Neun Studenten aus Regensburg wollen die Mangelernährung in Kenia bekämpfen: mit einem Superfood aus Algen, das am besten in trockenen, salzigen Regionen gedeiht.
Am Horn von Afrika, im Norden Kenias, leiden große Teile der Bevölkerung auch heute an Unterernährung. Bürgerkriege, Dürre-Perioden und Überschwemmungen führen immer wieder zu humanitären Notständen. Die letzte Hungersnot 2011 betraf 2,9 Millionen Menschen in Kenia. Das UN-Flüchtlingskommissariat bezeichnete sie als die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt.
Jetzt hat der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen Stephen O´Brien vor einer Wiederholung solch einer Hungerskrise gewarnt. Wieder seien 20 Millionen Menschen in Ostafrika gefährdet vom Hungertod. Laut UNHCR wird „eine vermeidbare humanitäre Krise immer wahrscheinlicher“. Im Februar hat die kenianische Regierung den Notstand ausgerufen.
In der extrem trockenen, heißen, landwirtschaftlich kaum nutzbaren Region im Norden Kenias liegt auch der größte Wüstensee der Welt: der Turkana See. An seinen Ufern leidet eine der ärmsten Bevölkerungen der Welt an Hunger und den Folgen von Mangelernährung.
Kleine Alge mit großem Potenzial
Die Situation scheint ausweglos. Doch seit kurzem sind neun Studenten aus Regensburg überzeugt, eine Lösung für die unterernährte Bevölkerung gefunden zu haben. Mit ihrem Start-up Thriving Green setzen sie auf die Mikroalge Spirulina.
Spirulina ist mit einem Superfood-Nährstoffprofil zehn Mal so effektiv wie europäischer Hochleistungsweizen: 100 Gramm von ihr enthalten 290 Kilokalorien, 60 Gramm Eiweiß, acht Gramm mehrfach ungesättigte Fette und viele Vitamine und Mineralien. Durch Zellteilung vermehrt sich Spirulina exponentiell. Extreme Umweltbedingungen, wie Hitze, direkte Sonneneinstrahlung, hoher Salzgehalt und ein extremer pH-Wert im Wasser sind für Spirulina optimal. Die Region am Turkana-See müsste deshalb ein Paradies für sie sein.
Seit Sommer 2016 experimentieren die Studenten von Thriving Green an der Kultivierung der Spirulina-Alge. Ihr Ziel ist es, Spirulina für längerfristig am Turkana-See anzusiedeln. Ihre Motivation: „Spirulina ist enorm gesund, sehr kostengünstig im Anbau und sehr einfach zu züchten. Kurzum: Die Landwirtschaft von morgen, um Hunger heute zu bekämpfen.“ Außerdem kann die Alge getrocknet und gemörsert vielfältig verarbeitet werden. Das Pulver wird einfach in Wasser eingerührt kann es als Spirulinasaft getrunken werden. Alternativ kann man Spirulina frisch nach der Ernte essen, wie Gemüse zu Gerichten verarbeiten oder daraus ein Fladenbrot zubereiten.
400 Menschen können schon jetzt regelmäßig versorgt werden
Das Team Thriving Green flog im April 2017 nach Kenia und baute innerhalb von drei Wochen die erste Spirulina-Farm auf. In ihrem Blog schreiben sie: „Unser Projekt ist sehr erfolgreich verlaufen und wir freuen uns schon jetzt darauf, im Spätsommer diesen Jahres wiederzukommen“. Eine erste Spirulina-Kultur scheint schon am zweiten Tag im Wasser Wurzeln geschlagen und sich vermehrt zu haben.
Die Gefahr, dass das Projekt das heimische Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringt, ist gering, da das Team die Alge in Steinbecken kultivieren möchte. Dafür haben sie bereits ein 150 Quadratmeter großes Becken mit selbst hergestellten Backsteinen errichtet. Der Gruppe war es wichtig, dass das Becken ausschließlich aus Materialien und mit Hilfe von vor Ort errichtet wurde. Das Motto: Hilfe zur Selbsthilfe. Nur so könne das Projekt nachhaltig erfolgreich sein sagt Mitgründer Daniel Kotter in einem Interview.
Farm-Manager Joseph Ekoyan vom Turkana-See schickt seit April Messdaten nach Deutschland die in Regensburg ausgewertet werden. Wenn die Probephase erfolgreich verläuft, könne schon allein die jetzige Kultur 400 Menschen regelmäßig versorgen.
Thriving Green sagt: „Wir wollen Mangelernährung durch Spirulinazucht nachhaltig bekämpfen“. In einem CrowdTalk mit dem Onlinemagazin Start-Up-Valley wird auch die Zukunftsversion der neun Studenten klar: „In 5 Jahren sehen wir uns als international tätiges Social Business, das vielen Menschen, die vorher von Mangelernährung geplagt waren, eine neue gesundheitliche und wirtschaftliche Perspektive eröffnet.“
GASTBEITRAG aus enorm
Text: Stella Dikmans
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