprünglich im Triodos-Bank-Blog diefarbedesgeldes.de
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